Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker
Feuerwaffen betraf.
Am oberen Ende der Treppe konnte sie nicht mehr erkennen als ein scharf umrissenes, aschegraues Rechteck. Und bei diesem Ausschnitt handelte es sich noch nicht einmal um den wolkenverhangenen, grauen Himmel, sondern um das immerwährende Zwielicht im Schatten der hohen Mauer. Sie sperrte sogar das bisschen schwache, nieselartige Sonnenlicht aus, das der Winterhimmel für ein paar wenige Stunden des Tages bot.
»Welche Straße ist das?«, fragte sich Briar. Der Klang ihrer eigenen Stimme brachte Briar auch nicht mehr Trost als das Gewehr in ihren Händen. »Welche, verdammt?«
Irgendetwas war merkwürdig an der Tür hinter ihr, und es fiel ihr erst jetzt auf. Sie verfügte an der Außenseite weder über einen Griff noch über einen Knauf, nicht einmal ein Schloss. Die Tür war so gebaut, dass niemand hineinkonnte, wenn man ihm nicht von drinnen aufmachte.
Als Briar begriff, dass sie sich im Notfall nicht dahinter würde verstecken können, wallte ein Anflug von Panik in ihr auf. Andererseits hatte sie ohnehin nicht vor, noch einmal zurückzugehen.
Ihr Vorhaben lautete: nach oben . Sie wollte auf die offene Straße gelangen, sich orientieren und sich dann auf den Weg machen …
Wohin? Nun ja – nach Hause.
Sonderlich lange war das Haus auf Denny Hill allerdings nicht ihr Zuhause gewesen, nur ein paar Monate lang; und da sie inzwischen wusste, dass in der Mauerstadt Menschen lebten, musste sie davon ausgehen, dass es geplündert worden war. Aber bestimmt ließ sich trotzdem noch etwas Nützliches dort finden. Leviticus hatte eine Vielzahl von Maschinen gebaut und diejenigen, die ihm lieb und teuer gewesen waren, in Geheimzimmern versteckt; sicher waren einige davon unentdeckt geblieben.
Und außerdem wusste sie nicht, was Ezekiel vorhatte. Nur dass er sich das Labor seines Vaters ansehen und dort nach entlastenden Beweisen suchen wollte.
Wusste er überhaupt, wo sich das Haus befand?
Briar ging eigentlich eher vom Gegenteil aus; nur war sie an dererseits auch davon ausgegangen, dass er es nie bis in die Stadt schaffen würde, und damit hatte sie erschreckend falschgelegen. Er war ein findiger Junge, das musste man ihm lassen. Wahrscheinlich war es am klügsten, einfach davon auszugehen, dass er das Haus schon finden würde.
Während Briar sich am Fuß der ramponierten Steintreppe herumdrückte, in einer Dunkelheit wie am Boden eines Brunnenschachts, kam sie allmählich wieder zu Atem und zu einer Art innerer Ruhe. Niemand stieß die Tür auf und entdeckte sie. Kein einziges Geräusch drang an ihre Ohren, nicht einmal das Rattern und Knattern der Maschinen in dem Gebäude hinter ihr.
Vielleicht würde alles gar nicht so schlimm werden.
Sie hob einen gestiefelten Fuß und setzte ihn leise auf die un terste Stufe. Den zweiten Schritt machte sie ebenso langsam und lautlos. Soweit es die Maske zuließ, sah Briar im Augenwinkel immer wieder nach der Tür, die hinter ihr kleiner wurde.
Sie wusste, was man sich über die Fresser erzählte, und hatte in den ersten Tagen nach Ausbruch der Seuche auch selbst welche gesehen, aber wie viele konnten denn jetzt noch übrig sein? Irgendwann starben sie doch bestimmt, oder sie verhungerten oder fielen auseinander oder verwesten einfach. Wenn hier überhaupt noch welche herumkrochen, dann mussten sie in einem entsetzlichen Zustand sein – so schwach wie kleine Kätzchen.
So redete Briar es sich auf dem Weg nach oben zumindest ein.
Während sie sich der obersten Stufe näherte, duckte sie sich immer tiefer, um möglichst lange verborgen zu bleiben – vor wessen Blick auch immer. Dann reckte sie den Kopf.
Die Stadt lag noch nicht so dunkel, dass Briar eine Lampe gebraucht hätte, aber lange konnte es nicht mehr dauern, bis die Schatten der Wände und Dächer hier alles in eine frühe Mitternacht tauchen würden.
Briar sah, in welch schlechtem Zustand die regennasse, vom Fraß glitschige Straße war. Die Pflastersteine waren schief und geborsten, die gesamte Fläche vor ihr war uneben und löchrig, überall lagen Abfall und Schutt. Kutschen und Karren faulten vor sich hin; hier und da lagen die zerfallenen, längst verwesten Kadaver von Pferden und Hunden, kaum mehr als Knochen, die durch sehniges, grüngraues Gewebe lose verbunden waren.
Briar wandte den Kopf langsam nach links, dann nach rechts. In beide Richtungen konnte sie nicht weit sehen.
Gerade einmal der halbe Häuserblock war in dem Dämmerlicht und der trüben Luft zu erkennen. In welche
Weitere Kostenlose Bücher