Bombe im Bikini
Chiquita
— ein richtiger Torero ist kein schöner Mann .«
Ich nahm mein Glas und kippte
den Inhalt geistesabwesend hinunter. Entsetzt wartete ich darauf, daß die
Dämpfe und die züngelnden Flammen und der Hammer sich wieder einstellten — aber
nichts dergleichen geschah. Ich empfand lediglich ein sanftes Brennen von der
Kehle bis hinunter in Gürtelhöhe.
»Wissen Sie was, Rafael«, sagte
ich. »Langsam gewöhne ich mich an den Tequila .«
»Sie müssen aber aufpassen«,
sagte er ernst, »daß Sie das langsame Gewöhnen nicht zu sehr beschleunigen .«
»Warten Sie mal«, rief ich
erregt. »Da ist mir eben etwas eingefallen. Der Oberkellner im Hotel! Als Luis
mich zum Lunch einlud, da nannte der Oberkellner ihn Luis Salazar, den Größten
aller Toreros; während des ganzen Essens redete er davon .«
»Sprach er Englisch ?«
»Ja, richtig«, sagte ich. »Oh,
ich verstehe, was Sie meinen .«
»Interessant«, sagte er. »Gehen
wir, Chiquita ?«
»Na ja«, meinte ich, »wenn Sie
es so eilig haben.«
»Im Augenblick ja«, sagte er.
»Hernach können wir noch woanders hinfahren, wo es netter ist als hier. Ich
brachte Sie nur her, weil Luis Salazar hier Stammgast ist, und ich wollte ihn
nicht zu sehr behelligen .«
Wir verließen den Keller und
stiegen ins Auto. Ich schloß die Augen, als es losging, aber zwei Sekunden
später öffnete ich sie wieder. Ich fand Rafaels Fahrkünste jetzt doch recht
bemerkenswert, und ich begriff gar nicht mehr, wieso ich auf der Herfahrt so
ängstlich gewesen war. Nach fünf Minuten war ich bereit zu wetten, daß er noch
dichter an den Fußgängern vorüberfahren könne, ohne einen zu erwischen.
Wir hielten vor dem Hotel.
»Es wird nicht lange dauern,
Chiquita«, sagte er. »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mitkämen und mir den
Oberkellner zeigten. Jenen, der Toreros auf englisch preist.«
»Na, meinetwegen«, sagte ich.
»Aber vielleicht ist er gar nicht mehr im Dienst ?«
»Dann müssen wir halt bis
morgen warten«, meinte er.
Wir gingen durch die
Eingangshalle in den Speisesaal, der ganz leer war; die Tische waren schon für
das Frühstück am nächsten Morgen gedeckt. Wir schritten durch den Saal, dessen
dicke Teppiche unsere Tritte verschluckten. Dann ging eine der Türen zur Küche
auf. Heraus kam eine alte Frau, die einen Stapel Tischdecken trug.
Rafael schnatterte spanisch mit
ihr, dann nickte sie und ging weiter.
»Sie sagt, der Oberkellner sei
in der Küche und esse mit seinen Kollegen«, erklärte Rafael. »Ich denke, wir
sollten mal nachsehen .«
»Ganz wie Sie befehlen«, sagte
ich. »Tanzen Sie Bossa Nova ?«
»Chiquita«, antwortete er
bescheiden. »Ich bin der größte Tänzer nach Fred Astaire .«
Damit stieß er die Schwingtür
auf, wir betraten die Küche. Sie war riesengroß, Herde zogen sich an einer
ganzen Wand entlang, überall standen Schränke, und Geschirr türmte sich auf den
Tischen. In der hintersten Ecke stand ein langer Tisch. Ein paar Männer saßen
dort und aßen. Als wir eintraten, hatten sie sich noch unterhalten — aber nun
herrschte völlige Stille, und alle starrten uns an. Mir wurde ein bißchen
mulmig.
»Erkennen Sie den Mann,
Chiquita ?« flüsterte Rafael.
Ich kniff die Augen zusammen —
und erkannte ihn.
»Der am Ende des Tisches«,
sagte ich.
»Gut«, sagte er leise. »Sie
bleiben hier !« Ich tat wie geheißen, denn seine Stimme
hatte jetzt wieder ganz scharfe Kanten.
Er schritt langsam durch die
Küche auf den Tisch zu, und alle Blicke folgten ihm wie gebannt. Niemand sprach
ein Wort. Ich verstand das nicht, wieso fragte ihn keiner, was er wolle? Aber
dann ging mir ein Licht auf: Sie brauchten nicht erst zu fragen, wer er war.
Sie kannten ihn. Und die Angst hatte sie verstummen lassen — jeder fürchtete,
Vega wolle etwas von ihm.
Rafael war am Tisch angelangt
und blickte über ihn hinweg den Mann am anderen Ende an.
»Wie heißen Sie ?« fragte er leise auf englisch.
» Goyo «,
erwiderte der Mann finster.
»Sehr erfreut, Sie
kennenzulernen, Señor Goyo «, sagte Rafael und deutete
eine Verbeugung an. »Geradezu eine Ehre, jemand kennenzulernen, der so gut
Englisch spricht und außerdem ein guter Freund des berühmten Toreros Luis
Salazar ist.«
Der Oberkellner stand langsam
auf. »Ich verstehe Sie nicht, Señor«, sagte er, wobei seine Stimme ein bißchen
zitterte.
»Nein ?« meinte Rafael. »Das werden Sie aber noch, mein Lieber. Wenn meine Leute mit
Ihnen fertig sind, werden Sie alles verstehen. Nicht
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