Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)
von langer Dauer. »Ich muss auf dem Bauch schlafen.«
»Was?!«, stieß er hervor.
»Auf dem Rücken zu liegen ist immer so unbequem, deshalb gibt’s nur zwei Möglichkeiten: Entweder, Sie verbringen die Nacht hier, damit wir ein bisschen kuscheln können, oder …«
»Also gut, also gut. Hau ruck!«, sagte Wellington und hob sie auf die Füße.
Sie schwankte ein wenig, und als Mieder und Korsett geräuschvoll zu Boden rutschten, öffnete sie blinzelnd die Augen. Eliza schaute sich im Zimmer um, dann sah sie wieder Wellington an. Sie tätschelte ihm sanft die Wange. »Welly, Sie sind ein verflixt guter Kerl.«
Taumelnd drehte sie sich zum Bett um und fiel wie eine im Wald gefällte Eiche einfach vornüber.
Danke, Gott! Wellington war stolz auf sich. Er ging in die Hocke, um die achtlos fallen gelassenen Kleidungsstücke aufzuheben, und begutachtete das ruinierte Mieder. Ob sein Schneider wohl in der Lage wäre, das gute Stück zu reparieren? Reines Wunschdenken, lamentierte er.
Da bemerkte er auf dem dunklen Parkett eine Spielkarte. Er hob sie auf und hielt sie in das schummrige Licht. Die Herzdame. Bevor er sich umsah, woher die Karte kommen mochte, drehte er sie instinktiv um. Dort stand eine Adresse, hingekritzelt in einer ihm allzu vertrauten Handschrift.
Zum Kuckuck, fluchte er in Gedanken. Die hat sie vor mir versteckt!
Wellington öffnete den Mund, wollte seine Entrüstung schon lautstark zum Ausdruck bringen, als er Elizas leises Schnarchen vernahm. Sie war endgültig eingeschlafen.
Mit der Herzdame in der Hand dachte er einen Moment darüber nach, wo sie versteckt gewesen sein konnte. Verblüffend, dass sie nicht längst herausgefallen war – bei all dem Fleisch, das Braun zur Schau gestellt hatte. Seufzend steckte er die Karte in seine Brusttasche und strich den Aufschlag glatt. Wellington war seiner Verpflichtung dem Ministerium gegenüber nachgekommen, indem er die beschwipste Kollegin heil in ihre Wohnung zurückgebracht hatte. Und jetzt war er an der Reihe, da sich auch in seinem Kopf alles ein wenig drehte. Hoffentlich ließe sich noch eine ausreichende Menge seines Katermittels zusammenmixen. Morgen früh würde er dann wieder putzmunter sein.
Allerdings war schon der Ärger, der in ihm zu brodeln begann, ziemlich ernüchternd.
Er wartete noch einen Moment und betrachtete Brauns ausgestreckte Gestalt, die jetzt mit dem Gesicht nach unten in dem großen, luxuriösen Bett lag. Sie bewegte sich nicht, aber er hörte sie gleichmäßig atmen. Eindeutig. Sie würde zurechtkommen.
Ein Schritt. Zwei Schritte. Drei Schritte …
»Welly?«
Verdammt, fluchte er im Geiste. Wenn ich den Atem anhalte und völlig reglos stehen bleibe …
»Lassen Sie sich von dem Miststück nicht unterkriegen, Kumpel.«
Er richtete sich auf und kehrte ans Bett zurück. Sie hatte sich nicht bewegt, aber definitiv mit ihm gesprochen.
»Was haben Sie gesagt, Miss Braun?«
»Ich sagte, lassen Sie sich von dem Miststück nicht unterkriegen.«
Er zog die Brauen zusammen. »Wie bitte?«
»Sie wissen schon, dieses Flittchen … in dem Pub … mit den grünen Augen. Dabei ging es nur um … ihren Auftrag.« Eliza stand kurz davor, wieder das Bewusstsein zu verlieren. Ihr Lallen war durch das Bettzeug kaum zu verstehen, aber ihre enorme Anstrengung wach zu bleiben, ließ ihn verharren. Die Frau hatte etwas zu sagen, und sie war fest entschlossen, es herauszubringen, bevor sie sich dem Schlaf überließ. »Dabei ging es ihr nur um die Arbeit. Das war nichts Persönliches. Sie sind ein guter Mann, Welly. Ein guter Mann. Ich habe das Richtige getan. Ich habe
das Richtige getan.«
Was meinte sie nur damit?
»Also schön, bis in ein paar Stunden im Archiv. Um acht Uhr. Ich kümmere mich um den Kaffee.«
»Sehen Sie?«, sagte sie, und ihre Stimme verklang mit den Worten: »Sie sind … ein guter … Mann. Guuuuter … Mannnn …«
»Schlafen Sie schön, Eliza.« Wellington wusste, sie würde sich später nicht mehr an seine Worte erinnern, aber er schon. »Ich hatte viel Spaß heute Abend.«
Nachdem er sich aus der luxuriösen Wohnung geschlichen hatte und die Treppe hinuntergestiegen war, blieb er noch einen Augenblick auf den Stufen vor dem Haus stehen und sah einige Male die Straße rauf und runter. Es war spät. In wenigen Stunden ginge die Sonne auf, und er würde wieder in die vertraute Dunkelheit des Archivs zurückkehren. Dass es dort dunkel war, fand er durchaus tröstlich. Sonnenlicht und Katerstimmung
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