Bony und der Bumerang
stützte Sinclair, doch der dachte nicht mehr an den Kaffee.
»Großvater Sinclair war Schiffskommandant, Vater Sinclair war Beamter. William Sinclair und Schwester Mary waren mittellose Waisenkinder. Aber unsere Ehre haben wir Sinclairs uns nicht nehmen lassen. Zwanzig Jahre lang war diese Ehre befleckt. Nun kann ich beruhigt sterben, denn die Ehre der Sinclairs ist wiederhergestellt.«
Dugdale wischte dem Mann die blutigen Lippen ab, ließ ihn vorsichtig auf die Decken zurücksinken und stellte die Tasse weg. Sinclairs Brust hob und senkte sich langsam. Er schien zu schlafen. Dugdale setzte sich zu ihm.
In der Ferne wieherte ein Pferd, die Hunde bellten wütend. Zwei Minuten später erklang Hufschlag. Clair öffnete die Augen.
»Der Sergeant kommt«, flüsterte er. »Sagen Sie – ihm, daß – daß es – mir leid tut, Dugdale –«
Die Tür wurde aufgestoßen. Eine Gestalt in zerrissener Uniform stand auf der Schwelle. Clair richtete sich auf.
»Danke, Little Lady«, rief er laut. »Du bist jetzt in Sicherheit!«
Als Dugdale ihn vorsichtig zurücksinken ließ, war William Sinclair tot.
Man sah Sergeant Knowles deutlich an, daß er im Schlamm gelegen hatte. Die dunkelblaue Uniformjacke und die Khakibreeches waren mit rotbraunem Lehm verschmiert. Die Mütze hatte der Sergeant verloren.
Offensichtlich hatte er die Situation mit einem Blick erfaßt, denn er schloß die Tür, zog den Uniformrock aus und setzte sich zu Füßen des Toten in den Holzsessel.
»Das war's dann wohl«, sagte er grimmig. »Ich habe Clair jede denkbare Chance gegeben, aber er wollte fliehen. Haben Sie was zu trinken, Dugdale?«
Dugdale zog die Decke über das Gesicht des Toten und blickte den Sergeanten schweigend an. Dann erhob er sich, ›taufte‹ den noch vorhandenen Kaffee mit einem ordentlichen Schuß heißen Wassers. Er füllte einen Becher und stellte ihn neben dem Sergeanten auf den Tisch.
»Sie sehen ziemlich ramponiert aus«, meinte er.
»Und ob! Falls Sie Aspirin da haben, geben Sie mir bitte vier Tabletten. Ich habe das Gefühl, als ob mein Schädel zerspringen würde.«
Dugdale brachte die Tabletten, der Sergeant schluckte sie und trank etwas Kaffee nach. Dann lehnte er sich zurück und schloß die Augen. Dugdale stopfte sich inzwischen die Pfeife. Um die Füße des Sergeanten bildete sich eine Wasserlache; er war bis auf die Haut durchnäßt. Nach fünf Minuten öffnete er die Augen.
»Jetzt ist mir etwas besser.« Knowles seufzte. »Clair hat mich hart getroffen. Wann kam er hier an?«
»Vor ungefähr drei Stunden.«
»Er mußte drei Meilen laufen. Wo hat ihn eigentlich der Schuß getroffen?«
»Dicht über dem Herzen.«
»Ein Wunder, daß er es noch bis hierher geschafft hat. Einerseits tut es mir leid, daß er tot ist, andererseits nicht. Er starb wie ein Mann, nicht durch die Hand des Henkers. Ist noch etwas Kaffee da?«
»Eine halbe Tasse«, erwiderte Dugdale. »Trinken Sie aus. Dann brühe ich frischen auf und brate Ihnen zwei Koteletts. Kaltes Fleisch habe ich leider nicht da. Und wenn Sie sich umziehen wollen, leihe ich Ihnen Hemd und Hose.«
»Sie sind ein Prachtkerl. Aber zunächst muß ich nach meinem Pferd sehen. Es hat brav neben mir gewartet, bis ich wieder zu mir kam. Ich verstehe nicht, warum Clair es sich nicht genommen hat. Aber wahrscheinlich hätte Pronty ihn nicht aufsitzen lassen.«
»Was ist eigentlich passiert?«
»Rein zufällig wollte Clair zu Ihnen, ebenso wie ich. Kurz bevor der Regen einsetzte, stieß ich diesseits des Paroo auf ihn. Ich sah Clair mitten in der Sandebene. Da er zu Fuß war, hatte er nicht die geringste Chance, mir zu entkommen. Als er mich entdeckte, versuchte er auch gar nicht zu fliehen. Er blieb stehen und legte das Deckenbündel ab, behielt aber den dicken Knüppel, den er als Wanderstab benützte, in der Hand. Ich befahl ihm, den Stock wegzuwerfen, und stieg vom Pferd. Er gehorchte wortlos. Aber als ich ihm die Handschellen anlegen wollte, senkte er plötzlich den Kopf und rammte ihn mir in die Magengrube. Mir blieb die Luft weg, und Clair rannte davon. Mein Pferd war fünfzig Meter entfernt beim Grasen. Ich zog den Revolver und befahl Clair, stehenzubleiben. Er wollte zum Paroo, in dessen ausgetrocknetem, zerklüfteten Bett er sich hätte verstecken können. Zu Pferd hätte ich ihn dort nicht verfolgen können. Ich zielte also auf seine Beine und drückte ab. Leider habe ich nicht berücksichtigt, daß durch den Schuß die Waffe hochgerissen wird. Clair
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