Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)
begriffen, dass die Gerechtigkeit ihren Preis haben würde: ein Verhör durch Dr. Sound.
Nachdem Eliza im Krankenhaus aufgewacht war, beriet er sich mit ihr, und sie stimmten ihre Aussagen miteinander ab. Er konnte die Zweifel in ihren Augen lesen. Sie überlegte, ob er sich wirklich an die Absprache halten würde oder nicht. Würde er sie decken oder in seine alten Verhaltensweisen zurückfallen? Würde er sich an die Tatsachen halten und die Geschehnisse bis ins Detail akkurat und emotionslos schildern?
»Und nur um alle Unklarheiten zu beseitigen«, Sounds Stimme holte ihn ins Hier und Jetzt zurück, »Sie und Braun haben am Wochenende im Archiv gearbeitet, als Sie tatsächlich auf eine geothermische Anomalie gestoßen sind?«
»Ja, Sir.« Wellington räusperte sich und begann mit ihrem hastig konstruierten Lügengespinst. »Während des ganzen Wochenendes hatten wir Probleme mit der analytischen Maschine des Archivs – ihre Berechnungszeiten waren in sich nicht konsistent.«
Sound lachte auf. »Nun, nun, das klingt doch aber nach einem Problem, das ich der Abteilung für Forschung und Entwicklung überantworten würde. Sie halten uns auf jede erdenkliche Art und Weise betriebsbereit, das wissen Sie doch.«
Es kribbelte ihm im Nacken. Mit einem tiefen Atemzug zwang Wellington sich zu einem Lächeln und sagte: »Sir, wie Sie wissen, arbeite ich im Archiv gern unabhängig. Zudem hat die Abteilung Forschung und Entwicklung ohnehin genug um die Ohren.«
Hinzu kommt, dass sie absolute Volltrottel sind.
»Agentin Braun und ich haben bei der Untersuchung der Differenzmaschine ernstzunehmende Schwankungen innerhalb der Generatoren des Ministeriums festgestellt« – Wellington veränderte seine Sitzposition und spähte über den Rand seiner Brillengläser hinweg, als er seinen Erinnerungen unvermittelt hinzufügte: »Wobei mir einfällt, Doktor, der Gehalt an Feuchtigkeit im Archiv bereitet mir noch immer große Sorge. Ich habe Ihrem Büro diesbezüglich ja bereits mehrere Memoranden geschickt, und ich glaube, das Problem müsste tunlichst angegangen werden und man sollte ihm Priorität ein…«
»Ja, Books, ich habe diese Angelegenheit keineswegs aus den Augen verloren. Bitte«, bedeutete Dr. Sound ihm mit einer aufmunternden Handbewegung. »Fahren Sie fort.«
Wahrscheinlich hatte er gerade eine Gelegenheit geopfert, die Situation im Archiv endlich zu verändern, aber Wellington brauchte diese Ablenkung. Dem Alten Mann wird Ihr Gespräch dadurch authentischer vorkommen, hatte Eliza ihm erklärt. Und er konnte es in den Augen des Ministeriumsdirektors sehen: Eliza hatte, wieder einmal, recht.
Der Archivar zuckte schwach die Achseln und tat wie ihm geheißen. »Nun, ich habe die Maschine einige mögliche Szenarien durchlaufen lassen, inwiefern und unter welchen Umständen ihre Leistungsfähigkeit leiden könnte.«
»Einen Moment, Books«, warf Sound ein, »Sie haben also die Analysemaschine, die fehlerhaft gearbeitet hat, eine Maschinenanalyse durchführen lassen, um herauszufinden, wo der Fehler lag?«
»Ja, Doktor, eine sich selbst analysierende Fehlerdiagnose sozusagen.« Wellington lächelte leise ob seines Einfallsreichtums – nicht bezüglich dieses Konzepts, sondern im Hinblick auf seine Erzählkunst. »Es ist ein wenig so, als bemerkte man, dass einem plötzlich der Ellbogen wehtut. Man fragt sich: ›Wie ist das passiert?‹, und ich habe nur dafür gesorgt, dass die analytische Maschine sich diese Frage selbst stellt.«
»Geniale Idee, Books.« Sound beugte sich vor und stützte die Unterarme auf den Schreibtisch.
»Vielen Dank, Sir. Die Szenarien, die wir haben durchlaufen lassen …«
»Wir?«
»Nun ja, Sir, für den Großteil der Berechnungen war ich wohl verantwortlich. Agentin Braun hat … zugeschaut.«
Tick … tack … tick … tack.
Nach einem langen, peinlichen Augenblick räusperte er sich und nahm seinen Bericht wieder auf. »Die Berechnungen schienen allesamt auf eine geothermische Anomalie hinzuweisen, die den Salzgehalt und die Temperatur der Themse in differierendem Ausmaß veränderte. Daraufhin haben wir die Quelle der Schwankungen ausfindig gemacht, was uns zu dem Havelock’schen Anwesen führte. Als wir darum baten, den Hausherrn zu sprechen, um ihn über die potenzielle Gefahr in Kenntnis zu setzen, hat man uns sofort gefangen genommen. Und da erfuhren wir von den schändlichen Plänen dieser geheimen Organisation, wer immer die waren.«
»Die Gesellschaft des Phönix«,
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