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Bonbontag

Bonbontag

Titel: Bonbontag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Nummi
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erlaubt, von den Brüsten seiner Frau zu träumen.
    »Soll ich kommen und dir helfen?«, sagte Ari, aber dann raschelte es wieder. Das Telefon wurde in die andere Hand genommen.
    »Rate mal, wo wir sind!«, rief es plötzlich. Annis Stimme. Aber irgendwie jünger, kleiner. So war es immer, wenn sie länger als zwei Tage getrennt waren. Das Kind kam einem kindlicher vor.
    »Kommst du nicht darauf? Du kommst bestimmt nie darauf«, setzte Anni ihre Befragung fort.
    »Seid ihr vielleicht ... irgendwo beim Skifahren?«
    »Nein, im Stall.«
    »Was macht ihr denn im Stall?«, fragte Ari ehrlich erstaunt, hörte aber selbst, wie dumm die Frage war.
    »Dummkopf ... Reiten natürlich.«
    »Macht es ... Spaß?«
    »Total viel Spaß. Also dann tschüs«, und die Stimme entfernte sich. »Mamaa ...«
    Wieder ein Rascheln, Laufschritte. Ari wurde von Sehnsucht gepackt. Er hätte gern noch länger die Stimme seiner Tochter gehört, ihr was Lustiges erzählt, wäre gern noch einen Moment in ihrem Bewusstsein geblieben, bevor die Pferde sie mitnahmen.
    »Lass uns nicht so lange reden«, sagte Leena. »Wir müssen bald los und Pizza holen.«
    Ari sagte etwas von billigem Freizeitvergnügen, aber Leena kommentierte es nicht weiter. Natürlich war die Idee von den verwöhnten Kusinen gekommen.
    Zerknirscht bat Ari seine Frau, ihm einen Moment zuzuhören. Es wurde still am Telefon, er hörte Leena schneller gehen, der Schnee knirschte, offenbar entfernte sie sich ein Stück von den Kindern.
    »Ja?«, fragte sie.
    Ari erzählte von dem Jungen.
    »Du hast ihn reingelassen?«, wunderte sich Leena.
    »Was hätte ich denn sonst tun sollen, verdammt noch mal ...«, gab Ari beleidigt zurück.
    »Sieh zu, dass er ... nichts mitnimmt«, fuhr sie strikt fort.
    Ari sagte, es sei ein ganz normaler kleiner Junge. Außer dass er die Arme voller Hämatome habe.
    »Müsstest du die Polizei anrufen?«, fiel Leena ein.
    »Wieso die Polizei? Was meinst du mit Polizei?«, fuhr Ari sie an, obwohl er gerade dasselbe gedacht hatte. Dann fand er einen versöhnlicheren Ton. »Und wo bei der Polizei? Bei der Zentrale, oder was?«
    »Ja, oder eben ... die Notrufnummer.«
    »Ich werde doch nicht die Feuerwehr alarmieren.«
    Am anderen Ende der Leitung war es still. Ich versuche dir nur zu helfen, hieß das. Leena kannte ihn, sein zorniges Aufbrausen, ging nicht darauf ein. Ari hörte, wie sie energische Schritte machte, auch die Schritte der Kinder hörte man. Sie gingen zum Auto.
    »Nein, im Ernst ... was soll ich jetzt tun?«, fragte Ari flehend, er wollte eine Antwort, bevor Leena mit ihren Gedanken wieder ganz woanders war.
    »Warte mal, gibt es da nicht so einen ... Notdienst.«
    »Was für einen verdammten ... was für einen Notdienst?«
    »Sieh im Telefonbuch nach ... oder im Internet. Sozialamt, Jugendamt ... irgendwas. Ob da um diese Zeit noch jemand ist? Sorry, ich muss jetzt Schluss machen.«
    Das Tschüs kam sofort hinterher, und die Verbindung war unterbrochen. Ari zögerte, ließ den Zorn verrauchen. Eine Telefonnummer. Er wollte die Hände schon auf die Computertastatur legen, hielt dann aber inne. Was machte der Junge gerade?
    Ari spähte in den Flur.
    Der Junge stand in der Küchentür, wartete. Wartete auf etwas, auf Anweisungen. Was er tun, wo er sich aufhalten durfte. Natürlich.
    »Noch ein Anruf«, sagte Ari, als er an dem Jungen vorbeiin Annis Zimmer ging. »Was machen wir denn inzwischen mit dir?«
    Er suchte nach etwas, wofür sich der Junge interessieren könnte. Brettspiele ... Nein, er konnte jetzt nicht anfangen, mit dem Jungen zu spielen.
    Im Regal entdeckte Ari ein altes Tarzan-Buch. Es war das Exemplar aus seiner eigenen Kindheit, das er Anni aufgedrängt hatte, weil er dachte, dass sie nach all den Anna-Büchern vielleicht auch die Männerwelt ein bisschen kennenlernen wollte. Er gab dem Jungen das Buch.
    »Hast du das gelesen?«
    Der Junge blätterte, das Buch enthielt Fotos aus alten Tarzan-Filmen. Der schwarz-weiße Johnny Weissmüller amüsierte ihn.
    »Das hab ich als Comic gesehen ... In Wirklichkeit hat der viel mehr Muskeln.«
    Ari schnappte sich ein Donald-Duck-Taschenbuch, das auf dem Fußboden lag. Vielleicht war der Junge ja kein Freund von langer Prosa.
    »Schau dir das hier an«, sagte er und bedeutete dem Jungen, ins Wohnzimmer zu gehen. »Ich muss noch einmal telefonieren.«
9
    Wenn es nicht ein bisschen wehtut, ist es auch nicht wahr, dachte Paula und kniff sich. Sie saß vor dem Laden im Auto, und sie war

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