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Bonbontag

Bonbontag

Titel: Bonbontag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Nummi
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Der Mann schnippte die Zigarette in hohem Bogen weg, und ein Lächeln erweichte sein Gesicht, als Tomi ihm in die Arme sprang. Die Umarmung war bärenhaft, er hob den Jungen hoch in die Luft, bevor er ihn absetzte.
    »Na, Kerl, wie geht’s?«, sagte er und drückte dem Jungen die Schulter. »Du bist aber gewachsen.«
    Tomi sah seinen Vater an, sein Gesichtsausdruck wurde ängstlich.
    »Was ... was hast du da?«
    »Ich hab mich gestoßen, weißt du, so was passiert schon mal«, erklärte der Mann. »Nun komm schon, so schlimm ist das nicht ... bloß ein, zwei blaue Flecken.«
    Tomi blickte sich um und wandte sich halb Ari zu.
    »Das ist Ari ... Und das ist mein Papa.«
    »Ari? Kennen wir uns?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Was hat die Mata Hari da gelabert ... Egal. Ich bin Jaska.«
    »Und ich ... wie gesagt, Ari.«
    Kurzes Zögern, dann gaben sie sich die Hand. Ari roch die starke, frische Alkoholfahne.
    Er atmete durch, suchte nach der passenden Haltungund dem richtigen Stil für den Abschied, bereitete sich darauf vor, Grüße an die Oma in Auftrag zu geben und Tomi und seinem Vater Glück und Erfolg zu wünschen. Eine gewisse Wehmut streifte ihn flüchtig, aber gleich darauf ein anderes, diffuses Gefühl. Was war hier verkehrt? Was war nicht verkehrt?
    »Also dann«, sagte Ari und reichte Tomi die Plastiktüte.
    Tomi nahm die Tüte, schaute hinein, erstarrte.
    »Die Fuchsbonbons«, schrie er.
    Ari und Jaska sahen sich verwundert an. Dann erinnerte sich Ari.
    »Die Bonbons für die Oma!«, sagte Tomi mit Verzweiflung im Blick. »Wir haben vergessen, welche zu kaufen! Weil die Arschlöcher die alten gegessen haben. Die Fuchsbonbons.«
    »Stimmt, die isst meine Mutter gern«, bestätigte Jaska.
    »Das tut mir echt leid«, sagte Ari. Er schämte sich, weil er nicht daran gedacht hatte. »Aber ... gibt’s hier irgendwo einen Laden?«
    Sie sahen sich auf dem Krankenhausgelände um, überall kreuz und quer Gebäude zwischen den dicken Schneeflocken, geparkte Autos, nicht abbrechender Verkehr dazwischen, aber kein Geschäft, nirgendwo.
    »Du, wir kriegen bestimmt in der Kantine welche«, schlug Jaska vor.
    »Aber gibt’s da auch bestimmt Fuchsbonbons?«, insistierte Tomi weinerlich.
    »Komm, wir gehen gucken.«
    Ari zog sein Portemonnaie hervor.
    »Die bin ich schuldig«, sagte er energisch, aber dann kam auch schon das Zögern. Er hatte nur einen Zwanziger und musste nach Münzen suchen.
    »Komm, hör auf, Ari«, sagte Jaska eifrig. »Gehst du mit einen Kaffee trinken? Ich lad dich ein ... Wo du doch auf denJungen aufgepasst hast. Die haben da bestimmt eine Kantine.«
    Ari murmelte etwas Beschwichtigendes und überlegte dabei fieberhaft, wie er den Vorschlag höflich ablehnen könnte. Es war am besten, jetzt zu verschwinden, bevor er wieder in irgendein Chaos hinein geriet.
    In irgendwas Interessantes.
    Großmutter, Vater und Sohn im Krankenhaus. Wie gemacht für eine abgeschlossene Szene. Ein Wendepunkt. An dem verdichtet sich ...
    Ari sagte, ein Tässchen auf die Schnelle könnte er schon trinken.
     
    Sie wurden lange und abschätzig angesehen, als sie sich dem Informationsschalter näherten. Die Frau, die dort saß, mochte aufs Rentenalter zugehen, aber ihr Blick war noch immer wach und streng. Jaska erwies sich freilich als wortgewandter Zeitgenosse. Erklärte, bei so einem properen Mädchen hinterm Tresen würde er normalerweise mit dem Auge zwinkern, aber aus gewissen Gründen ließe er das heute einmal aus, er habe auf die Schnauze bekommen und das ausgerechnet an dem Tag, an dem seine Mutter ins Krankenhaus eingeliefert worden sei, zum Glück sei der Junge da gewesen, der habe den Fall abgewickelt wie ein Großer, gleich den Krankenwagen gerufen, Patenonkel Ari sei dann aufgesprungen, und jetzt müssten sie der alten Dame was zu naschen bringen, mit andern Worten: wo wär hier die Kantine und wo die Frau Mama.
    Die Frau am Schalter bat sie zu warten, die Visite sei wahrscheinlich noch im Gange und die eigentliche Besuchszeit beginne erst später. Sie beugte sich nach vorn, um ihnen die Richtung zu zeigen, lehnte sich dann zurück, musterte sie der Reihe nach, als letztes Tomi, dem sie ein kleines, mitfühlendes Lächeln gönnte.
     
    Unzufrieden studierte Tomi die spärliche Bonbonauswahl in der Krankenhauscafeteria. Jaska ›machte sich ein bisschen zurecht‹, wie er es ausgedrückt hatte. Ari schrieb innerlich schon an der Szene. Der Vater des Jungen, wegen Drogen verschuldet, hat die Geldeintreiber auf den

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