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Bookman - Das ewige Empire 1

Bookman - Das ewige Empire 1

Titel: Bookman - Das ewige Empire 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lavie Tidhar
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unten.
    Â»Sind sie tot?«, fragte Orphan. Das arme Kind!, dachte er.
    Die Kleine sah ihn stirnrunzelnd an. »Nein, du Dummkopf«, sagte sie
und wühlte mit dem nackten Fuß im Laub herum. Dann schien sie das Interesse an
ihm zu verlieren, drehte sich um und ging davon. Orphan blieb verwirrt zurück.
    Â»Na komm schon!«, rief das Mädchen über die Schulter.
    Der nach wie vor verwirrte Orphan folgte ihr.
    Â»Wie heißt du?«, erkundigte er sich.
    Â»Elizabeth«, erwiderte sie. »Und du?«
    Â»Orphan.«
    Das Mädchen kicherte. »Das ist kein richtiger Name.«
    Â»Und was ist ein richtiger Name?«,
entgegnete er, einen Zweig beiseite schiebend. Wo wollten sie denn hin? Das
Mädchen schien den Weg zu kennen, doch er selbst hatte völlig die Orientierung
verloren.
    Â»Du weißt schon, so was wie Edward oder Richard oder Henry oder …«
Sie dachte kurz nach. »Oder James«, fügte sie hinzu.
    Orphan lächelte. Ihm fiel ein, dass er sich als Kind für alte Münzen
interessiert hatte. »Das sind alles Königsnamen.«
    Â»Orphan ist kein richtiger Name«, wiederholte das Mädchen.
    Er zuckte die Achseln, ohne auf diese Bemerkung einzugehen. Er
musste einmal einen richtigen Namen gehabt haben. Einen Namen, den seine Mutter
ihm gegeben hatte. Die er jedoch nie kennengelernt hatte. Doch selbst wenn
Orphan eher eine Bezeichnung als ein Vorname war – er war damit zufrieden.
    Â»Wo gehen wir hin?«, fragte er.
    Â»Weißt du denn überhaupt nichts?«, gab das Mädchen zurück.
    Orphan zuckte erneut die Achseln. Er war zu müde, um sich zu
streiten. »Nein«, gestand er.
    Â»Wir sind gleich da«, teilte ihm das Mädchen mit.
    Â»Sehr schön«, sagte Orphan.
    Â»Wenn du Pirat bist«, fuhr das Mädchen fort, »wo ist dann dein Entermesser?«
    Â»Mit so was kann ich nicht umgehen«, sagte Orphan. »Ich bin … war …
na ja, ein Dichter, verstehst du. Und die Feder ist mächtiger als das Schwert,
weißt du.«
    Das Mädchen drehte sich zu ihm zurück und stieß ein Schnauben aus.
»Das stimmt nicht.«
    Â»Bücher …«, setzte Orphan an zu sagen, worauf das Mädchen ihn
entsetzt ansah. »Bücher!«, wiederholte sie und machte eine Geste, als wollte
sie etwas Böses abwehren.
    Orphan, der ihre Reaktion nicht verstand, machte rasch einen
Rückzieher. »Auf dem Piratenschiff hatten wir keine Bücher«, sagte er. »Jeder,
der mit einem Buch erwischt wurde, musste über die Planke laufen!«
    Die Kleine beruhigte sich und grinste. »Musstest du auch über die
Planke laufen?«
    Â»Nein, natürlich nicht. Sonst wär ich ja nicht hier, oder?«
    Â»Ich glaub aber doch, dass du das musstest!«, entgegnete das
Mädchen. »Deshalb bist du hier. Du bist vom Piratenschiff zur Insel
geschwommen!«
    Das Mädchen hatte seltsame Vorstellungen, die unglücklicherweise der
Wahrheit ein bisschen zu nahe kamen. Schaudernd dachte Orphan daran, wie Mr.
Spoons einen der Matrosen der Nautilus gezwungen
hatte, über die Planke zu laufen. Er hoffte inständig, nie wieder einem
Piratenschiff zu begegnen.
    Dann führte ihn das Mädchen um einen Baum (dessen Stamm so dick war
wie mehrere Männer), und unversehens traten sie ins Freie.
    Vor ihnen lag ein Krater.
    Der Krater hatte enorme Ausmaße und sah aus, als wäre irgendwann in
ferner Vergangenheit eine riesige Faust aus dem Himmel niedergesaust und hätte
die Erde zermalmt. Es war ein Ort, wo das Land geblutet hatte. Einstige
Sandflächen waren zu merkwürdigem grünem Glas erstarrt, auf dem nichts wuchs.
Nur der Rand des Kraters war reichlich mit Pflanzen bewachsen, die jedoch etwas
Groteskes hatten. Blumen, so groß wie Orphan selbst, schwankten in der Brise
hin und her. Ihre Farben – blutiges Rot, leuchtendes Grün – wirkten irgendwie
unnatürlich, als stammten sie direkt von der Palette eines Malers.
    Doch am meisten fesselte Orphans Aufmerksamkeit das, was er am Boden
des Kraters sah.
    Unten im Krater schwebten zwei große mattschwarze Luftschiffe, die
mit langen Trossen im Boden verankert waren. Unter ihnen ragten zahlreiche
kuppelförmige Bauten auf, die Orphan an Pilze erinnerten. Und beim Gedanken an
Pilze – mit Zwiebeln in Butter gebraten, dazu eine Scheibe Toast – knurrte ihm
laut der Magen. Wann hatte er eigentlich das letzte Mal etwas

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