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Bone 01 - Die Kuppel

Titel: Bone 01 - Die Kuppel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O'Guilín
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mit mir übers Feuer springst, das ist alles.«
    Es folgte eine lange Pause. In der Nähe rührten sich Indranis Waisenkinder und murmelten im Schlaf.
    »Ach, Stolperzunge.« Ihre Stimme klang schrecklich traurig, aber er wagte es nicht, zu ihr hinüberzuschauen. Sein Herz pochte wild, und in seinen Eingeweiden breitete sich Übelkeit aus. Er hatte eine Antwort bekommen und wollte, dass sie jetzt schwieg.
    Aber sie tat es nicht. »Seit ich hierhergekommen bin, hatte ich ein grässliches Erlebnis nach dem anderen.«
    »Bin auch ich grässlich? Ich dachte …«
    »Natürlich nicht!«
    »Ich dachte, dass du mich magst. Wenigstens zu Anfang, vor Wandbrecher …«
    »Ich mag dich, du Idiot! Wie könnte eine Frau dich nicht mögen? Du bist wunderbar, in jeder Hinsicht. Aber mit dir übers Feuer zu springen, wäre wie… als würde ich mich mit der Verbannung abfinden. Als würde ich ein Teil dieser Welt. Verstehst du? Du hast mir gesagt, dass ich mich immer mehr wie eine Wilde verhalte, und das stimmt. Aber nur die Götter wissen, wie sehr ich mich dafür verfluche! Das Einzige, was mich noch am Leben erhält, ist die Vorstellung, dass ich eines Tages heimkehren werde und dafür sorge, dass diesem widerlichen System ein Ende gesetzt wird. Ich kann es kaum glauben, dass ich selber dazugehört habe.«
    »Die Wühler?«
    »Ja«, flüsterte sie, »und andere Sachen. Aber wir haben uns versprochen, nicht darüber zu reden.«
    Die Deserteure.
    Eine Weile sagte niemand etwas, und sie beide litten still vor sich hin. Dann fragte Stolperzunge: »Gab es niemals einen Moment, als du vielleicht… als du das Bedürfnis hattest …?«
    »Dich zu küssen? Viele Male. Ständig.« Sie nahm wieder seine Hand. »Neben dir im Hauseingang zu sitzen oder zu beobachten, wie du wieder laufen lernst … und wie du den Blick dachwärts gewandt hast, wenn ich die Worte verpatzt habe, die du mir beibringen wolltest. Ja, ich wollte dich küssen. Ich habe sogar immer wieder darüber nachgedacht, wenn wir uns unterhalten haben, wenn ich deinen Mund beobachtet und mir vorgestellt habe, wie weich deine Lippen sein müssen.« Sie hielt kurz inne. »Aber ich kann mir dich nicht anderswo als auf der Oberfläche vorstellen, Stolperzunge – es ist diese grausame Welt, in der du schön bist. Und sie ist unvorstellbar grausam. Die Neuankömmlinge treffen als zivilisierte Wesen ein, und ihnen bleibt nur die Wahl, zu Wilden zu werden oder zu sterben. Etwas dazwischen gibt es nicht.« Sie drückte seine Hand fester. »Ach, Stolperzunge … ich schwöre dir, wenn du mir irgendeinen Weg zeigen könntest, wie wir hier etwas Besseres aufbauen können als das, was wir jetzt haben, würde mich nichts mehr davon abhalten, mit dir übers Feuer zu springen. Bei den Göttern – ich würde durchs Feuer gehen, um deine Frau zu sein.«
    Diese Vorstellung machte ihn nur noch verzweifelter. »Ich könnte zivilisierter werden, Indrani. Du könntest es mir beibringen.«
    Sie seufzte. »Wenn du zivilisierter würdest, als du jetzt bist, könntest du nicht mehr überleben. Nein, ich glaube, für diese Welt gibt es keine Hoffnung. Ich muss zum Dach gelangen.«
    »Wie?« Er wurde wütend, weil ein so unmöglicher Traum zwischen ihnen stand. »Wir haben versucht, es zu erreichen, und du hast gesehen, was mit uns geschehen ist. Wenn wir nicht das Glück gehabt hätten, andere Menschen zu finden, wären wir jetzt tot.«
    »Es war kein Glück«, sagte sie. »Dessen bin ich mir ganz sicher. Während der ersten Tage auf der Oberfläche, als du im Fieber deiner schweren Verletzung geschlafen hast, habe ich jeden Augenblick damit gerechnet, dass man mich rettet. Meine Partei in diesem Krieg, die Säkularen , hatten die meisten Sphären, und wir hatten Tausende von Kämpfern, die stärker als Quetschfaust sind. Es wäre nicht schwierig für sie gewesen, mich herauszuholen. Ich dachte, sie würden durch das Dach des Hauses kommen oder mich direkt von der Straße auflesen. Als deine gebrochenen Beine verheilten und niemand kam, befürchtete ich, dass die Religiösen uns besiegt hatten. Es gab keine andere Erklärung, warum man mich hier unten im Stich gelassen hat. Tag um Tag unter gefährlichen Wilden… Und dann hast du mir erzählt, dass die Zartlinge ersetzt wurden. Also mussten wir doch gesiegt haben, weil die Rebellen so etwas nie getan hätten. Doch immer noch wollten meine Leute mein Flehen nicht erhören. Ich wusste nicht, was los war. Mein Herz war gebrochen, und ich hatte jede

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