Bookman - Das ewige Empire 1
Doch
obwohl er seine kauernde Stellung beibehielt, konnte er weder Geräusche hören
noch Bewegungen wahrnehmen.
SchlieÃlich stand er auf, obwohl er sich dabei wie auf dem
Präsentierteller vorkam, und ging den Pfad entlang in Richtung Wald.
Kurz bevor er ihn betrat, blieb er stehen und spähte in die
Dunkelheit, aus der es nach verfaulter Vegetation roch. Keine Trommeln, dachte
er. Das war immerhin etwas, wenn auch nicht viel.
Dann begab er sich in den Wald.
Wo er nur langsam vorankam, da das Gelände abschüssig war. Zweimal
glitt er aus und rutschte bergab, während er verzweifelt versuchte, sich
irgendwo festzuhalten. Sein Daumen schien gut zu funktionieren, was ein kleiner
Trost war. Als er endlich unten ankam, stieà er auf einen Bach, dessen Lauf er
folgte. Noch wagte er nicht, das braune Wasser zu trinken, obwohl er wusste,
dass er das bald würde tun müssen. Seine Kehle war völlig ausgedörrt, der
Schweià rann ihm übers Gesicht.
Nach einer Weile lichtete sich der Wald, und Orphan gelangte zu
einem kleinen See, eigentlich eher ein Teich, wie er bei sich dachte. Er hatte
keine Ahnung, wo er sich befand. Weit war er noch nicht vorgedrungen, und was
vor ihm lag, lieà sich in keiner Weise abschätzen.
Erschöpft sank er nieder und trank von dem Wasser, das überraschend
kalt war, fast als würde es von einer unterirdischen Maschine gekühlt. Der
Gedanke hätte ihn beinahe auflachen lassen, doch dann wurde ihm klar, dass das
durchaus im Bereich des Möglichen lag. Nachdem er sich das Gesicht mit Wasser
bespritzt hatte, stand er auf.
Und da erblickte er das Insekt.
Es war von den Baumwipfeln gekommen. Gemächlich schwirrte es, sich
durch die Luft schraubend, nach unten. Dabei schien es ihn zu studieren. Dann
stürzte es sich blitzschnell auf Orphan, der erschrocken zurückwich, und
klammerte sich an seinen Arm.
Orphan blieb reglos stehen. Die Fühler des Insekts kribbelten über
seine Haut. Er verspürte einen Schmerz, der so heftig war, dass er sich auf die
Lippen beiÃen musste, um nicht aufzuschreien. Das Insekt hatte ihn gestochen.
Langsam und vorsichtig drehte er den Kopf, um seinen Arm zu
betrachten. Die Fühler hatten sich ins Fleisch gebohrt. Das Insekt schien zu
pulsieren. Blut, dachte Orphan. Das Insekt zapfte ihm Blut ab. Es schien
bereits fetter geworden zu sein. Er wagte nicht, es zu töten. Irgendetwas hielt
ihn davon ab, irgendetwas sagte ihm, dass dies kein gewöhnliches Insekt,
sondern eine Art Maschine war. Gehörte das zu den Abwehrmechanismen der Insel?
Es überprüfte ihn ⦠überprüfte sein Blut. Bei diesem Gedanken packte ihn die
Angst. Diesen Test werde ich nicht bestehen, dachte er. Ich bin ein
Eindringling. Nach wie vor wagte er es nicht, sich zu bewegen.
In dieser Stellung verharrten sie ein Weilchen â ein Tableau von
Mensch und Insekt oder Mensch und Maschine. Dann erfolgte ein weiterer, nicht
ganz so heftiger Schmerz, als das Insekt seine Fühler zurückzog. AnschlieÃend
kroch es über die beiden kleinen Einstiche und sonderte aus seinem Bauch eine
Flüssigkeit ab, die eine kühlende Wirkung hatte. Als es damit fertig war,
breitete es die Flügel aus und stieg, angeschwollen von Orphans Blut, in die
Luft auf, um zwischen den Bäumen zu verschwinden.
Ob er den Test bestanden hatte, wusste er nicht.
Falls nicht, dachte er, wird sich das bald herausstellen.
Der Gedanke trug nicht gerade zu seiner Beruhigung bei. Zumindest
blutete er nicht, wie er feststellte. Was immer das Insekt auf die Wunden
geschmiert hatte, hatte bewirkt, dass sie sich schlossen. Orphan überlegte,
welche anderen Ãberraschungen es auf dieser Insel wohl noch geben mochte, aber
eigentlich war er nicht erpicht darauf, das herauszufinden.
Er setzte seinen Weg fort und ging am Ufer des kleinen Sees entlang.
Dabei fielen ihm die Blumen auf, die dort wuchsen, groÃe fleischige Pflanzen,
deren Blütenblätter wie geöffnete Hände aussahen. Einer der Stängel, der so
groà war wie er selbst, schien sich langsam in Orphans Richtung zu drehen.
Ich werde beobachtet, dachte er, um gleich hinzuzufügen: Mach dich
nicht lächerlich!
Trotzdem hielt dieser Eindruck an. Nach einer Weile bemerkte er zu
seiner Linken einen weiteren Pfad â breiter als der erste â, der in den Wald
führte. Als er ihn betrat, stellte er fest, dass das Gelände erneut nach unten
abfiel.
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