Bombe im Bikini
vielleicht
etwas übersehen ?«
»Ihr Glas ist voll, nicht wahr,
Chiquita ?« fragte er besorgt.
»Das meine ich nicht«, zischte
ich. »Sie haben mir Ihren Freund noch nicht vorgestellt .«
»Pardon?« Er sah mich
verständnislos an. »Aber er ist doch ein alter Bekannter von Ihnen, Chiquita.
Ich hielt es nicht für nötig, eine Vorstellung...«
»Reden Sie keinen Unsinn !« sagte ich scharf. »Vor dem heutigen Abend habe ich ihn im
ganzen Leben noch nicht gesehen .«
Er schüttelte bedächtig den
Kopf. »Sie müssen sich irren, Chiquita. Er ist der größte Sohn Mexikos. Der
Berühmteste aller Toreros — Luis Salazar!«
8
Volle fünf Minuten lang war ich
sprachlos. Und während dieser fünf Minuten leerte der Mann, den Rafael als Luis
Salazar bezeichnet hatte, sein Glas, verneigte sich vor mir, küßte mir die Hand
— was er mit den Augen tat, will ich erst gar nicht erwähnen — und empfahl
sich.
Schließlich war ich wieder
Herrin meiner Stimme. »Sie Schuft !« schimpfte ich.
»Sie abgefeimter Schurke! Sie Fallensteller, Tückebold ,
Butzemann, Sie...«
»Pardon, Chiquita ?« sagte Rafael unschuldig.
»Hören Sie schon auf, mich
Chiquita zu nennen«, sagte ich. »Jetzt verstehe ich alles. All das Gerede von
meiner Schönheit war nur eine Schau, ein Vorwand, sollte mich nur in
Ahnungslosigkeit wiegen... und ich fand dabei sogar einigen Gefallen an Ihnen,
vorhin!«
Vega zündete sich eine Zigarre
an und genehmigte sich noch ein Glas Tequila. »Chiquita, sind Sie verärgert ?«
»Verärgert !« sagte ich. »Ich bin wütend! Sie haben mich in eine Falle gelockt, um mir zu
einem schwachen Herzen zu verhelfen, wie Tonio! Sie haben mich hierhergeschleift und einen Ihrer Helfershelfer bestellt,
der sich als Luis Salazar auszugeben hatte. Mich können Sie nicht hinters Licht
führen, Rafael! Und da ich ihn nicht erkannte, können Sie behaupten, ich habe
gelogen, als ich Ihnen von meinem Zusammentreffen mit Luis Salazar erzählte.
Von allen schmutzigen, abscheulichen...«
Ich hörte urplötzlich auf, ihn
mit Schimpfnamen zu bedenken. Ich mußte es, damit ich Luft zum Schreien hatte,
als er mir das glühende Zigarrenende auf die Hand drückte.
»So ist es schon besser,
Chiquita«, sagte er sanft. »Wir Mexikaner haben ein hübsches Sprichwort. Es
besagt, daß gackernden Hühnern und gackernden Weibern der Hals abgeschnitten
gehört .«
Ich rieb mir die Hand und
blitzte ihn an. »So !« sagte ich wild. »Dann foltern
Sie mich doch !«
»Ich wollte nur Ihre
Aufmerksamkeit, Chiquita«, erklärte er freundlich. »Und weil ich keine Trompete
zum Blasen bei mir habe, benutzte ich das Erstbeste, was mir zur Hand war. Und
nun hören Sie mir mal zu .« Seine Stimme gewann ihre
alte Schärfe zurück, und ich muß gestehen, daß ich ohne ein Wort der Widerrede
zuhörte. »Der Mann, den Sie soeben kennengelernt haben, war Luis Salazar .«
»Dann glauben Sie, ich lüge,
wenn ich behaupte, Luis Salazar bereits getroffen zu haben — und es ein anderer
war ?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich
wollte nur den Beweis für eine Vermutung«, sagte er. »Und nun ist sie bewiesen.
Chiquita, ich fürchte, Sie haben einen Herrn kennengelernt, der sich nur Luis
Salazar nannte .«
Ich nickte bekümmert.
Er drückte seine Zigarre aus,
diesmal im Aschenbecher, und füllte unsere Gläser. »Sehen Sie, vielleicht ist
der gute Rafael gar kein Schuft, Fallensteller, Tückebold — und was Sie ihn sonst noch nannten .«
»Es tut mir leid«, sagte ich.
»Aber ich zweifelte nie daran, daß der Mann ein Stierkämpfer war. Er sah so aus
— gut und...«
Rafael lachte. »Chiquita, so
sieht ein Torero in der Phantasie der Touristen aus. Sie haben jetzt den
richtigen Luis Salazar gesehen. Er ist der Prototyp eines Toreros. Er hinkt,
weil ein Stier ihn einmal mit dem Horn am Bein erwischt hat. Wahrscheinlich
fehlen ihm ein paar Finger. Sein Gesicht wirkt müde, weil er in jedem wachen
Augenblick seines Lebens an das nächste Mal denken muß, da er wieder
mutterseelenallein in der Arena steht und den Stier auf sich zurasen sieht.
Immer muß er daran denken und sich fragen: Wird das nächste Mal das letzte Mal
sein? Wird er am Ende die Nerven verlieren und sich mit einem Sprung hinter der
Brüstung in Sicherheit bringen — die größte Schmach für einen Torero? Oder wird
er auf keine mutigen Stiere treffen, sondern nur auf feige Tiere, die ihn zum
Narren machen, den die Menge beschimpft und mit Abfall bewirft? Nein,
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