Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)
wissen, das Sie durchaus das Leben kosten könnte.«
»Wer … « Marys Unterlippe zitterte. Sie blinzelte, doch eine Träne rann ihr übers Gesicht, als sie schließlich fragte: »Wer sind Sie?«
Eliza setzte zu einer Antwort an, aber die sich geräuschvoll öffnende Kneipentür brachte sie davon ab. Hätte sie die Tarnung der beiden nicht sofort durchschaut, wäre sie beim Anblick dieser »Arbeiter« in lautes Gelächter ausgebrochen. Als einer von ihnen auf Mary zeigte, bemerkte Eliza das Glitzern eines Rings, der so gar nicht zu der recht schlichten Gewandung passen wollte.
Ihr Herz begann zu rasen, und sie griff nach Marys Arm. »In diesem Moment bin ich Ihre beste Freundin und Ihre einzige Chance, hier lebend rauszukommen.« Eliza beugte sich zu Mary vor; ihr Blick dabei war hart und eindringlich. »Vertrauen Sie mir?«
Es war eine verrückte Frage, aber von ihrer Antwort hing unter Umständen alles ab.
Mary starrte sie an. Doch wäre sie ein verschüchtertes Mauerblümchen gewesen, hätte sie sich wohl kaum entschieden, Krankenschwester zu werden. Ihre Kiefermuskeln spannten sich, und sie nickte langsam. »Ja – ja, ich denke, das tue ich.«
»Dann bleiben Sie einfach direkt hinter mir, und ganz egal, was passiert, laufen Sie nicht weg.«
»Es sei denn, Sie fordern mich dazu auf?«
»Genau.« Eliza sprach in einem ruhigen, gleichmäßigen Tonfall und drehte sich auf ihrem Stuhl den Neuankömmlingen entgegen. »Wenn Sie jetzt einfach abhauen, laufen Sie deren Wachposten vor der Tür geradewegs in die Arme. Verstanden?«
»Ja, Miss.«
»Ich meine es ernst«, beharrte sie. »Tun Sie es nicht, egal, was passiert.«
Sie beobachtete, wie Mary hastig ihren Sherry hinunterkippte. Es war ein Jammer, dass Eliza keine Zeit mehr hatte, einen zweiten zu bestellen. Die Männer schauten zum Tisch herüber und ließen Mary Grissom nicht aus den Augen, selbst als die Agentin sie mit einem fröhlichen »Hallo, Jungs« begrüßte.
»Verzieh dich, du Hure«, zischte einer von ihnen. »Wir haben ein Wörtchen mit Miss Mary zu reden.«
Eliza veränderte ihre Sitzposition, damit sie genügend Beinfreiheit hatte. »Ihr habt wohl einen kranken Freund zu Hause, was?«
»Das könnte man so sagen, ja«, knurrte der andere. »Und der braucht ein wenig Fürsorge.«
»Das tut mir ja echt leid, Jungs«, erwiderte Eliza und verstärkte ihren Akzent, »aber die gute Krankenschwester hier hat Feierabend. Kapiert?«
Der Mann zog die Augenbrauen zusammen und beugte sich zu ihr herunter, bis sein Gesicht kurz vor ihrem war. »Wenn du möchtest, dass dein hübsches Gesicht zerteilt wird wie eine Weihnachtsgans, dann, bitte, bleib ruhig hier.«
Eliza schaute über ihre Schulter.
Mary nickte und formte mit den Lippen die Worte: Egal, was passiert.
»Wenn du lieber von hier verschwinden willst … «, hob der Schlägertyp an. Eliza drehte sich wieder zu ihm um, und als er fortfuhr und sie seinen stinkenden Atem roch, musste sie blinzeln. »… dann sag ich’s dir noch einmal, du dämliches Weibsstück – verzieh dich.«
Sie grinste ihn nur an, und schon schnellte ihr gepanzerter Arm vor, die Messingfinger packten den Mann bei den Eiern. Mit dem leisen Sirren der sich drehenden Zahnräder und einem kurzen hydraulischen Zischen drückten Elizas mechanische Finger zu.
Der Mann konnte kaum atmen, geschweige denn schreien.
»He, Freundchen«, sagte Eliza, wobei sie den ersten Schläger fest im Griff behielt, das Wort jedoch an den zweiten richtete, »wenn du nicht willst, dass dein Kumpel hier demnächst als Sopran singt, schlag ich vor, dass ihr zwei Spaßvögel sofort verschwin…«
Der Kumpan blies in eine kleine Pfeife, deren schriller Ton höher war als der von der Gendarmerie. Prompt platzten zwei weitere, ganz in Schwarz gekleidete Schlägertypen zur Tür herein, blickten in ihre Richtung und begannen ohne Umschweife, Gäste aus dem Weg zu stoßen, ohne sich darum zu scheren, wo diese landeten.
Elizas Panzerhandschuh ließ den Schlägertypen los, und der sog gierig Luft in seine Lungen. Als er erneut tief einatmen wollte, traf ihn die Messingfaust am Kinn. Für einen Moment schien er die Balance zu halten und streckte hilflos die Arme nach ihr aus, jedoch vergebens. Bevor er schließlich hintenüberkippte, packte Eliza sein Handgelenk und zog ihm geschickt den Ring vom Finger.
»Vielen Dank, werter Herr«, witzelte sie. »Mein Partner sitzt mir schon seit geraumer Zeit im Nacken, dass ich ihm endlich einen Hinweis bringen
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