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Bony und die weiße Wilde

Bony und die weiße Wilde

Titel: Bony und die weiße Wilde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur W. Upfield
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hielt Wache. Der untersetzte, kräftige Neger mit den bedächtigen Bewegungen sah wie siebzig aus, obwohl er erst fünfzig war. Sein Gesicht zeigte tiefe Furchen, sein kurzgeschnittenes Haar war schneeweiß, und sein Kinn verbarg sich unter einem Vollbart.
    Er hatte das Glas schon lange auf den Ankömmling gerichtet, bevor Bony das Lager überhaupt bemerkt hatte.
    »Sind Wachtmeister Breckoff und Fred noch nicht zurück?« fragte Bony als erstes.
    »Noch nicht«, erwiderte Lew akzentfrei. »Es kann spät werden. Vierzehn Meilen hin und vierzehn Meilen zurück.«
    »Was haben Sie beobachtet?«
    »Der Wachtmeister hat gesagt, ich müsse mir alles merken.« Lew lächelte, weil man offensichtlich von ihm erwartete, daß er wie ein Tonbandgerät arbeitete. Er blickte auf seine Armbanduhr. »Heute morgen hat niemand die Farm verlassen. Halb zwei ging Luke Rhudder zum Fischen. Er muß eine Handleine benutzt haben, da er keine Angelrute mithatte. Zehn vor drei fuhr ein Wagen zur Farm. Matt Jukes, seine Missus und Sie stiegen aus. Sie wurden von Jeff und seiner Missus im Garten begrüßt, dann gingen Sie auf die Veranda. Mark gesellte sich hinzu. Dann kam jemand, den ich nicht erkennen konnte, weil er sich im Schatten hielt, und gleich darauf gingen Sie alle hinein. Um zwanzig nach fünf verließen Sie das Haus und fuhren zur >One Tree Farm< zu-
    rück. Sie waren gerade im Busch verschwunden, als Luke vom Strand zurückkam. Seinen Segeltuchbeutel hatte er nicht mehr bei sich.«
    Bony war sehr zufrieden mit Lew.
    »So, den Beutel hatte er also nicht mehr bei sich.«
    »Richtig.« Lew blickte mit seinen schwarzen Augen fest in die blauen Augen seines Gegenübers, von dem er gehört hatte, daß es sich um einen großen Polizeimann handele. Sein Blick war undurchdringlich, aber er erfuhr auch nicht, was in Bonys Kopf vorging.
    »Kann man da unten mit der Handleine fischen?« fragte Bony.
    »Ja. Aber Luke hatte nicht nur die Handleine in dem Zeltbeutel. Er muß Verpflegung und eine Thermosflasche dabeigehabt haben. Der Beutel wirkte nicht leer. Warum sollte er aber eine Fischleine und eine Thermosflasche auf dem Felsen liegenlassen? Und wo bleibt der Fisch? Es muß doch etwas angebissen haben.«
    »Gut überlegt«, lobte Bony und bemerkte zufrieden die aus Zweigen errichtete Tarnwand, die die Linsen des Fernglases vor den Sonnenstrahlen schützte. »Kennen Sie eigentlich das Haus da unten, Lew?«
    »Ja, war schon drinnen. Ich sah die alten Münzen und all die Sachen, und einmal zeigte mir Sadie Stark auch ihre Muscheln. Sie bat mich, ihr einige zu suchen.«
    »Dann kennen Sie alle Rhudders?«
    »Ja. Ich kannte sogar den Vater vom alten Jeff. Man mußte sich vor ihm in acht nehmen. Einmal hat er mir das Fell gegerbt, weil ich ihm Äpfel stibitzt hatte.« Lew lachte kehlig auf. »Anschließend schenkte er mir drei von seinen besten. Das nächstemal sollte ich ihn gefälligst darum bitten. Er hatte nur ein Auge, und wir Kinder glaubten, er habe das zweite am Hinterkopf sitzen, damit er sehen konnte, was in seinem Rücken vorging.«
    »Sie waren also schon als kleiner Junge da unten?«
    »Wir Schwarzen pflegten zwei Meilen flußaufwärts unser Lager zu errichten. Dort war immer ein bevorzugter Lagerplatz der Neger. Als man in Timbertown eine größere Schule errichtete, wünschte der Eingeborenen-Protektor, daß unsere Kinder sie besuchen, und so bezogen wir alle ein von der Regierung errichtetes Lager.«
    »Sind Sie auch in Timbertown zur Schule gegangen?«
    »Ich? Nein! Die Schule wurde ja erst vor zwölf Jahren gebaut.«
    »Dann müssen Sie aber Marvin Rhudder und auch Luke und Mark sehr gut kennen.«
    »Allerdings. Fred ist sozusagen mit den beiden aufgewachsen. Fred ist mein Sohn. Ich brachte den Rhudderjungs das Schwimmen und Reiten bei, und Sadie Stark ebenfalls. Manchmal habe ich für den alten Jeff gearbeitet, manchmal auch für Matt Jukes.« Lew wurde nachdenklich. »Würde mein Camp lieber an der Lagune aufschlagen, als in diesem Regierungslager zu wohnen. Aber die Frauen wollen, daß die Kinder eine ordentliche Schulbildung bekommen. Es ist eben nicht mehr wie früher. Früher hatte der Mann zu befehlen.«
    »Ich glaube aber, daß Sie trotzdem besser dran sind als früher«, erwiderte Bony.
    »Hm, dürfte schon stimmen. Wir haben alle unsere Arbeit, und eine gute Schulbildung kann einem niemand nehmen, wie?«
    »Stimmt, Lew. Wissen Sie, warum Sie hier auf dem Posten stehen?«
    »Wachtmeister Breckoff hat es uns gesagt.

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