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Bombenbrut

Bombenbrut

Titel: Bombenbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Schütz
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und Stocks aufzuzeichnen, und hetzt aus der Wohnung.
    An der Haustür hat Senta ihre Position bezogen und auch Helma steht bereits neben ihrer treuen Begleiterin. Sie erinnert Leon, wie fast jeden Morgen, an seine Pflichten: »Leon, du musst den Rasen mähen!«
    Doch heute hat er ein gutes Gewissen, lächelt die alte Frau liebevoll an, legt ihr seinen rechten Arm um ihre schmalen Schultern und führt sie von der Haustür um die Ecke in den Garten: »Schau, Tante Helma, das alles haben die Heinzelmännchen heute Nacht für mich erledigt.«
    Sie blickt ungläubig über den kurz geschnittenen Rasen, dann lächelt sie triumphierend: »Ach ja, jetzt weiß ich auch, warum mir heute der Rücken und die Arme so wehtun.«
    »Dann warst du das und hast heute Nacht den Rasen gemäht?«, stichelt er.
    Helma winkt verlegen ab, erinnert sich offensichtlich nicht mehr an den Arbeitseinsatz des Tages zuvor und quittiert lapidar: »Schön sieht’s aus heute Morgen, sehr schön.«
    Leon lächelt sie an, er kennt ihre Versuche, immer wieder über ihren Gedächtnisverlust hinwegzutäuschen, und marschiert los. Er hat jetzt wirklich keine Zeit mehr, noch irgendein Ästchen in dem großen Garten zu schneiden, das Helma heute Morgen schon stören könnte. Schnell verschwindet er und sieht auf dem Dach seines frisch gewienerten Porsches den fetten Kater Eberhardt sitzen. Das Dach seines Autos scheint zum Lieblingsplatz des Vieches geworden zu sein. Leon muss ihn nicht lange verscheuchen, denn kaum sieht ihn Eberhardt, rutscht das Tier mit seinem dreckigen Hinterteil über die Scheibe des Wagens auf die eben noch blitzblanke Fronthaube und verschwindet tapsenreich über das dunkelblaue Blech im grünen Garten seines Frauchens.
    Leon wirft ihm wütend einen Stock nach, schaut sich, selbst über seine Tat erschrocken, um, ob Helma es gesehen hat, ärgert sich über die dreckigen Katzenspuren auf seinem gewaschenen Lack und flucht endgültig, als er das Geäst aus Helmas Garten erneut auf seinem Beifahrersitz entdeckt.
    »Guten Morgen, Sonnenschein, nein, du darfst nicht traurig sein …« von Nana Mouskouri fällt ihm spontan ein. Er spritzt Scheibenwaschwasser auf die Frontscheibe, verschmiert die Dreckspuren des Katers vor seinen Augen mit den Wischerblättern, summt unangefochten weiter: »… diese Nacht blieb dir verborgen, doch du darfst nicht sauer sein …«, und fährt los nach Immenstaad.
     
    Auch Gunther Schwanke genießt die frühen Stunden des Tages. Er schwimmt wie jeden Sommertag vor seinem Anwesen im See und bewegt, wie vom Arzt verordnet, seine Arme und Beine. Zuerst Brustschwimmen, dabei zieht er kräftig seine dünnen Oberarme durch das Wasser, dann in die Rückenlage, emsig strampelt er mit seinen schlaksigen Beinen im Wasser. Nur sein dicker Kopf und der noch dickere Bauch ragen aus dem See heraus.
    Er beeilt sich heute mit seinem Frühsport, er hat viel vor. Er will um 10 Uhr in Zürich sein, Holger Stocks erwartet ihn. Dummerweise hat er sich bei seiner Frau verplappert, jetzt will sie mit, dabei hat er gerade heute wirklich genug zu tun. Er muss zu Stocks in das Hotel am See, zuvor zwei Millionen Bargeld abheben und um 15 Uhr unbedingt wieder zurück in Friedrichshafen sein. Dort muss er sich bei der Eröffnung des Dornier-Museums sehen lassen, schließlich zählt er zu den Ehrengästen.
    Mit der rechten Hand hält er, wie jeden Morgen vor dem Ende seiner Schwimmübungen, seine Nasenlöcher zu, mit der linken Hand fährt er zu seinem langen, einsamen Büschel Haare. Dann beugt er, wie immer, seinen Oberkörper nach vorn und senkt dabei seinen Kopf tief ins Wasser. Mit der linken Hand zieht er seine einzig verbliebene, graue Haarsträhne von der rechten Seite des Schädels über die gesamte Kopfhaut, bis zum linken Ohr. Erst mit ordentlich bedeckter Glatze schwimmt er erhobenen Hauptes zum Steg.
    Ines, seine Frau, empfängt ihn auf der Terrasse und legt ihm zärtlich seinen goldenen Bademantel mit dem schwarz gestickten chinesischen Drachen um. »Schnuckilein, ich habe dir alles schon im Ankleidezimmer hingerichtet, du brauchst nur noch in deine Sachen schlüpfen, frühstücken und wir können losfahren.«
    Schwanke ist klar, seine junge Frau will um jeden Preis mit nach Zürich, da beißt die Maus keinen Faden ab, er muss sie mitnehmen und wird sie in der Stadt zum Shoppen absetzen.
    »Wir brechen in einer halben Stunde auf«, sagt er schroff und ist sich sicher, dass sie dies kaum schaffen kann. Denn auch Ines ist

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