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Bonita Avenue (German Edition)

Bonita Avenue (German Edition)

Titel: Bonita Avenue (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Buwalda
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jemand setzt den aneinandergekletteten Enden energisch mit einer Bürste zu. Er beißt die Zähne zusammen; sobald er den Druck auf seine Zähne verringert, beginnt das Zähneklappern. Lüttich umgehen, das ist das A und O, früher haben sie sich immer in dieser chaotischen Stadt verfahren, er will außen herum. An einen Ort, der nichts mit ihm zu tun hat, der jeder Logik entbehrt, einen Ort, den zu erreichen er keine Mühen scheut. Belgien ist immer unlogisch; deswegen ist er von seiner Strecke abgewichen.
    Die Schneeketten, warum hat er die nicht mitgenommen? Sie liegen auf dem Schrank in Jonis altem Zimmer; zu Beginn der Nacht fand er es zu riskant, nach oben zu gehen. Und danach hat er nicht mehr daran gedacht. Nun ist er demnächst ohne Schneeketten in den Alpen. Oder taut es bereits?
    Auf einer Art Umgehungsstraße fährt er um Lüttich herum. Statt auf den Süden zuzuhalten, in Richtung Metz, biegt er nach Westen ab, nimmt die A15 nach Namur. Es ist unmöglich, nicht daran zu denken. Um das Bild so schnell wie möglich loszuwerden, ruft er Ersatzgedanken auf den Plan, Gedanken, die unter normalen Umständen angenehm sind, Traumbilder vom Tiefschneefahren, von den üppigen Mahlzeiten, die Hans für sie zubereiten wird, von mathematischen Lösungswegen, die es in sich haben – doch sie verfliegen, sie sind zu flüchtig, um etwas zu bewirken. Er durchkämmt sein Bewusstsein nach etwas Stärkerem, etwas, das ihn glauben lässt, genau das zu tun, was er tun muss, aber er findet nichts. Er bohrt sich den Zeigefinger ins gehäutete Kinn.
    Hinter Namur fährt er von der Autobahn ab. Auf Landstraßen, die bald in Kopfsteinpflaster übergehen, kommt er durch abweisende Laubwälder mit verharschten Schneehaufen rings um graue Baumstämme. Das ist eine andere Welt, hier ist die Erde grimmig, so wie die Erde eigentlich überall grimmig ist, außer in seinem Heimatland; in den Niederlanden taucht die Natur ab wie eine U-Bahn und kommt erst in Skandinavien wieder raus. Sein Leben ist grimmig. Manchmal jagt dieses Leben durch eine Dorfstraße mit Häusern, die so gräulich wie ausgediente Wischlappen sind, dann wieder legt es Kilometer zurück, ohne irgendeine Art von Bebauung zu sehen, nur Wälder und Felder, ab und zu unten in der Tiefe eines Tals ein fleckiges Ziegeldach.
    Als er einen Hügel hinabfährt, biegt er in einen noch schneebedeckten Sandweg ein, der zu einem grünschwarzen Nadelwald führt. Nach einigen Minuten, als er vollständig von hohen Tannen umgeben ist, parkt er den Wagen so nah wie möglich am Wegesrand. Er bleibt eine Viertelstunde lang sitzen, zu müde, um sich zu bewegen. Tineke, er muss sie unbedingt anrufen. Er wählt die Nummer und lauscht dem zerfransten Auslandsgeklingel ihres Telefons. Nach siebenmaligem Klingeln unterbricht er die Verbindung, sein Blut pocht in seinen Ohren. Er versucht, das Gespräch im Geiste durchzuspielen, was will er eigentlich sagen? Noch bevor er sich etwas Unverfängliches ausgedacht hat, ruft sie ihn an. «Hallo, mein Lieber», sagt sie heiser. Etwas Besseres, als sie reden zu lassen, fällt ihm nicht ein. Sie säßen gerade beim Frühstück, erzählt seine Frau, und könnten die Pisten sehen, die gerade präpariert würden – die Information dringt kaum zu ihm durch. Sie will wissen, wann er ankommen werde, er sagt, es werde spät, er fahre gleich in Enschede los, sie solle sich auf Mitternacht einstellen. Sie nehme Skiunterricht, eine Mitteilung, mit der sie seiner Schweigsamkeit entgegentritt, er murmelt irgendwas Begeistertes, doch seine Gedanken schweifen ab – er muss sich fast übergeben. Der schwarze kleine Finger, denk an den verkohlten Gangränfinger. «Was hast du gestern Abend gegessen?», fragt sie. «Hast du die Heizung so eingestellt, dass sie nicht einfrieren kann?» Während er tief ein- und ausatmet, redet sie viel und schnell, vielleicht weil Ria und Hans schweigend mithören, vielleicht weil sie die Erinnerung an die Fotos verdrängen möchte, die er schon fast wieder vergessen hat. Sie sagt, er höre sich müde an. «Hast du heute Nacht gefroren?» Nein. Doch. Er darf sich nicht an ihrer Normalität, am sturen Unverändertsein an ihrem Leitungsende wärmen – noch nicht. Nachher, später.
    «Passt alles in den Dachkoffer?»
    «Das teste ich jetzt», antwortet er, und gleich nachdem sie aufgelegt haben, rechnet er aus, wie lange es her ist, dass er mit Skiern und Stöcken unter dem Arm aus der Waschküche gekommen ist. Sechs Stunden? Es

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