Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker
dem Revolvergriff über den Kopf.
Gleißender Schmerz durchzuckte ihre Schläfe, vibrierend wie ein Gong, und alles um sie herum wurde schwarz.
Dreiundzwanzig
Als Zeke in dem fürstlichen Zimmer unter dem Bahnhof erwachte, war das Licht leicht heruntergeregelt, und der pelzige Geschmack in seinem Mund sagte ihm, dass er länger geschlafen hatte als geplant. Er schmatzte mit den Lippen und versuchte, seine Zunge zu befeuchten.
»Ezekiel Wilkes«, sagte jemand, noch bevor er merkte, dass er nicht allein war. Er rollte sich im Bett herum und blinzelte.
In einem Sessel bei dem falschen Fenster saß, die behandschuhten Hände auf den Schoß gefaltet, ein Mann mit einer monströsen Atemmaske. Er trug einen roten Mantel, der eher zu einem europäischen König gepasst hätte, und schwarz glänzende Stiefel.
»Sir?«, fragte Zeke. Er bekam es kaum heraus.
»Sir. Du sprichst mich mit ›Sir‹ an. Diese schlichte Zurschaustellung von Manieren steht in angenehmem Gegensatz zu deiner Erscheinung. Ich nehme das als gutes Zeichen.«
Zeke blinzelte noch einmal, aber die merkwürdige Vision veränderte sich nicht; der Mann saß nach wie vor in dem Sessel. »Als gutes Zeichen für was?«
»Dafür, dass Abstammung womöglich stärker wiegt als Erziehung. Nein«, sagte er, als Zeke sich aufsetzen wollte. »Bleib liegen. Jetzt, da du wach bist, würde ich gerne einen Blick auf deine Verletzungen werfen. Ich wollte dich nicht untersuchen, solange du noch schläfst, weil ich dich dann vielleicht geweckt hätte.« Er deutete auf seine Maske. »Ich bin mir bewusst, wie sie aussieht.«
»Warum nehmen Sie sie dann nicht ab? Ich kann hier drin atmen.«
»Das könnte ich auch, wenn ich wollte.« Er kam herüber und setzte sich auf die Bettkante. »Es reicht wohl, wenn ich sage, dass ich meine Gründe habe.«
»Sind Sie von Narben verunstaltet oder so was?«
»Wie ich schon sagte, ich habe meine Gründe. Halt still.« Er legte eine Hand auf Zekes Stirn und schob mit der anderen die verfilzten Haare beiseite. Seine Handschuhe waren warm und lagen so eng an, dass es ebenso gut seine nackten Finger hätten sein können. »Wie ist das passiert?«
»Sind Sie Dr. Minnericht?«, fragte Zeke, anstatt die Frage zu beantworten.
»Ich bin Dr. Minnericht, ganz recht«, sagte er, ohne seinen Tonfall zu verändern. Er drückte an der einen Stelle und zog an einer anderen. »Jedenfalls nennt man mich hier und heute so. Das sollte eigentlich genäht werden, aber du wirst es auch so überleben. Der Zeitpunkt der Verletzung liegt zu weit zurück, deine Haare sind mit der Wunde verklebt. Aber es blutet zumindest nicht mehr, und sie scheint sich nicht entzündet zu haben. Wir sollten das trotzdem im Auge behalten. Nun zeig mir mal deine Hand.«
Falls Zeke nach dem ganz recht noch etwas gehört hatte, so reagierte er jedenfalls nicht darauf. »Yaozu meinte, Sie hätten meinen Vater gekannt.«
Minnericht ließ von ihm ab und beugte sich zurück. »Das hat er gesagt, ja? Er hat es Wort für Wort so ausgedrückt?«
Zeke versuchte, sich an den genauen Wortlaut zu erinnern, und legte die Stirn in Falten, woraufhin sofort die Platzwunde an seinem Hinterkopf schmerzte, und er verzog das Gesicht. »Ich weiß es nicht mehr genau. So ungefähr jedenfalls. Und dass Sie mir was über meinen Vater erzählen können.«
»Ja, das könnte ich gewiss. Aber ich bin noch unschlüssig. Was hat dir deine Mutter erzählt?«
»Nicht viel.« Zeke setzte sich auf, und als er den Doktor aus diesem neuen Blickwinkel sah, hätte er beinahe laut nach Luft geschnappt: Es sah ganz so aus, als ob der Mann keine Augen hatte; dort wo die Pupillen hätten sein müssen, brannten stattdessen hinter den Sichtscheiben der kunstvollen Maske zwei blaue Lämpchen. Sie glommen einen Moment lang hell auf und wurden dann wieder dunkler. Zeke hatte keine Ahnung, was das bedeutete.
Der Doktor nahm Zekes Hand und fing an, sie mit einem dünnen, leichten Verband zu umwickeln. »Nicht viel. Verstehe. Kann ich davon ausgehen, dass sie dir im Grunde gar nichts erzählt hat? Darf ich weiterhin annehmen, dass du alles, was du weißt, aus der Geschichtsschreibung erfahren hast – und von deinen Klassenkameraden und dem Gerede der Männer und Frauen in der Vorstadt?«
»Das trifft’s so ungefähr.«
»Dann weißt du nicht einmal die Hälfte. Nicht einmal einen Bruchteil.« Die Lichter flackerten, als würde er blinzeln, dann sprach Minnericht langsam weiter, mit mehr Ruhe. »Sie kreiden ihm den
Weitere Kostenlose Bücher