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Bonita Avenue (German Edition)

Bonita Avenue (German Edition)

Titel: Bonita Avenue (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Buwalda
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Gliedmaßen beisammen hatte, nicht meckern durfte, und um dieser Ansicht auch Taten folgen zu lassen, gab er als erstes und einziges «Opfer» die fünfzehnhundert Gulden, die die Stadt allen Betroffenen bar ausgezahlt hatte, wieder zurück. Joni fand diese Geste zu dick aufgetragen, ja sogar beleidigend. «Du solltest lieber aufhören, solche bagatellisierenden Scherze zu machen», sagte sie.
     
    Am letzten Tag im Bauernhaus aktualisierte er an einem allgemein zugänglichen Computer in der Universitätsbibliothek ihre Website, eine Sch … arbeit, bei der er sich fragte, warum er sie machte; Joni hatte die Website aufziehen wollen, aber er belegte einen Dreamweaver-Kurs, sie sprach von sauberer Prostitution, aber er starb hier bei jedem Studierenden, der den Raum betrat, tausend Tode. Die letzten Aufnahmen stammten aus der Shooting-Serie, die sie im Golden Tulip gemacht hatten; sie mussten schnell mit etwas Neuem aufwarten.
    Als er die Bibliothek verließ, spannte sich die Atmosphäre wie eine Kristallkuppel über den Campus. Zufriedenheit über das, was ihm soeben gelungen war, vertrieb für einen kurzen Moment die Visionen, in denen er sich irgendwo liegen sah, eingenickt auf einem Bibliothekstisch, auf den moosbewachsenen Bodenplatten des zentralen Platzes. Durchs höchste Blau schimmerten die ersten Sterne, über den Baumwipfeln auf der Westseite schwebten langgezogene orange Schleier. Während er sein Fahrradschloss aufsperrte, ergoss sich aus der Bastille eine Studentinnengruppe, eifrig sich unterhaltende Mitglieder einer Damenverbindung, die gerade ihr allwöchentliches Mensawürstchen mit Pommes und zerkochtem Gemüse gebunkert hatten. Sie machten sich daran, ihre Fahrräder zu suchen.
    Er beschloss, quer übers Universitätsgelände zu fahren, ein von Laubbäumen gesäumter Radweg führte ihn zu der weitläufigen Aschenbahn. Drei Langläufer schoben sich über den Sinter, leise knirschend, auf dem gräsernen Mitteloval saßen zwei Studenten mit einer Flasche Wein. Die Sonne versank hinter dem begrünten Wall, der den Blick aufs Freibad verstellte. Warme Luft strich über seinen Schädel. Er machte die Augen wegen eines Mückenschwarms kurz zu und fragte sich, ob im Schwimmbad wohl genug Wasser wäre, um den orangen Ball zu löschen, da wurde ihm seine Fototasche durch einen Stoß von der Schulter gerissen. Sie blieb an seinem Unterarm hängen und schlug klappernd gegen die Speichen. Eine Studentin auf einem Hollandrad überholte ihn, murmelte ein kaum hörbares «Entschuldigung».
    «Du Sau, du!», rief er und erschrak darüber, wie rasch seine Ruhe in Raserei umschlagen konnte. Schnell atmend ließ er sein Fahrrad ausrollen und blieb dann mit gespreizten Beinen stehen. Der Grund dafür war immer Eifersucht. Die Angst, sie zu verlieren.
    Als er beim Bauernhaus ankam, schneite es. Die Pappeln am nördlichen Grundstücksrand blühten so heftig, dass der dunkler werdende Himmel voller Flocken war, auf dem Rasen lag eine durchscheinende Fusselschicht. Kuschelige Knäuel tanzten um Jonis nackte Knöchel herum, die hinten im Garten auf der bemoosten Terrasse neben den ehemaligen Ställen saß wie ein, tja, wie ein was? Wie ein schmelzender Schneemann.
    Ihr gegenüber am Gartentisch aus Abbruchholz saß Tineke, zwischen ihnen leergegessene Teller und eine Wasserkaraffe. Während er auf sie zuging, überkam ihn Widerwillen. Er ahnte schon, was los war. «Hallo», sagte er und nahm neben Tineke Platz. Joni erwiderte seinen Gruß mit einem langgezogenen blubbernden Schnäuzen in ein Stück Küchenkrepp. Sie hatte verquollene Flennaugen. Ihre Mutter seufzte tief und sah ihn an. «Hast du Hunger?», fragte sie.
    «Hunger und Durst», sagte er. Anstatt zu fragen, warum Joni so verheult aussah, nahm er ihr leeres Glas und goss es voll Wasser. Er trank es in einem Zug leer und wischte sich den Mund ab. «Köstlich», sagte er.
    Einen Moment lang herrschte peinliche Stille, dann wollte Tineke aufstehen – «lass mich mal machen», murmelte Joni. Sie erhob sich, zog den Spaghettiträger ihres Tops auf die Schulter und schlurfte durch den beflockten Garten. Als sie in der Küche war, legte Tineke ihre Hand auf Aarons Unterarm und sagte mit gedämpfter Stimme: «Sie kommt gerade aus Groningen. Sie hat Ennio im Krankenhaus besucht. Sei ein bisschen nett zu ihr.»
    Er nickte. «Was ist ihm eigentlich zugestoßen?»
    Tineke schaute kurz zum Haus hinüber, aus der Küche war das Brummen der Mikrowelle zu hören. «Eine

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