Bonbontag
entenhaft.
Aber das war noch nicht alles, noch lange nicht.
Darf man ohne Erlaubnis den Eishockeyschläger eines anderen Jungen nehmen? Angeblich nur ausleihen? Als hätte Ari nichts gemerkt. Der Schläger stand am falschen Platz. Die Schneeschicht war zu frisch.
Jemand hatte damit herumgeholzt. Und wie. Man konnte von Glück sagen, dass er ihn nicht in Stücke gehauen hatte. Ohne Erlaubnis.
Im Schuppen hatte sich eine ernste Schar um den Schläger versammelt. Die Brüder Pesälä, ein Jahr Altersunterschied, ein robustes Gespann. Jaakko und er: Ari. Alle für einen und einer für alle. Oder: alle gegen einen. Gegen den fünften, den Schuft.
Aber wer war es? Wer fehlte?
Hatte sich einfach so den Schläger genommen. War unterm Wäschegestell hindurch aufs Eis gegangen, um mit Schläger und Puck zu holzen. Die Entenfresse, das Segelohr, das Großmaul.
Das konnte man nicht auf sich beruhen lassen.
Wir bringen ihn in den Planschbecken-Wald.
Wie kriegen wir ihn dort hin?
Wir tragen ihn.
Das schaffen wir nicht, wenn er strampelt.
Wir locken ihn. Wir locken ihn hin.
Und wie? Wir sagen, da ist was, was er unbedingt sehen muss. Ein Geheimnis.
Simo kam. Mit vor Neugier glänzenden Augen.
Was ist es?, fragte er. Verratet mir wenigstens ein bisschen was. Was es ist.
Ari konnte sich nicht erinnern, wer am Ziel dann die Fragen stellte, das Verhör führte. Viele Fragen waren es nicht gewesen, vermutlich hatten sie der Reihe nach alle etwas gerufen.
Hast du Aris Schläger genommen?
Ohne zu fragen?
Hast du wohl, er hat nicht an seinem Platz gestanden.
Wer denn sonst?
Gib’s zu, dann kommst du mit weniger davon.
Gib zu, dass du damit rumgeholzt hast. Ohne Erlaubnis.
Simo stritt alles ab. Allmählich begann er zu kapieren, was los war, und geriet in Panik. Fing an zu heulen.
Rannte los ... Der jüngere der Brüder Pesälä erwischte ihn am Arm und ließ ihn nicht mehr los. Simo kämpfte wütend, traf ein paar Mal die Backe des Gegners, aber der jüngere Pesälä hielt ihn weiter fest. Der ältere packte Simo von hinten an der Jacke und schlug ihm auf den Kopf. Simo wurde rot, aber er kämpfte tapfer weiter, alle drei schlugen aufeinander ein, Jaakko und Ari hüpften um sie herum, konnten aber nicht aufs Karussell aufspringen oder trauten sich nicht.
Plötzlich gelang es Simo doch, sich loszureißen, er kletterte über den Beckenrand und rannte davon.
Lasst ihn laufen, sagte Jaakko. Oder Ari. Der hat seine Lektion erhalten.
Aber war er es überhaupt gewesen? Dieser Gedanke kam ihnen wahrscheinlich allen, und ebenso schnell verdrängten sie ihn.
Wenn er es nicht war, warum hat er dann versucht zu fliehen?
Ein Nachspiel gab es nicht.
Das Leben ging weiter. Die Gerechtigkeit war wieder hergestellt. Simo zog wenig später weg. Die großen Jungs schlugen Aris Schläger zu Bruch. Es kamen neue Schläger, neue Freunde ...
Verdammt!
Ari fuhr zusammen. Er war mit der Hand durch die Luftgefahren, wie bei einem Schlag. Verstohlen blickte er sich nach allen Seiten um. Peinlich. Aber offenbar hatte es niemand gesehen.
Kleine Jungen, die der Welt die Namen geben. Zuerst die Angst, dann die Scham.
Ari schaute auf das Becken. Der Junge, der dort gesessen hatte, war verschwunden.
Nur die Scham war geblieben.
Wer verteidigt den, der alleine ist? Fragte der kleine Junge in der namenlosen Welt, würde Ari in seinem Roman schreiben.
12
Verrückt ... Der Typ ist verrückt.
Durchgeknallt.
Schlägt in der Gegend rum ... Gibt er einem eins auf die Schnauze? Trainiert er, wie man einem auf die Fresse haut?
Mad ... Ist er das? Ist das Max? Mad Max?
Ja, Mann ... Mad Max!
Wär das der Richtige? Um dem Doc zu helfen?
Die Scheißkerle fertigzumachen und rechts und links zu stapeln ...
Oder ist das doch bloß ein Spinner? Bloß so ein Typ.
So what.
Geht auch alleine.
Der Doc macht’s selbst.
Ich komme, Zessi. Wirst schon sehen. Warte nur ab ...
13
Vor den Augen kreisten Zahlen und Schemata. Visibilität und Profitabilität, Kaufanreiz und Kundenlenkung, der Weg, von dem niemand abweichen möchte, Saisonware und Werbekampagnen. Paula musste sich anstrengen, damit ihr nicht die Augen zufielen.
Eine Stimme, die Stimme eines Mannes. Fordernd, im Befehlston, nicht besonders anziehend oder glaubwürdig. Nicht sonderlich männlich.
Aber sie musste hinhören. Musste so tun, als hörte sie zu, am besten glaubwürdig so tun. Wenn möglich gar Bewunderung heucheln.
Bezirksleiter Laakso war an Paulas Arbeitsplatz gekommen, um
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