Bony und die weiße Wilde
sahen sich auch, was die Statur anbelangte, recht ähnlich. Der Wachtmeister brachte zur Begrüßung nicht mehr als ein verzerrtes Grinsen zustande. An seinem bequemen Schreibtischsessel und hinter dem Steuerrad hatte er vergessen, wie es ist, einen Tag lang auf dem Rücken eines Pferdes zu verbringen. Fred sattelte die Tiere ab, und Bony bat ihn, auch sein Pferd mit zu tränken. Er wollte über Nacht hierbleiben, erklärte er. Breckoff füllte den Teekessel aus dem Wasserkanister, während Bony trockene Zweige auf die glühende Asche legte.
Während er darauf wartete, daß das Wasser zu kochen begann, rollte sich Bony eine Zigarette und erkundigte sich, wie der Tag verlaufen sei.
»Wir haben nichts Neues entdeckt. Wir sind die Küste sechs Meilen östlich der Farm abgeritten, aber wir fanden kein Anzeichen dafür, daß Marvin zu Fuß oder zu Pferd von hier verschwunden ist. Es steht wohl eindeutig fest, daß er nicht nach Albany zurückgekehrt ist.«
»Lew hat behauptet, daß Fred ein guter Spurenleser sei«, warf Bony ein.
»Er ist der beste, den wir hätten bekommen können.«
»Haben Sie ihm oder seinem Vater erzählt, daß Marvin wegen Mordes gesucht wird?«
»Nein. Der Sergeant wies mich an, es ihnen nicht zu sagen. Sie wissen nur von den Notzuchtverbrechen. Sollte Lew denn etwas ahnen?«
Bony berichtete dem Wachtmeister, was der alte Neger aus den Spuren am Bach herausgelesen hatte, und Breckoff pfiff leise durch die Zähne.
»Unglaublich, wie?« meinte er.
»Ein Beweis, daß sie wirklich gute Spurenleser sind«, räumte Bony ein. »Ich wüßte sonst nicht, wie Lew es erfahren haben könnte. Könnten Sie ihn mal für einen Tag entbehren?«
»Sie haben hier zu befehlen«, erwiderte Breckoff und warf eine Handvoll Teeblätter in das siedende Wasser.
»Er soll mit mir die Westgrenze abreiten. Wir müssen feststellen, ob Marvin sich in Richtung auf den Leuchtturm von Leeuwin abgesetzt hat. Ich möchte noch vor Tagesanbruch aufbrechen. Ich sage Lew dann noch Bescheid.«
Die Dämmerung beendete Lews Beobachtungstätigkeit oben auf dem Hügel. Er kam herab und setzte sich ans Lagerfeuer, um mit den anderen die Mahlzeit einzunehmen. Während des Essens berichtete er, daß Sadie in dem Teestrauch verschwunden sei, der kurz vor Australiens Fronttür stand. Eine halbe Stunde später sei sie zurückgekehrt, und da habe sie eine Segeltuchtasche über der Schulter hängen gehabt. Es hätte so ausgesehen, als sei die Tasche leer gewesen.
Die Männer diskutierten diesen seltsamen Umstand. Luke war mit der Tasche fortgegangen und ohne sie zurückgekehrt. Bei Sadie verhielt es sich genau umgekehrt.
Breckoff wartete, daß Bony sich dazu äußern würde, aber der Inspektor schwieg.
»Marvin ist immer noch hier«, sagte er. »Luke hat ihm Verpflegung gebracht und die Segeltuchtasche bei ihm gelassen, weil er wußte, daß zu Hause Besuch war und er verhindern wollte, daß ihn jemand mit der Tasche sah. Später ging dann Sadie los, um sie zu holen.«
»Woher wußten Sie eigentlich, daß die Rhudders heute Besuch bekommen würden?« fragte Bony. Fred antwortete, und seine Worte lösten allgemeines Gelächter aus.
»Ich hörte, wie Sie zu Matts Missus sagten, sie solle ihr bestes Kleid anziehen für die Party bei Rhudders. Sie wissen doch, wir hatten noch Rast gemacht auf der >One Tree Farm<, bevor wir losritten.«
»Sie sind ein kluger Bursche, wie?« meinte Bony, und Fred lächelte geschmeichelt.
Um drei Uhr in der Frühe weckte Bony den Neger. Sie frühstückten schweigend und ritten davon, ohne die anderen zu stören. Hoch und klar spannte sich der blaue Himmel über ihnen, als sie die Musterungspferche bei der Blockhütte erreichten.
»Ich möchte, daß Sie in die Hütte gehen, Lew, sich ganz ruhig hinsetzen und Ihre Nase gebrauchen«, sagte Bony. »Jemand hat sich dort drinnen aufgehalten, vor einer Woche vielleicht. Sie können sich auf eine Kiste setzen.«
»An der Rückseite ist ein Brunnen«, meinte der Neger und ging nach hinten. Bony hörte das Quietschen der Winde, dann zog der Eingeborene das klare Wasser, das er mit der hohlen Hand schöpfte, durch die Nase und spie es aus.
»Ich bin nicht so gut wie mein Vater«, erklärte er dann. »Mein Vater hat nicht geraucht und dadurch die Geruchsnerven eingeschläfert wie ich.«
Der Eingeborene blieb eine Viertelstunde in der Hütte. Schließlich öffnete sich die Tür wieder, und er trat zu Bony, der bei den Pferden stand.
»Ein weißer Mann hat sich
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