Bone 01 - Die Kuppel
lange ein Mann brauchen würde, um auch nur einen kleinen Teil dieser Wand zu glätten. Woher hatten sie die vielen Menschen genommen, und wie viele Jäger hatten sie gebraucht, um sie mit Nahrung zu versorgen? Er schüttelte den Kopf.
Er drehte sich zu seinen neuen Gefährten um. Nicht alle Mitglieder dieses seltsamen Stammes machten sich nützlich. Viele waren zu schwach, um mehr als ihren eigenen Körper zu tragen. Selbst jetzt noch weigerten sich manche, Bestienfleisch zu sich zu nehmen. Seltsamerweise hatten sie weniger Bedenken, Menschenfleisch zu essen.
»Warum nicht?«, sagte Kubar, dessen grauer Bart noch zerzauster als zuvor war. Die Menschen blickten auf, als sie seine raue Stimme hörten. Viele wirkten erleichtert, dass er am Leben geblieben war. »Sie waren unsere Freunde«, fuhr er fort. Seine dürren Arme hatten durchaus kräftige Muskeln, im Gegensatz zu den meisten anderen Menschen. »Wir haben ihnen nichts zuleide getan, und nachdem sie von uns gegangen sind, hätten sie zweifellos zugestimmt, dass ihre Körper uns Kraft geben.«
Vorläufig gab sich Stolperzunge damit zufrieden, dass wenigstens die anderen Jäger aßen. Aber sie brauchten auch mehr Waffen. Etliche Messer hatten sie in der Gasse gefunden, und er hatte vorgeschlagen, sie an die Enden von Stöcken zu binden, um behelfsmäßige Speere zu erhalten.
Als die Gruppen der Fleischsammler zurückkehrten, nahm Stolperzunge die Jäger beiseite und teilte sie neu ein, wobei er auf eine ausgewogene Mischung von Speerträgern und Steinewerfern achtete. Es war diese Taktik gewesen, die ihnen in der vergangenen Nacht das Leben gerettet hatte. Einige der Männer schickte er zurück in die Gasse, um die restlichen Kadaver zu holen, andere sollten in der Umgebung des Hauptquartiers Wache halten.
»Ihr dürft den Feind auf keinen Fall angreifen«, sagte er zu jeder Gruppe. »Diese Wesen haben ihr ganzes Leben gejagt und würden euch sehr schnell töten, wenn ihr ihnen zu nahe kommt.«
»Warum nicht?«, fragte Yama. Er hatte Narben an den Armen, die zu denen auf seiner Wange passten. Er zeigte sie jeder Frau, die in seine Richtung blickte. »Letzte Nacht haben wir sie geschlagen. Wir können es wieder schaffen!« Kurz zuvor hatte Stolperzunge beobachtet, wie sich der Junge mit Fleisch vollgestopft und über die älteren Männer gelacht hatte, denen vor Abscheu übel geworden war.
»Es spielt keine Rolle, ob ihr es schafft oder nicht«, sagte Stolperzunge. »Wenn ihr einen Kämpfer verliert und die anderen zehn, wäre das immer noch ein Verlust, den wir uns nicht leisten können.« Der Junge zuckte nur mit den Schultern, dann bellte er »seine« Jagdgruppe an, ihm zu folgen.
Stolperzunge glaubte nicht, dass die Bestien an diesem Tag einen Überfall auf bewaffnete Menschen wagen würden. Sie wären viel zu sehr damit beschäftigt, ihre reiche Beute zu schlachten und nach Hause zu schleppen. Nein, dachte er. Für mindestens einen oder zwei Tage würde die kleine menschliche Gemeinschaft unbehelligt bleiben, solange sich draußen niemand allein erwischen ließ.
Er kehrte zurück, um nach Indrani zu sehen, die sich darum kümmern wollte, dass Holz zum Feuermachen gesammelt wurde. Zu diesem Zweck hatte sie heulende Waisenkinder um sich geschart, die sie mit einer Aufgabe beruhigen wollte.
»Es ist nicht so einfach, wenn du den ganzen Tag lang den Sprecher hast«, beklagte sie sich.
»Aber das sind doch Leute von deinem Stamm!«
Sie schürzte die Lippen. »Ein paar der jüngeren können sich einigermaßen in meiner Sprache verständigen. Aber ansonsten verstehe ich sie genauso wenig wie du einen Hüpfer. Diese… diese Geisterverehrer …« Es klang wie die schlimmste Beleidigung, die sie sich vorstellen konnte, und Stolperzunge fragte sich, ob der Sprecher trotz seiner Zauberkräfte ausnahmsweise kein passendes Wort in Menschensprache finden konnte. »Sie gehören nicht zu meinem Stamm. Sie konnten alle Segnungen und alles Wissen der Zivilisation nutzen, und trotzdem haben sie ihr den Rücken gekehrt.«
»Aha«, sagte Stolperzunge. »Das könnte erklären, warum einige von ihnen dich so hasserfüllt anblicken. Ich erinnere mich, dass einer dich sogar als Hexe bezeichnet hat.« Diese Sache hatte ihm Sorgen gemacht.
Indrani lachte so laut, dass die Gespräche in der näheren Umgebung verstummten. Vielleicht war es schon sehr lange her, dass diese Menschen eine laute Stimme gehört hatten, die nicht schrie.
»Das ist nicht der Grund für ihren Hass,
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