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Bookman - Das ewige Empire 1

Bookman - Das ewige Empire 1

Titel: Bookman - Das ewige Empire 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lavie Tidhar
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Brust sehen ließ. Auch Arme und Beine
waren stark behaart. Sein dunkles Gesicht war von tiefen Furchen durchzogen und
gänzlich mit einem struppigen Bart bedeckt, aus dem heraus kummervolle Augen zu
Orphan hochblickten.
    Â»Kannst ruhig Jo Jo zu mir sagen«, erwiderte er. Dann schüttelte er
zweimal den Kopf, als käme er gerade aus dem Wasser. »Komm mit!«, fuhr er fort.
    Â»Wohin?«, erkundigte sich Orphan, der plötzlich das dringende
Bedürfnis verspürte, die Hall zu verlassen. Der feuchte, dunkle Raum, in dem es
nach menschlichem Schweiß und den Ausscheidungen der gefangenen Tiere roch,
rief widersprüchliche Gefühle in ihm hervor. Denn zum einen empfand er durchaus
Mitleid, zum anderen war er wie der Rest der Menge vom Anblick all dieser
grotesken Erscheinungen gefesselt. Ich unterscheide mich in nichts von den
übrigen Besuchern, sinnierte er. Deshalb ist dieses Museum auch ein so großer
Erfolg.
    Â»Komm mit!«, wiederholte Jo Jo, der Junge mit dem Hundegesicht, und
zupfte Orphan am Ärmel. »Jemand möchte dich kennenlernen.«
    Dann ging er davon. Nach kurzem Zögern folgte ihm Orphan. Offenbar
habe ich meinen Willen an der Eingangstür abgegeben, dachte er. Diese Stätte
ist wie ein Gefängnis; wenn das hier ein Museum ist, dann eins, in dem nur
menschliches Elend ausgestellt wird.
    Doch das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Denn als er Jo Jo
folgte, der ihn aus der Haupthalle in einen langen, schmalen Korridor führte,
bemerkte er, dass ihr Weg von merkwürdigen Apparaten gesäumt wurde. Vom
Korridor gingen kleine, nischenartige Räume ab, die wie die Haupthalle
schummrig beleuchtet waren, in die sich aber nur wenige Besucher verirrten, weil
es hier weder Tiere noch menschliche Kuriositäten, sondern lediglich Maschinen
zu besichtigen gab.
    Im Raum zu seiner Linken erblickte er eine mechanische Menagerie,
Vögel mit Gefieder aus goldenen und silbernen Blättchen, die sich langsam und
ruckartig bewegten und krächzende Laute von sich gaben. Sie saßen auf den Ästen
einer Maschine, die einem Baum nachgebildet war. Der untere Teil des Stamms
fehlte, sodass man eine Reihe von Zahnrädern und Rädchen sehen konnte. Aus
kleinen Schlitzen in den Ästen stieg etwa alle zehn Sekunden Dampf auf, und
jedes Mal, wenn das geschah, zwitscherten die Vögel und flatterten mit den
Flügeln.
    In einem anderen Raum bemerkte Orphan eine Gruppe von Besuchern, die
um einen nackten weiblichen Rumpf versammelt waren, der reglos wie eine Statue
auf einem Podium stand. Als ein verborgener Mechanismus ausgelöst wurde, hob
die Frau ruckartig die Arme und drehte sich im Kreis, um anschließend wieder in
Starre zu verfallen.
    Â»Das ist eine sehr traurige Angelegenheit«, erklärte Jo Jo, während
sie ihren Weg fortsetzten. »Diese Maschinen waren mal der Glanzpunkt
wissenschaftlicher Errungenschaften. Wie ich gehört habe, sind die Leute noch
vor fünf, zehn Jahren zu Tausenden zusammengeströmt, um sie sich anzusehen und
sie zu bewundern.« Er hatte den gleichen Wildwestakzent wie Tom, stellte Orphan
fest. »Aber jetzt … sieh sie dir doch an. Jetzt stehen sie einsam und verlassen
herum … wie weggeworfene Spielzeuge. Wenn sich Mr. Maskelyne ihrer nicht
erbarmt hätte, wären sie schon längst im Müll gelandet. Vielleicht wär sogar
noch Schlimmeres mit ihnen passiert«, fügte er im Flüsterton hinzu.
    Â»Wie meinst du das?«, fragte Orphan. »Was könnte denn mit ihnen
passieren?«
    Inzwischen gingen sie einen anderen Korridor entlang, von dem sie
mehrmals abbogen. Ein wahres Labyrinth, dachte Orphan. Bald konnte er sich
nicht mehr erinnern, welchen Weg sie genommen hatten. Waren sie nach links,
dann wieder nach links und anschließend nach rechts gegangen? Oder nach links,
dann nach rechts und danach wieder nach links? Die dunklen Gänge waren
menschenleer, aus den unbeleuchteten Räumen, an denen sie vorüberkamen, roch es
nach Staub und Verfall.
    Â»Die Babbage Company, das könnte ihnen passieren«, erklärte Jo Jo
mit finsterer Miene. »Die Gesellschaft vom alten Charlie versucht schon seit
Jahren, diese Automaten zu kaufen.« Er stieß ein Lachen aus. »Für ihr Archiv . Zum Nutzen der Wissenschaft .
Ha! Die können es gar nicht erwarten, diese Dinger auseinanderzunehmen.« Er
blickte über die Schulter und sah Orphan an. »Weil sie sie nicht

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