Bombe im Bikini
hinab.
»Na«, sagte ich, »da hätten wir
also wieder mal fünfhundert Dollar verdient .«
»Aber wofür ?« brummte er. »Das möchte ich zu gern erfahren .«
Ich schüttelte betrübt den
Kopf. »Dein Gedächtnis bekommt immer mehr Lücken, Johnny. Hagen hat es dir doch
gerade erklärt .«
Er beachtete meinen Einwand
nicht und sah auf die Uhr. »Ich habe Hunger«, sagte er. »Wollen wir nicht
lieber essen gehen ?«
»Das ist ein grandiose Idee«,
stimmte ich zu. »Ich bin schon halb verhungert; den ganzen Tag habe ich nichts
weiter als zwei Sandwiches zu mir genommen .«
»Das sieht man dir gar nicht
an«, meinte er und musterte mich von oben bis unten. »Im Gegenteil, ich meine
sogar, daß du zugenommen hast .«
»Lächerlich!«
»Aber wo du zugenommen
hast«, erklärte er bewundernd, »toll, wirklich toll ist das — keineswegs
lächerlich .«
»Sprachen wir nicht eben vom
Essen ?« erinnerte ich ihn.
»Du hast recht. Gehen wir«,
sagte er.
Wir gingen in den Speisesaal
hinunter. Johnny bestellte für uns beide, und wir arbeiteten uns mit Fleiß
durch vier Gänge, von denen jeder einzelne hinreichend gewürzt schien, unsere
Kehlen in Flammen zu setzen. Dann erholten wir uns beim Kaffee.
Er zündete sich eine Zigarette
an. »Du bist ein Problem für mich, Mädchen. Lasse ich dich im Hotel, dann
besucht dich möglicherweise wieder ein Messerheld in deinem Zimmer, und nehme
ich dich mit, dann kann das auch passieren, wahrscheinlich noch eher .«
»Nimm mich mit, Johnny«, bat
ich. »Bei dir fühle ich mich so sicher .«
»Dabei fühle ich mich selbst
keineswegs sicher«, murmelte er. »Und auf dich soll ich auch noch achten .«
»Wo willst du denn hin ?«
»Ich dachte dran, mal diesen
Esteban aufzusuchen«, sagte er.
»Dein Gedächtnis !« sagte ich ergrimmt. »Es wird dich noch den Hals kosten —
und zwar bald, wenn du weiterhin solche Einfälle hast. Ich habe dir doch
erzählt, daß er mich umbringen lassen wollte, weißt du nicht mehr? Und dieser
Tonio, der dich ums Haar erstochen hätte, als du ihm aufgemacht hast — auch er
zählt zu Don Alfredos Leuten. Das darfst du nicht vergessen, Johnny .«
»Ja, ja«, sagte er, und wie er
es sagte, das verriet mir, daß er überhaupt nicht zugehört hatte.
Ich trank meinen Kaffee aus.
»Wie wär’s, wenn wir die Sache heute abend erst mal
auf sich beruhen ließen, Johnny ?« schlug ich vor. »Wir
könnten statt dessen doch einen netten Stadtbummel machen .«
»Ich glaube, das kleinere Übel
ist doch, dich mitzunehmen«, entschied er plötzlich. »Auf geht’s !«
Als ich die Sprache wiederfand,
waren wir schon in der Halle.
»Johnny? Wohin fahren wir denn ?«
»Moment mal, Mavis«, sagte er
und ging zum Empfang hinüber. Kurz darauf kehrte er zurück und lächelte
zufrieden.
»In fünf Minuten ist er hier«,
verkündete er. »Ich habe einen Wagen gemietet .«
»Eine Mondscheinfahrt !« sagte ich. »Johnny! So warst du ja noch nie zu mir. Ich
meine — so romantisch .«
»Wir fahren im Mondschein zu
Estebans Villa«, sagte er. »Und tu mir einen Gefallen, lauf dort nicht wieder
in ein Stiergehege .«
»Glaubst du, ich bin verrückt ?«
»Ja.«
Ich strafte ihn natürlich mit
schweigender Verachtung. Der Wagen kam, wir stiegen ein. Wir erreichten die
Vororte und fuhren weiter. Ich sprach nur ein paar knappe Worte, Hinweise auf
die Fahrtroute zu Don Alfredos Hazienda. Wir brauchten etwa eine Stunde, dann
tauchte das mir sattsam bekannte Tor im Licht der Scheinwerfer auf.
Johnny nahm Gas weg, bog in die
Einfahrt und fuhr zum Haus.
»Das war wundervoll, Mavis«,
sagte er plötzlich. »Und du sollst wissen, wie dankbar ich dir bin .«
»Wofür?«
»Für die wundervolle Stille«,
sagte er. »Du weißt ja nicht, wie wohl sie mir getan hat .«
Der Wagen hielt, und wir
stiegen die Stufen zur Haustür empor. »Ich komme mir vor wie Daniel, der sich
zum zweitenmal der Höhle des Löwen nähert«, sagte
ich.
»Mach dir keine Gedanken,
Mavis«, sagte er. »Ein Blick genügt, niemand wird dich mit Daniel verwechseln .«
Er zog an der Glockenschnur,
und wieder bimmelte es silberhell. Unter anderen Umständen hätte ich meine
Freude an den Tönen gehabt, aber im Augenblick klang es mir nach den Glocken
des Jüngsten Gerichts.
Der Butler öffnete und verzog
keine Miene, als er mich sah.
»Wir möchten gern den Señor
Esteban sprechen«, sagte Johnny.
»Don Alfredo«, korrigierte ihn
der Butler vorwurfsvoll.
»Ganz wie Sie wollen«, sagte
Johnny.
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