Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker
was? Dann wären wir plötzlich reich und beliebt und glücklich? Du bist jung, ja, aber doch nicht so dumm, dass du das ernsthaft glaubst. In ein paar Generationen, wenn genug Zeit vergangen ist und sich niemand mehr an das Chaos und die Angst erinnert und dein Großvater zu einer Legende geworden ist, wer weiß, dann werden Geschichtenerzähler wie der junge Mr. Quarter vielleicht das letzte Wort haben …«
Briar brach erschrocken ab, denn ihr wurde unvermittelt klar, dass ihr Sohn gar nicht von Maynard gesprochen hatte. Sie holte tief Luft, ging mit der leeren Schale zur Spüle und ließ sie dort stehen. Die Vorstellung, noch mal frisches Wasser zu pumpen und sie gleich abzuwaschen, war zu viel.
»Mutter?« Ezekiel merkte, dass er irgendwie zu weit gegangen war, aber hatte keine Ahnung, in welcher Hinsicht. »Mutter, was ist denn?«
»Das verstehst du nicht«, erklärte Briar, obwohl sie das Gefühl hatte, das in der letzten Stunde schon hundert Mal gesagt zu haben. »Es gibt so vieles, das du nicht verstehst, und ich kenne dich besser, als du denkst. Ich kenne dich besser als jeder andere, weil ich die Männer kannte, denen du nacheiferst, ohne es zu merken … und mich damit zu Tode erschreckst.«
»Mutter, du redest Unsinn.«
Sie schlug sich mit der Hand vor die Brust. » Ich rede Unsinn? Du erzählst mir doch all diese Wunderdinge über jeman den, den du nie kennengelernt hast, du bastelst dir diese Abbitte für einen Toten zurecht, weil du in deiner Unschuld denkst, wenn du den einen Toten reinwaschen kannst, dann gelingt dir das mit dem anderen vielleicht auch. Du hast dich eben verraten, als du sie beide in einem Atemzug genannt hast.« Zeke schwieg, und Briar fuhr fort, bevor er sich aus seiner Schockstarre lösen konnte. »Darauf willst du doch hinaus, nicht wahr? Wenn Maynard nicht durch und durch schlecht war, dann war dein Vater das vielleicht auch nicht? Wenn du den einen rehabilitieren kannst, dann besteht für den anderen vielleicht auch noch Hoffnung?«
Zeke nickte, zuerst langsam, dann immer nachdrücklicher. »Ja, nur dass das gar nicht so naiv ist, wie du es klingen lässt. Nein, warte und lass mich ausreden: Wenn die Leute am Stadtrand die ganze Zeit ein falsches Bild von dir haben, dann …«
»Was haben sie denn für ein Bild von mir?«
»Sie denken, dass alles deine Schuld war! Der Ausbruch, der Fraß, sogar der Boneshaker. Aber daran warst du nicht schuld, und der Ausbruch hat die Stadt auch nicht mit Chaos und Gewalt überzogen.« Ezekiel holte Luft, und seine Mutter fragte sich, wo er diese Redewendung wohl aufgeschnappt hatte. »Sie haben also ein falsches Bild von dir, und ich glaube, von Großvater genauso. Das macht dann zwei von drei, richtig? Warum ist es dann so verrückt, zu glauben, dass sie bei Levi auch alle falschliegen?«
Es war genau, wie Briar befürchtet hatte: Er hatte sich alles hübsch zurechtgelegt. »Du«, versuchte sie zu sagen, aber es kam nur ein Husten heraus. Die gefährlichen, unbedarften Worte ihres Sohnes setzten ihr zu, und sie hatte alle Mühe, sich zusammenzureißen. »Es gibt … Hör zu. Ich verstehe, warum dir das so sehr einleuchtet; ich verstehe auch, warum du gern glauben möchtest, dass es irgendwas gibt, um dessentwillen es sich lohnt, deinen Vater in guter Erinnerung zu behalten. Und wer weiß … vielleicht hast du ja recht mit Maynard. Es kann ebenso gut sein, dass er nur hatte helfen wollen. Vielleicht gab es für ihn einen Moment, einen Wendepunkt, an dem ihm klar wurde, dass er entweder die Vorschriften befolgen oder ihrem Geist gerecht werden konnte; und dann ist er irgendeinem Ideal nachgejagt, mitten hinein in den Fraß und in sein Grab. Das kann ich mir vorstellen, das kann ich akzeptieren, und ich kann sogar ein bisschen wütend darüber sein, in welch schlechter Erinnerung man ihn behält.«
Zeke keuchte fassungslos und seine Hände zuckten, als wollte er seine Mutter schütteln oder erwürgen. »Warum hast du dann nie etwas gesagt? Warum hast du zugelassen, dass man sein Andenken mit Füßen tritt, wenn du in Wirklichkeit glaubst, dass er versucht hat, den Leuten zu helfen?«
»Ich sagte doch schon, das würde nichts ändern . Und außer dem, selbst wenn es nie zu dem Ausbruch gekommen wäre und Maynard einen anderen, weniger befremdlichen Tod gestorben wäre, so hätte das für mich keinen Unterschied gemacht. Meine Meinung über ihn ändert sich doch nicht plötzlich wegen ir gendwelcher Heldentaten in letzter Minute, und
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