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Bone 01 - Die Kuppel

Titel: Bone 01 - Die Kuppel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O'Guilín
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wurde, wollten sich die versammelten Jäger eingestehen, dass er nicht mehr kommen würde. Nach dem Verhängnis zwanzig Nächte zuvor war eine solche Vorstellung kaum erträglich.
    Hausohr wurde von ihren Wachen auf die Schultern gehoben. Sie musste die Menge gar nicht zum Schweigen bringen, denn es herrschte bereits Stille. Viele Leute blinzelten wie Haarigen-Welpen kurz vor dem Gemetzel.
    Sie bemühte sich, mit ruhiger Stimme zu sprechen, aber immer wieder zuckten ihre Augen zum Rand der Menge, als würde sie dort jemanden erwarten.
    »Speerauge hat seinen Nachfolger erwählt«, sagte sie. »Er hat das Fleisch zu Wandbrechers Speer geführt.«
    Verhaltener Jubel wurde hörbar. Wandbrecher erhob sich. »Ich habe euch Fleisch gebracht!«, sagte er. »Fleisch, das wir noch nie zuvor gejagt haben. Von dem nur ich weiß, wie man es jagt.« Es gab keine Erwiderung. Stolperzunge sah den Schweiß auf der Oberlippe seines Bruders und die geballten Fäuste. Wandbrechers Stimme wurde hart. »Aber wenn ihr mich nicht als euren Anführer haben wollt, hat eure Entscheidung für mich einen höheren Stellenwert als die unserer Vorfahren.
    Ich gebe zu, dass ich in der vergangenen Nacht mehr durch List als durch Stärke große Beute gemacht habe. Also soll jetzt jeder sprechen, der glaubt, dass er es besser als die Geister weiß. Dann werde ich auf meinen Anspruch verzichten. Sprecht, ruft, flucht!«
    Niemand sprach. Füße scharrten, Blicke wurden gesenkt.
    Wandbrecher nickte. »Ich bin der Erste, der zugibt, dass Quetschfaust unser stärkster Jäger ist. Ich hatte vor, ihn am Leben zu lassen, weil ich ihn als meine rechte Hand brauche, genauso wie es Speerauge mit ihm gehalten hat. Deshalb, wenn ihr mich immer noch als euren Häuptling haben wollt …« Zustimmendes Gemurmel setzte ein. »… deshalb wird meine erste Tat darin bestehen, die Suche nach Quetschfaust und seinen Männern in die Wege zu leiten.«
    Jetzt klatschten die Jäger mit größerer Begeisterung Beifall.
    Wandbrecher wandte sich an Stolperzunge und Steingesicht. »Ihr beide legt euch schlafen. Wir müssen herausfinden, was mit den Männern geschehen ist. Morgen werde ich euch auf den Weg schicken.«
    »Wunderbar!«, sagte Steingesicht. »Endlich eine richtige Jagd!«
    Stolperzunge konnte nur fassungslos den Kopf schütteln.

INDRANI
    Als Stolperzunge nach Hause kam, fand er Indrani schlafend im Vorraum. Offenbar war ihr kalt geworden, während sie auf ihn gewartet hatte, denn sie lag unter seiner Decke. Es wurde immer seltsamer. Doch er war viel zu müde, um ihr deswegen Vorwürfe zu machen. Außerdem musste er sich setzen. Also ließ er sie dort liegen und ging zum Schlafzimmer weiter. Seine verletzten Beine waren recht schnell verheilt, aber wenn er sie in der Dunkelheit berührte, fühlten sie sich unter seinen Händen schwächlich an, und die Muskeln zitterten nach der schweren Anstrengung.
    Er stellte fest, dass er nicht schlafen konnte. Er sah immer wieder Zimmerhocker tot im Netz liegen und den halb zerkauten Arm des Mannes im Maul der Bestie.
    Als diese Bilder gerade verblassten und ihm die Augenlider zufielen, wurde er schlagartig wieder wach, als Indrani seinen Namen rief.
    »Was?«, sagte er, aufgerüttelt von der Angst in ihrer Stimme. »Was ist los?«
    Sie plapperte unverständliches Zeug, und ihm wurde klar, dass sie noch schlief. Er legte sich wieder hin, hellwach und mit pochendem Herzen. Er verfluchte sie. Er brauchte seine ganze Kraft für die morgige Suche nach Quetschfaust.
    Endlich glitt er in einen Traum hinüber, in dem seine Mutter auf ihn wartete.

    »Mensch, lass den Kopf nicht hängen!«, sagte Steingesicht und schlug ihm so kräftig auf den Rücken, dass ihm die Luft wegblieb.
    »W-w-w-warum hat Wa-wa-wand …«
    »Du machst es schon wieder, Junge! Du weißt ganz genau, dass ich kein Wort verstehe, wenn du so redest.«
    »M-m-mich ausgesucht. W-warum m-m-mich?«
    »Ach, es gibt keinen Grund, warum Wandbrecher dich nicht aussuchen sollte, um nach Quetschfaust zu suchen. Du hast dich doch schon wieder gut erholt. Wandbrecher weiß das. Außerdem« – Steingesicht grinste – »findet er wahrscheinlich, dass du etwas frische Luft vertragen kannst, nachdem du so lange in Gesellschaft einer schönen Frau auf der faulen Haut gelegen hast.«
    »W-welche F-f-frau?«
    »Welche Frau? Willst du mich auf den Arm nehmen, Junge? Jeder schaut ihr nach! Ich meine Indrani. Das muss dir doch klar sein. Jeder! Im ganzen Stamm gibt es kein Mädchen, das

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