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Bonbontag

Bonbontag

Titel: Bonbontag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Nummi
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der Junge.
     
    Der Junge saß auf der Couch. Hielt startbereit den Anorak auf dem Schoß. Wirkte wütend.
    Ari fragte ihn, ob er an den Computer wolle. Keine Antwort. Auch keine Regung, als Ari ihm Schokolade anbot.
    Ari hatte sich ein frisches Hemd und saubere Jeans angezogen. Ihm schien, als nähme der Junge sein ganzes Treiben mit Verachtung zur Kenntnis, auch jetzt, da Ari den Kapuzenpulli mit dem Fön trocknete. Die Flecken sahen weiterhin ziemlich unschön aus.
    Das Kleidungsstück war noch immer etwas feucht, als Ari es über die Stuhllehne hängte. Er hatte Lust auf Kaffee. Vielleicht könnte er noch eine Tasse trinken, bevor die Sozialtante käme. Oder sollte er ihr eine Tasse anbieten? Er sah auf die Uhr. Seit dem Anruf war eine Viertelstunde vergangen.
    Der Junge hatte wieder das Tarzan-Buch in die Hand genommen.
    Ari ging kurz auf die Toilette.
     
    Durch das Geräusch des laufenden Wasserhahns hindurch hörte Ari die Wohnungstür. Er trocknete die Hände ab, doch dann warf er das Handtuch plötzlich weg und stürzte aus der Toilette. Ein Blick zur Wohnungstür, sie stand einen Spaltbreit offen. Ein Blick ins Wohnzimmer, auf der Couch saß niemand.
    Der Junge war weg.
    Ari zog Schuhe an, fand nur einen, humpelte bereits zur Tür, machte dann doch kehrt, um den zweiten Schuh zu suchen.
    Im Treppenhaus ging das Licht aus, mit einem Schlag auf den Schalter machte er es wieder an und rannte ein halbes Stockwerk nach unten. Dann blieb er stehen und horchte. Kein Laut. Er rannte ganz nach unten und zur Haustür hinaus.
    Er kam zu spät. Der Hof war menschenleer, still. Dunkel und kalt. Irgendwo hinter den Sträuchern dort drüben konnte sich der Junge versteckt halten. Ari wollte nach ihm rufen, aber schon beim ersten Versuch gab er auf.
    »Hallo ...«, fing er an. Aber wie weiter? Hallo, Junge? Hallo, Kilmore? Hallo, komm zurück? Wie würde sich das anhören? Ein Mann, der in die Dunkelheit hinein ruft. Nach einem kleinen Jungen, den er in seine Wohnung mitgenommen hatte.
    Links hörte man knirschende Schritte, ein alter Herr kam mit einem Spitz aufs Gelände, schlurfte über den gestreuten Fußweg.
    Verdammter Mist.
    Ari zitterte vor Kälte. Er wollte trotzdem weiter bis zur Straße, blieb dann aber stehen, weil ihn ein unangenehmes Gefühl beschlich. Die Wohnungstür war möglicherweise offen geblieben.
    Er kehrte zum Haus zurück und betastete dabei seine Taschen. Er blickte auf sein Handgelenk, wie spät war es ...
    Die automatische Haustürverriegelung war bereits aktiviert.
    Ari sah auf seine Füße. Links ein brauner, rechts ein schwarzer Schuh.
    Er schluckte einen Fluch hinunter, hörte Schritte hinter sich. Er hatte Glück. Das Studentenpärchen aus dem ersten Stock kam gerade nach Hause.
    Er murmelte eine unverständliche Erklärung und bedankte sich, bevor er als Erster ins Treppenhaus stürzte.
    Im Gegensatz zu vorhin hoffte er jetzt, dass die Wohnungstür offen geblieben war. Er betete darum und rannte die Treppe in einem Tempo hinauf, als könnte er dadurch die auf Schlösser und Türen spezialisierten Geister beschwichtigen.
    Die Tür stand einen Spaltbreit offen.
    Ari empfand diffuse Dankbarkeit. Dem Leben gegenüber ... Das hätte gerade noch gefehlt: mit zwei verschiedenen Schuhen zum Nachbarn, um von dort den Hausmeister anzurufen. Daneben die wartende Tante vom Kinderschutz und von dem Jungen keine Spur.
    Was für eine verfluchte Demütigung, dachte Ari. So würde er es in seinem Roman schreiben.
11
    KLIENTENBERICHT
    Eine männliche Person namens Ari Anttila rief an und meldete, ein kleiner Junge habe ihn im Supermarkt angesprochen und gesagt, er finde nicht nach Hause. Der Junge hatte ein Handy bei sich gehabt, jedoch behauptet, es funktioniere nicht. Anttila nahm den Jungen mit zu sich nach Hause, um die Sache zu klären. Anttila sagte, dort sei ihm aufgefallen, dass der Junge Hämatome am Arm habe. Anttila vermutete, der Junge sei misshandelt worden. Wie es zu den Verletzungen gekommen war, wollte oder konnte der Junge ihm nicht erzählen
    Der Junge war auch nicht bereit, Anttila gegenüber seinen Namen zu nennen, sondern gab stattdessen einen offenbar erfundenen englischen Namen an.
    Dies alles laut Anttilas Schilderung.
    Sein Bericht machte einen leicht widersprüchlichen Eindruck. Anttila wirkte allerdings nicht alkoholisiert und schien auch nicht unter Drogeneinfluss zu stehen.
    Aufgrund der von ihm geäußerten Misshandlungsvermutung wurde von unserer Seite aus die Polizei um

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