Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)
genug, dass unter ihm ein Feuer wütete.
»Eliza!«, rief er. »Sind Sie zufälligerweise noch da?«
»Gezwungenermaßen«, kam die Antwort, und erleichtert spürte er ihre Hände, die sich um seine Handgelenke schlossen. »Wer sollte Ihnen sonst den Allerwertesten retten, nicht wahr?«
Eigentlich hätte Wellington ihr Ächzen als überaus undamenhaft kommentieren wollen, doch besann er sich eines Besseren, nachdem ihre bem erkenswerte Demonstration körperlicher Stärke ihn immerhin so hoch gehievt hatte, dass er ein Bein auf die Laufplanke schwingen konnte. Mit einem ebensolchen Keuchen zog Wellington sich auf die Reste der Plattform und tastete unbeholfen vorwärts.
Eliza ergriff seinen Unterarm und zog ihn ruckartig zu sich heran. »Das erste Mal war für Königin und Vaterland. Aber dieses Mal geht auf eigene Rechnung.« Keck zwinkerte sie ihm zu. »Sie schulden mir was. So, Welly, und ab jetzt sag ich, wo es langgeht .«
Als sie wieder auf dem Steinkorridor waren, Eliza vornweg, wurden sie von der Druckwelle einer weiteren Explosion umgerissen. Doch das tiefe Grollen schien nicht abzuschwellen, sondern lauter zu werden.
»Achtung!« Wellington drückte Eliza zu Boden und warf sich schützend über sie.
Der Geruch von Erde stieg ihm in die Nase, als das Gewölbe anfing, donnernd in sich zusammenzubrechen. Wellington umklammerte Eliza noch fester. Er musste kräftig husten, dankte jedoch Gott, dass er überhaupt noch atmete.
Über ihm brachen bereits die ersten Brocken aus der Decke. »Au … Au … Au … Au …«, jammerte er bei jedem faustgroßen Stein, der ihm auf den Rücken fiel.
Und dann verebbte das Donnern. Lediglich kleinere Brocken fielen noch von der Decke, um im Schutt zu verschwinden. Glücklicherweise stellte Wellington keinerlei Knochenbrüche fest, und die neu gestaltete Wand war auch nicht auf sie gestürzt. Durch braune Staubwolken hindurch, die sich mit jeder Sekunde verdichteten, konnte Wellington gerade noch das Licht der Montagestätte der Mechamannen erkennen.
»Welly«, erklang eine gedämpfte Stimme unter ihm. »Ich denke, für den Moment dürfte die Gefahr gebannt sein – Sie können also wieder von mir runtersteigen.«
»Oh, ja, natürlich.« Wellington schnaufte, während sie sich hochrappelten. »Gern.«
Die Stille war jedoch nur von kurzer Dauer, schon spürten sie das nächste Beben unter den Schuhsohlen.
»Zurück«, sagte sie und riss ihn mit sich in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Einen anderen Ausweg haben wir nicht.« Sie kamen an zwei Abzweigungen vorbei, bevor Eliza atemlos fragte: »Wie groß war die Sprengkraft von Ihrem Notizbuch noch gleich?«
»Ich habe eigentlich nie so genau berechnet, wie viel von der Tinte entzündlich war oder wie sie auf die natürlichen Öle des Leders reagiert. Ohne aussagekräftige Versuche, inwiefern –«
Sie blieben abrupt stehen, als vor ihnen zwei Schatten den Rauch verwirbelten. Kurzerhand zog Eliza ihre Pounamu - Revolver und feuerte. Die Soldaten gingen zu Boden. Sie waren hier unten natürlich nicht allein. Einstürze und Explosionen sollten nicht länger ihre einzige Sorge sein.
Während Eliza nachlud, Leichen entwaffnete und Patronengurte abschnallte, fragte sie über die Schulter: »Die Sprengkraft der Explosion basierte also auf der Menge an Tinte zwischen den Seiten, sagen Sie?«
»Aber ja, das war die Idee dahinter. Ein tragbares Munitionsdepot, sozusagen.«
Mit einem Glucksen schnappte sie sich das Gewehr und tastete ein letztes Mal den toten Soldaten ab. »Das muss ja eine beachtliche Lektüre gewesen sein.«
Zusätzlich zu den schmucken Revolvern im Halfter an ihrer Hüfte warf Eliza sich nun einen Gürtel mit zwei weiteren Waffen über die Schulter. Sie griff nach dem Gewehr und machte es schussbereit – zwischen den Halftern beider Gürtel steckte reichlich Munition. Ihre Chancen hatten sich soeben exponentiell verbessert.
Der Tote hielt noch einen Revolver in der Hand. Ihr Blick wanderte mehrmals zwischen dem Mann und Wellington hin und her.
»Ich könnte ihn ja für Sie tragen«, erbot er sich.
»Zum Teufel damit«, zischte Eliza, dann setzten sie ihren Weg fort.
Sie folgten dem Dröhnen der Generatoren, die sich mühten weiterzulaufen – Havelocks Meisterstück trotzte vergeblich der Zerstörung des Herrenhauses. Als sie die Hauptspalte erreichten, mussten sie sich die Augen gegen das grelle Licht und die Hitze der Flammen beschirmen, aber durch die flimmernde Luft hindurch
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