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Bonbontag

Bonbontag

Titel: Bonbontag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Nummi
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durchaus der Meinung, dass man etwas tun müsste, auch er selbst. Er hatte sogar eine Entscheidung getroffen. Er hatte beschlossen beziehungsweise in sich das Versprechen in Wartestellung gebracht, etwas zu unternehmen, sobald sein zweites Buch fertig wäre. Etwas auf persönlicher Ebene. Eine konsequente Entscheidung ein für alle Mal, zum Beispiel auf das Auto zu verzichten ... Aber dafür brauchte man eine Übergangszeit. Gerade im Moment gab es viel zu viel zu tun, und überhaupt waren die Nerven angespannt.
    Aber wie wäre es ... wie wäre es, das Ganze in diesemProjekt unterzubringen? Vielleicht bestand seine Aufgabe ja darin, andere aufzurütteln, seine Fähigkeiten dafür einzusetzen. Schließlich war er Profi! Sinnlos, ständig um Entschuldigung zu bitten. Schließlich hatte er bereits ein Buch veröffentlicht und auch sonst alles Mögliche geschrieben, einen ganzen Stoß. Keinen Berg, aber einen Stapel. Nur zu!
    Ari goss Kaffee in eine Tasse und nahm sich ein Hörnchen aus der Tüte.
    Es würde hinter allem stehen, im Bewusstsein der Figuren, die sich fragen, in welche Welt und welche Zukunft man seine Kinder setzt. Es könnte durchaus auch in irgendeiner Form zur Sprache kommen. Nebenbei. Leicht, aber ernsthaft. Passend zum Genre.
    Irgendeine pfiffige Bemerkung unter den Neonröhren der Kinderwunschklinik: »Hier werden also die neuen Stromverbraucher produziert.« »Die Polareisschmelzer«, würde der Schicksalsgenosse auf der Nachbarbank sagen, bevor er mit dem Probenbecher in der Hand in die Kabine marschierte, wo er Unterstützung und Inspiration beim Pornosortiment suchen würde.
    Etwas in der Art würde Ari in seinem Roman schreiben. Aber cleverer. Pfiffiger. Polareisschmelzer . Das müsste man weiterentwickeln, vielschichtiger machen. Irgendwie. Sobald wie möglich.
    Eine kleine Runde an der frischen Luft könnte für einen klaren Kopf sorgen, die Gedanken kristallisieren. Ari zog die Daunenjacke an. Sofort war ihm erstickend heiß, und er sah zu, dass er aus der Wohnung kam.
    Als er im Treppenhaus Schließgeräusche von Sicherheitsschlössern hörte, blieb er stehen. Er wollte jetzt niemanden treffen, erst recht nicht die alte Fredriksson, eine Spionin, wie sie im Buche stand. Zum Glück war es mit dem Klacken und Klimpern bald vorbei, offensichtlich war die Fredriksson unten in ihrer Wohnung verschwunden.
    Schnell lief Ari die Treppe hinunter und ins Freie.
    Die Temperaturen hatten sich in den letzten Wochen mal über, mal unter dem Gefrierpunkt bewegt, jetzt knirschte der Schnee unter den Füßen, als Ari über den Hof ging. Er nahm den Weg, der in der Mitte der Grünanlage zu den Sportplätzen hinter den letzten Häusern führte, und ging von dort auf einigen Umwegen weiter zum Meer.
    Er war irritiert, als er merkte, dass er von seiner üblichen Runde abwich, dass er unwillkürlich zu den dreistöckigen Häusern abgebogen war, wo kleine, halbverwilderte Grünflächen die Gebäude voneinander trennten.
    Dort sind wir immer durch und dann weiter zum Wald, hinter dem das flache Planschbecken kommt, der Schauplatz von allerlei Spielen.
    Nein. Jetzt nicht in die Landschaften der Kindheit eintauchen, das würde die Gedanken durcheinanderbringen, Erinnerungen wecken ... an früher. Noch war die Zeit der Memoiren nicht gekommen.
    Am nächsten Tag würde er seine Mutter auf der anderen Seite der Brücke besuchen müssen. Aber erst morgen. Gleich morgen, korrigierte er sich innerlich, doch etwas schlüpfte ihm dabei in den Kragen, etwas Heißes oder Kaltes, schwer zu sagen. Ein Vibrieren. Ein Gefühl von Einsamkeit. Der Mutter? Oder von ihm selbst? Von der Mutter an den Sohn weitergereicht, vom Sohn an die Tochter.
    Nein.
    Jetzt mussten die Denkgewohnheiten gebrochen werden. Und so ging Ari vom Weg ab und quer über die schneebedeckte Rasenfläche auf die Wohnblocks am Hang zu. Hier ganz in der Nähe, nur einen Kilometer weiter, hatte er seine gesamte Kindheit über gewohnt, aber er war nie hier entlanggegangen. Die vierstöckigen Wohnblocks bildeten eine Mauer, dahinter standen noch höhere Häuser, mindestenssechsstöckig. Erst dann kam die Straße, die um das Stadtviertel herumführte, die Straße, wo der Bus fuhr. Die Häuser muss es schon gegeben haben, als er klein war, manche sahen aus, als wären sie Ende der Fünfzigerjahre gebaut worden, andere Anfang der Sechziger. Und doch wirkten sie wie ein anderer Planet.
    Eine Gruppe kleiner Jungen und Mädchen trieb sich neben der überdachten

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