Bombenspiel
näherte sich, nichts ahnend, dem Nissan. Der Mann war Anfang 30, schlank, Managertyp in Anzug und Krawatte. Vielleicht war er gerade von der Arbeit nach Hause gekommen und hatte mit seiner Frau die Kleine vom Schulbus abgeholt. Sein letzter Gang … Seine Frau, hübsch, brünett, schulterlange Haare, vorteilhaft gekleidet. Lehrerin vielleicht oder Vorzimmerdame in einer Arztpraxis oder Kanzlei? Hatte zu Hause gekocht, freute sich auf den Abend mit ihrer Familie. Ihr letzter Abend … Das Kind. Ein Mädchen. Blond, zwei Zöpfe, Blümchenkleid, fröhlich hüpfend an den Händen von Mama und Papa. Erzählte vielleicht von der Schule, von ihrer Freundin, die krank war und die sie noch anrufen wollte. Sie würde sie nie wieder sehen.
Abdulrahman bin Hadid dachte an seine Frau und seinen kleinen Sohn. Der Zulu ließ ihn keine Sekunde aus den Augen.
Er zielte auf die Brust des Mannes und konnte die Worte verstehen, die sie sprachen. Ein Ausflug am Wochenende. In den Addo. Die Kleine hatte noch nie einen Elefanten gesehen.
Hadid hob den Oberarm, um das Gewicht der Waffe besser austarieren zu können und ballte seine Hand unauffällig zur Faust. Dann ließ er alle Kraft in seinen Arm fahren und rammte Mthetwa die Spitze seines Ellbogens mit voller Wucht in das Brustbein. Der Zulu schrie auf, zog im Reflex die Hand mit dem Kurzschwert zurück und sank verkrampft auf dem Beifahrersitz zusammen.
Abdulrahmans Rechte presste sich um Mthetwas Handgelenk und entwand ihm die Waffe. Innerhalb von Sekunden hatte der Araber den Spieß umgedreht. Der Zulu starrte ihn mit schmerzverzerrtem Gesicht an und registrierte seine Niederlage. Die Familie war jetzt auf Höhe des Nissans und drei Augenpaare blickten im Vorbeigehen neugierig in den Wagen.
»Daddy, was machen die Männer da?«, hörte Abdulrahman die Kleine fragen. Dann entfernten sich die Stimmen.
Er setzte dem Zulu dessen Schwertklinge an den Hals und ritzte die Haut. Blut vermischte sich mit Schweiß und floss als dünnes Rinnsal unter das Hemd.
»Jetzt hör mir mal gut zu, schwarzer Mann!«, flüsterte der Araber und versetzte dem Zulu einen zweiten Schnitt. »Es hat mich noch nie jemand gezwungen, etwas gegen meinen Willen zu tun. Wenn du es das nächste Mal versuchst, bist du tot!«
Ein dritter rascher Schnitt verband die beiden ersten miteinander und formte ein stilisiertes großes ›A‹.
»Das wird dich an Abdulrahman erinnern. Vergiss es nie!«
Der Araber trennte das Magazin von der Waffe, warf die jetzt nutzlose Kalaschnikow auf den Rücksitz, schleuderte das Kurzschwert aus dem Fenster und stieg aus. Er würdigte den Zulu keines Blickes mehr, als er zu Fuß in die Stadt zurückging. Ein Feind mehr in seinem Leben.
Der Zulu fuhr sich mit seinen Fingern über den blutenden Hals. Der Araber war so gut wie tot.
Mittwoch, 1. April 2009, Cardiff, Wales - Noch 435 Tage
In Cardiff hatte an diesem Mittwoch das Aprilwetter der vergangenen Tage strahlendem Sonnenschein Platz gemacht, kurze Hosen und T-Shirts prägten in der walisischen Hauptstadt das Straßenbild. Doch trotz des schönen Wetters füllte sich das Millennium-Stadion, in dem das Qualifikationsspiel der Deutschen gegen Wales ausgetragen wurde, nur zur Hälfte.
In Deutschland hatte ein Privatsender den Aprilscherz verbreitet, dass die Mannschaft aus Wales nicht genug unverletzte Spieler zusammenbekomme und daher bei der FIFA offiziell einen Antrag auf Verlegung des Spiels gestellt habe. Doc Fox schmunzelte, als er kurz vor Spielbeginn davon hörte. Solche Sorgen plagten ihn diesmal nicht. Nur Marcell Jansen hatte er nach der Untersuchung wegen eines grippalen Infekts Auszeit empfohlen, für ihn war Simon Rolfes dabei.
Der Mannschaftsarzt empfand die Leistung der elf Jungs zunächst eher durchschnittlich, denn obwohl sie das Spiel eindeutig dominierten und dem Gegner technisch überlegen waren, dauerte es elf Minuten, bis Ballack mit einem Gewaltschuss aus 30 Metern Entfernung endlich das 1:0 erzielte. Mehr schien zunächst nicht drin zu sein.
Drei Minuten nach der Halbzeitpause holte sich Mario Gómez den Ball und schoss ihn so überraschend auf Ashley Williams, dass dieser das Leder aus kurzer Entfernung unhaltbar für seinen Keeper Hennessey Wayne ins eigene Tor beförderte. Spannend wurde es noch einmal in der 57. Minute, als Torhüter Robert Enke mit einer Glanzparade gegen Robert Earnshaw den Anschlusstreffer der Waliser verhinderte.
Naja, dachte Doc Fox und unterdrückte wieder einmal
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