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Bone 02 - Das Ende des Himmels

Bone 02 - Das Ende des Himmels

Titel: Bone 02 - Das Ende des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O´Guilín
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sich entweder von ihr loszureißen oder ihr in die Augen zu blicken.
    »Indrani«, sagte sie und zeigte mit einer Krallenhand in die Richtung, in der sie unterwegs gewesen waren. »Indrani.«
    Und natürlich auch sein Stamm. Wie nahe waren die Wühler gekommen, während sie geschlafen hatten? Wie viel Zeit blieb ihnen jetzt noch? Ein Tag? Zwei?
    Stolperzunge sackte in sich zusammen und ließ zu, dass sie ihm das Licht abnahm. Er blickte noch einmal in die Richtung, in der er gesucht hatte. »Hiresh hätte noch viele Tage vor sich gehabt«, sagte er. Rituelle Worte für jene, die freiwillig ihr Fleisch hergegeben hatten. Doch hier, wo es so viel verschwendete Nahrung gab, kamen sie ihm falsch vor. Er beobachtete, wie Jagadamba sich von ihm entfernte, und ließ sich ein paar Herzschläge lang von der Dunkelheit einhüllen. Dann folgte er dem auf und ab wippenden Licht.
    Im Dunkeln sahen fast alle Korridore gleich aus, und Stolperzunge konnte sich immer noch nicht vorstellen, wie seine alte Führerin den Weg fand.
    Jetzt kamen sie nur noch an wenigen Leichen vorbei. Die meisten Menschen schienen der endgültigen Katastrophe entkommen zu sein. Andernfalls wäre das Untergeschoss jetzt nicht so überfüllt. Er fragte sich, was für ein schreckliches Unglück hier geschehen war. Manchmal, wenn er mit den Händen über die Wände strich, konnte er die kleinen Löcher spüren, die er auch im Treppenschacht gesehen hatte. Es war, als würde diese Welt von etwas Winzigem zerfressen werden, ähnlich wie die Insekten, die sich an der Oberfläche vom Moos ernährten. Was war, wenn … wenn sich diese Leere , wie sie es nannten, auch im Untergeschoss ausbreitete? Wohin würden die vielen Menschen dann fliehen? Er konnte sich die Zahl der Dachbewohner nicht vorstellen, aber ihm war klar, dass die Oberfläche nicht für sie ausreichte.
    Sie kamen an einen engen Durchgang, der sich nicht von all den anderen unterschied, die der Jäger bisher gesehen hatte. Aber Jagadamba erkannte irgendeine Besonderheit. Sie drehte sich zu ihrem Gefährten um und lächelte triumphierend. Dann ging sie in die Hocke und berührte mit der linken Hand eine Stelle auf dem Boden. Dort entstand ein grünes Leuchten, und eine Klappe glitt auf. Darunter kam das erste Licht zum Vorschein, das Stolperzunge – abgesehen von dem, das Jagadamba trug – seit dem Treppenschacht erblickt hatte. Zwei parallele Metallstangen führten senkrecht nach unten und wurden von kleineren Stäben zusammengehalten. Jagadamba löschte ihr Licht und stieg auf den Querstangen ins Loch hinunter. Der Jäger folgte ihr mit aufgeregt pochendem Herzen.
    Es war ein weiter Weg bis zum Boden, vielleicht zwanzig Mannslängen, und Jagadambas rasselnder Atem ging immer schneller. Die Luft wurde wärmer, je tiefer sie kamen, und Stolperzunge spürte, wie seine Achselhöhlen feucht wurden.
    Ein Empfangskomitee erwartete sie – zwei alte Männer und eine alte Frau. Einer der Männer war praktisch nackt. Sein knochiger Körper war mit Spiralmustern bemalt, während die anderen von Kopf bis Fuß in Gewänder gekleidet waren. Die Frau sah von allen am seltsamsten aus. Am Hals warf ihre Haut Falten, und ein Auge richtete sich immer wieder nach oben, anscheinend aus eigenem Antrieb. Das andere blinzelte hektisch, als wollte sie Stolperzunge damit irgendeinen geheimen Hinweis geben.
    Ihre Gesichter leuchteten im Schein einer kleinen Kugel, die Stolperzunge erleichtert wiedererkannte: ein Sprecher.
    Die Frau mit dem zuckenden Augenlid folgte seinem Blick. »Aus irgendeinem Grund funktioniert der Übersetzer nicht ganz richtig.« Dann verzog sich ihr Gesicht trotz ihrer eigenartigen Augen zu einem leichten Lächeln. »Ein bisschen wie ich selber.«
    Er hatte noch nie zuvor von einem beschädigten Sprecher gehört. Aber dieses Thema interessierte ihn auch nicht besonders. »Meine Frau …«
    »Es geht ihr gut, aber sie ist … erschöpft. Sie schläft.« Hatte er eine Spur Mitleid in ihrem Tonfall gehört? »Ich werde dich in wenigen Augenblicken zum Hinterzimmer führen. Wir sind froh, das du hier bist. Vielleicht hört sie auf dich.«
    »Warum? Was ist los?«
    »Sie kam zu uns und bat uns um Hilfe, nachdem sie von der Oberfläche geflohen war. Du verstehst vielleicht, dass meinesgleichen – die Religiösen – sie nicht mögen, aber die Kommission war hinter ihr her, und wir haben dankbar die Gelegenheit genutzt, diese Sünder auf welche Art auch immer zu ärgern. Dazu waren wir sogar bereit, die

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