Bone 01 - Die Kuppel
den Raum auf, in dem er seinen Unfall gehabt hatte. Diesmal wartete dort kein Feuer auf ihn, sondern nur Dunkelheit. Er versuchte langsamer zu atmen und horchte angestrengt auf die Geräusche des Hauses. Aber alles war still.
Er packte die Ausrüstung aus, die er mitgebracht hatte. Zuerst hängte er die Felle in den zertrümmerten Eingang zum Raum. Er war bereits größtenteils verschüttet, wofür er den Vorfahren dankte. Als Nächstes nahm er etwas Zunder und ein paar Holzstücke, die er im Vorraum gefunden hatte, und entzündete damit ein kleines Feuer.
Schatten tanzten über die Wände, aber jetzt konnte Stolperzunge die Verwüstung sehen, die ihn umgab. Ein Vorhang aus Metallhaaren hing immer noch vom Loch in der Decke herab, während der Rest der Sphäre noch tiefer in den Raum gerutscht war. Er konnte sie berühren, wenn er den Arm ausstreckte und sich auf die Zehenspitzen stellte. Das Metall war stellenweise sehr scharf, sodass er sich in den Daumen schnitt, als er darüberstrich. Das ganze Gebilde wirkte sehr instabil, als würde es demnächst noch weiter abstürzen. Das machte ihm Sorgen, vor allem, wenn er daran dachte, was geschehen war, als er sich das letzte Mal hier aufgehalten hatte. Aber wenn Indrani und er überleben wollten, konnte er jetzt nicht mehr umkehren. Also leckte er sich das Blut vom Daumen und machte sich an die Aufgabe, einen Trümmerhaufen aufzuschütten, der hoch genug war, dass er darauf stehen konnte. Überall lagen kleine Bruchstücke herum, wie die Splitter, die er als Junge von Wänden gehauen hatte. In diesem Moment erinnerte er sich daran, wie Wandbrecher ihn einmal getadelt hatte, weil er Mauerwerk beschädigt hatte, lange bevor ihre Speere Blut geschmeckt hatten. »Das solltest du nicht tun, Stolperzunge«, hatte sein Bruder gesagt. »Ich weiß, dass du es nicht verstehen kannst, aber eines Tages wird es keine Häuser mehr geben. Niemand weiß, wie man sie macht – jedenfalls weiß es kein Mensch. Das heißt, vielleicht werde ich es irgendwann wissen.« Daraufhin hatte er gegrinst, und schon damals hatten sich seine Grübchen gezeigt. »Siehst du die geraden Linien auf dem Waldboden, Bruder? Auch das waren einst Häuser.«
Stolperzunges Trümmerhaufen reichte nun fast bis zum klaffenden schwarzen Maul der aufgerissenen Sphäre. Er entzündete eine Fackel am Lagerfeuer und stieg hinauf. Erst als er an den Metallzacken vorbei war, wagte er es, sich aufzurichten.
Hier tanzten helle Farben im Licht der Flamme. Er sah Muster, von denen die Haarigen hingerissen gewesen wären. Schnörkel und schimmernde Linien. Sehr, sehr seltsame Formen bedeckten das Innere der Sphäre. Als er mit der Hand hinaufgriff, stellte er fest, dass die meisten Oberflächen weich waren, wie Haut über einer Fettschicht. Winzige schwarze Muster liefen über manche Stellen und schienen sich außerhalb seines Blickfelds fortzusetzen. Er zerrte an mehreren Dingen. Nichts löste sich, aber einmal knirschte die gesamte Sphäre, als würde sie weiterrutschen und ihn unter sich begraben wollen.
Stolperzunge hätte gern mehr Zeit mit der Untersuchung dieser Wunder verbracht. Hier sah er endlich einmal etwas, das Wandbrecher niemals sehen würde. Aber er war aus einem bestimmten Grund gekommen, also hörte er mit dem Herumtasten auf und flüsterte das Wort, das Indrani ihm beigebracht hatte.
»Ack-te-wieren!«, sagte er.
Nichts geschah. Er verfluchte sich, wie Indrani ihn mit Worten verflucht hatte, die er ihr nie beigebracht hatte. »Leicht!«, hatte sie gesagt. »Ganz leicht es ist! Aktivieren! Aktivieren! Aktivieren. Sag es einfach!«
Vier kurze Silben, und doch hatte er fast einen ganzen Tag gebraucht, bis er Indranis Aussprache einigermaßen wiedergeben konnte.
»Vielleicht m-m-muss dazu einer deiner Vorfahren B-b-besitz von mir ergreifen«, hatte er gesagt. Sie hatte ihn noch mehr verflucht, und obwohl sie noch schwach gewesen war, hatte sie den Eindruck gemacht, dass sie ihn am liebsten geschlagen hätte.
Er versuchte es erneut und gab sich besondere Mühe mit dem »i« in der Mitte des Wortes.
Diesmal leuchtete am anderen Ende der Sphäre ein blassgelbes Licht auf. Indrani hatte ihm erzählt, womit er rechnen musste, aber trotzdem ließ er nun überrascht die Fackel fallen. Zum Glück brannte das Licht von oben weiter. Aber wie sollte er es erreichen? Wenn er einen Speer nahm und ihn am untersten Ende des Schafts hielt, würde er immer noch nicht herankommen. Außerdem hatte Indrani ihm gesagt,
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