Bombe im Bikini
nur für den Torero kommt
der Augenblick der Wahrheit .«
Der Oberkellner wurde
kreidebleich. Einen Augenblick stand er wie erstarrt, dann tauchte seine Rechte
plötzlich in die Tasche seiner weißen Jacke — und kam mit einer Pistole wieder
zum Vorschein.
Rafael stand mit dem Rücken zu
mir. Ich konnte nicht erkennen, was er tat. Und dann durchbrachen drei Schüsse
die Stille, so dicht hintereinander, daß sie sich fast wie eine einzige
Explosion anhörten.
Ich sah, wie der Oberkellner
sich an die Brust griff, wie seine Augen ungläubig starrten und nicht wahrhaben
wollten, was passiert war. Und dann fiel er langsam in sich zusammen und
verschwand unterhalb der Tischplatte.
»Der Augenblick der Wahrheit«,
sprach Rafael sanft.
Er wandte sich um, und jetzt
sah ich die gedrungene tückische Automatic in seiner Hand.
»Es ist ein Jammer, Chiquita«,
sagte er. »Wenn er noch sprechen könnte, würden wir vielleicht etwas von
Bedeutung erfahren. Ich muß telefonieren. Warten Sie bitte in der Hotelhalle
auf mich .«
»Ja«, sagte ich und hatte mit
einem Male einen ausgesprochen trockenen Hals.
Ich wanderte durch den
Speisesaal zurück und stolperte ein paarmal, bis ich in der Halle ankam. Ich
setzte mich in einer Ecke hin und wartete.
Nach zehn Minuten erschien
Rafael. »Bitte tausendmal um Verzeihung«, sagte er. »Ich hätte nicht gedacht,
daß es so lange dauern würde. Aber nun ist die Sache erledigt. Jetzt können wir
endlich diesen Abend genießen .«
»Rafael«, sagte ich, »wenn es
Ihnen nichts ausmacht... ich glaube nicht, daß ich dazu noch imstande bin. Ich
möchte lieber schlafen gehen. Es war heute ein überaus anstrengender Tag für
mich...«
Man wußte ja nie, was sich
hinter diesen dunklen Brillengläsern tat, und im übrigen blieben seine Züge völlig ausdruckslos.
»Ich verstehe sehr gut,
Señorita«, sagte er. »Sie möchten den Rest des Abends nicht in meiner
Gesellschaft verbringen, weil ich jemand erschossen habe .« Er verneigte sich. »Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, Señorita .«
Ich sah ihm nach, wie er das
Hotel verließ, und einen Augenblick tat er mir leid. Dann ging ich zu den
Aufzügen, und ein Liftboy, der heftig gegähnt hatte, bis er mich erblickte,
fuhr mich nach oben.
Ich ging zu meinem Zimmer und
wollte eben die Tür öffnen, da sagte hinter mir eine Stimme: »Das wird aber
auch Zeit, daß Sie heimkommen! Ich hatte Sie fast schon abgeschrieben. Sie
haben jetzt Ihre unwiderruflich letzte Chance, Mavis Seidlitz ! Jetzt müssen Sie reden — in fünf Minuten ist es
zu spät !«
Ich drehte mich langsam um und
erblickte Lola Smart, in einem Neglige und zitternd vor Wut.
»Fallen Sie tot um«, sagte ich
und trat in mein Zimmer.
Im nächsten Moment traf mich
eine Planierraupe im Rücken. Ich wurde ins Zimmer katapultiert und segelte quer
hindurch, bis meine Knie auf Widerstand stießen und ich mit der Nase aufs Bett
fiel.
Ich hörte, wie die Tür zufiel
und abgeschlossen wurde.
Ich fuhr herum und setzte mich
auf. Lola Smarts Hand packte mich am Hals und drückte
mich wieder flach aufs Bett. Sie stand vor mir und sah mit giftsprühenden Augen
auf mich herab.
»Sie alberne, dumme Gans !« sagte sie. »Ich habe keine Zeit mehr zu verlieren. Wo ist
er ?«
»Wo ist wer ?« stotterte ich.
»Sie wissen genau, wovon ich
rede .«
Sie griff in die Tasche ihres
Negliges und förderte einen Revolver zutage. Den grub sie mir in die Rippen,
daß ich zusammenzuckte.
»Ich zähle bis fünf«, sagte
sie. »Wenn Sie es mir bis dann nicht verraten haben, ziehe ich ab .«
»Was verraten habe ?«
»Der Koffer !« zischte sie. »Der Koffer mit den vierzig Millionen Pesos und dem Goldenen Inka.
Was haben Sie mit ihm gemacht ?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie
reden«, sagte ich.
»Eins«, zählte sie. »Zwei...«
»Sie sind ja verrückt !«
»Drei... vier...«
»Ich habe ihn im Flughafen bei
der Gepäckaufbewahrung aufgegeben«, sagte ich. »Aber als die Polizei ihn
abholen wollte, war er mit einem Überseekoffer vertauscht worden, in dem ein
Toter lag .«
»Sie lügen !« sagte sie.
»Ich lüge doch nicht, wenn Sie
drauf und dran sind, mir ein Loch ins Kleid zu schießen«, sagte ich.
»Ein Toter ?« wiederholte sie. »Wer?«
»Ein Taxifahrer namens...«
Es pochte diskret an meiner
Tür. Lola Smart erstarrte.
»Still !« flüsterte sie.
Das Pochen wiederholte sich ein
paarmal, dann drang eine Stimme durchs Holz: »Mavis? Kommen Sie, Mavis, machen
Sie auf! Ich weiß, daß
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