Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bombenbrut

Bombenbrut

Titel: Bombenbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Schütz
Vom Netzwerk:
Er staunt wie ein kleines Kind in einer fremden Welt. Der Fahrer dagegen scheint sich in dem Gewirr der achtspurigen Straßen auszukennen, die Limousine gleitet ruhig dahin, Stengele ist selig.
    Schließlich hält der Wagen irgendwo in einer Straßenschlucht leuchtender Hochhäuser, Stengele sieht durch die Scheibe ein kleines Restaurant, der Fahrer springt um den Wagen, öffnet die Tür und bittet ihn, ihm zu folgen. Gemeinsam betreten sie das Lokal, der Fahrer führt ihn an einen Tisch, zwei Männer stehen auf und reichen ihm die Hand.
    »Miller«, stellt der eine sich vor.
    »Blue«, der andere.
    Blue gibt an, Wissenschaftler der NASA zu sein, Mr Miller ein Mitarbeiter der NSA. In Stengeles Ohren hat der Kerl gerade ein ›A‹ verschluckt, NASA, widerspricht er ihm in Gedanken und bekommt feuchte Hände.
    Mr Miller lächelt und fragt in perfektem Deutsch: »Lieben Sie die japanische Küche, Herr Stengele?«
    »Ja«, gibt der zurück, doch das Essen interessiert ihn nicht wirklich. Er ist viel zu gespannt, was die beiden Herren ihm anbieten wollen. Die aber lassen es langsam angehen und bestellen vorneweg für alle drei zunächst eine Misosuppe.
    »So guten Wein wie bei Ihnen am Bodensee gibt es hier natürlich nicht«, lacht Mr Miller, doch bestellt für sich zunächst ein Wasser.
    »Sie sind neugierig, warum wir Sie heute Abend eingeladen haben?« Mr Blue scheint der deutschen Sprache ebenfalls mächtig zu sein. »Nun, reden wir nicht lang drum herum: Vergessen Sie Ihr Teleskop, für das Sie die Herren und Damen Astronomen hier feiern mögen. Ihnen dürfte klar sein, dass Sie eine der gefährlichsten Strahlenwaffen der Welt entwickelt haben, und nur das interessiert uns.«
    Das Lächeln in Stengeles Gesicht friert ein: »Sie haben sich mit meiner Entwicklung befasst?«
    »Ja, und auch mit Ihnen. Sie wissen, was Sie tun?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ihr Kollege Kluge hat weder uns noch den Chinesen oder Russen die Waffe angeboten. Er nannte aber Ihre Erfindung immer ganz offen beim Namen.«
    »Und auch Sie selbst sprechen meist ehrlicherweise von einer Strahlenwaffe«, ergänzt Miller grob, »auf jeden Fall in Gesprächen mit Ihrem Chief, Gunther Schwanke!«
    »Wieso? Was reden Sie da? Woher wollen Sie wissen, wie ich mit Herrn Schwanke spreche?« Stengele ist verwirrt, in seinem Gehirn beginnen sich Fragmente der Gespräche mit Schwanke in Erinnerungsprotokolle zu formen. Wann hat er mit Schwanke jemals öffentlich das Wort ›Strahlenwaffe‹ in den Mund genommen? Und wie sollte die NASA davon wissen? Die NASA doch nicht? Ungläubig starrt er die beiden Amerikaner an.
    Mr Blue lehnt sich entspannt zurück und schaut der Bedienung in ihrem traditionellen Geishakostüm zu, wie sie die Suppen serviert und lächelnd eine Schale Reis auf den Tisch stellt.
    »Was wollen Sie von mir?«, platzt Stengele dazwischen.
    »Sie warnen«, antwortet Mr Miller kühl. »Packen Sie Ihr Modell wieder ein und fliegen Sie auf dem schnellsten Weg nach Hause. Ihre Zeit hier ist abgelaufen. Es gibt Gesetze, die Sie einhalten sollten. Der Waffenverkauf aus der Bundesrepublik Deutschland in das Ausland ist geregelt. Ihr Kollege Matthias Kluge sollte Ihnen als Warnung dienen, oder macht Ihnen das Sternegucken keinen Spaß mehr? Darauf sollten Sie sich beschränken.«
    Die beiden Männer lächeln sich an, greifen zu den weiß-blau bemalten Keramiklöffeln und beginnen, ihre Suppe laut und genussvoll zu schlürfen.
    Stengele erhebt sich. Er hat genug gehört. Nur weg hier, ist sein einziger Gedanke.
    Miller, der ihm am nächsten sitzt, legt seinen Löffel beiseite, steht ebenfalls auf und stellt sich ihm in den Weg. »Sie fliegen morgen zurück nach Deutschland«, sagt er leise, aber bestimmt, »wir werden Sie zum Flughafen begleiten. Sie werden mit niemandem mehr hier in Tokio Kontakt aufnehmen. Unser Wagen steht draußen, wir fahren Sie selbstverständlich zurück in ihr Hotel.«
    Stengeles Augen flattern, sein Puls rast, ihm wird schwindlig, es ist ihm, als würde er von einem Hochhaus in die Tiefe gerissen. Ohne Gegenwehr lässt er sich hinausführen und von dem Fahrer in den wartenden Lincoln bugsieren.
    Selbst als er längst im fahrenden Wagen sitzt, scheint sich die Welt um ihn noch immer wie ein viel zu schnelles Karussell zu drehen. Er fragt den Fahrer zunächst auf Deutsch, und als er keine Antwort erhält, in englischer Sprache: »Sie arbeiten bei der NASA?«
    Der Fahrer lacht, antwortet aber nur Japanisch.
    Verwirrt entsteigt

Weitere Kostenlose Bücher