Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)
lerne dazu, Sir. Ich lerne unglaublich viel.«
»Exzellent«, erwiderte Dr. Sound. »Ich wäre auch zutiefst enttäuscht, wenn Sie das nicht täten oder wenn es sich als Fehler erweisen sollte, dass ich Ihnen einen neuen Posten zugewiesen habe. Sie sind eine vortreffliche Geheimagentin, aber um Ihre Ausbildung abzurunden und Ihr unbändiges Verlangen nach Chaos zu mäßigen, müssen Sie lernen, sich hier einzuorden. Zudem erhoffe ich mir von Ihrer Versetzung, dass Sie in unserem Books einen Mentor finden. Denn er ist – meiner bescheidenen Meinung nach – einer der diszipliniertesten Agenten, die wir im Ministerium haben.«
Wellington blinzelte. »Bin ich das, Sir?«
»Selbstverständlich sind Sie das!« Sound lachte laut auf. »Sie arbeiten hier unten sehr sorgfältig – völlig ungestört. Sie halten sich an Ihre Stunden – völlig unbeaufsichtigt.« Dann wich die Heiterkeit aus seinem Ton. Zwar schwangen in seinen Worten weder Bosheit noch eine Warnung mit, aber seine Stimme bekam einen äußerst merkwürdigen Klang, so als wollte er auf etwas ganz Bestimmtes hinaus. »Ich meine, immerhin konnten Sie hier unten jahrelang arbeiten, ohne dass Sie jemand kontrollierte, und haben dennoch bei der Umstellung des Archivs wahre Wunder gewirkt. Obendrein waren Sie stets zuverlässig wie ein Uhrwerk. Das zeugt von unzweifelhafter Disziplin und Hingabe an die Arbeit.«
»Ja, Sir«, sagte Eliza.
»Da das Archiv eine Welt für sich zu sein scheint und von den Büros des Ministeriums gewissermaßen losgelöst ist«, fuhr Dr. Sound fort, »scheint es mir ein Wunder, dass Sie beide überhaupt Ihre Arbeit erledigen und nicht lustwandelnd durch die Straßen Londons ziehen …«
Er zog eine der Zeitungen unter seinem Arm hervor, faltete sie auseinander und legte sie auf Elizas Seite des Schreibtisches.
»… so wie diese beiden, über die ich heute einige interessante Dinge gelesen habe.«
Langsam stand Wellington auf. Das Knarren des Stuhls ließ vor seinem geistigen Auge prompt das Bild eines Galgens entstehen. Die Schlagzeile schrie ihnen förmlich entgegen:
GEMETZEL IN CHARING CROSS !
Unbekannte Samariter
jagen Todesengel
»Eine überaus faszinierende Geschichte aus der Times«, sagte Sound nickend, während er eine weitere Zeitung auseinanderfaltete. »Aber keine Sorge, falls Sie die heutige Ausgabe nicht bekommen haben sollten, denn der Daily Telegraph hat ebenfalls darüber berichtet.«
DER SCHWARZE TOD !
Mysteriöse Kutsche tötet Unschuldige
– mutiges Ehepaar macht sich auf,
die Untertanen der Königin zu retten!
Dieses Titelblatt landete auf Wellingtons Schreibtisch, und sein früherer Drang, die Toilette aufzusuchen, verstärkte sich um ein Zehnfaches.
»Aber der Daily Mail muss ich für ihre Berichterstattung über dieses Drama wirklich meine Anerkennung aussprechen«, betonte Dr. Sound und schlug die letzte Zeitung auf. Er hielt sie hoch und präsentierte ihnen eine eindrucksvolle, sofort ins Auge springende Schlagzeile, die ganz sicher – daran hegte Wellington keinerlei Zweifel – den Verkauf des Blattes ungemein ankurbeln würde. »Dem Reporter ist es gelungen, die ganze Aufregung einzufangen und – was noch viel wichtiger ist – detaillierte Augenzeugenberichte über diesen Vorfall zu bekommen.«
BLUTBAD IN CHARING CROSS !
Frau in Schwarz bringt den Tod auf Londons Straßen
– doch ein tollkühnes Duo jagt sie in die Flucht!
Einige Sekunden lang war nur das leise Dröhnen der Generatoren zu hören. Wellington las die Schlagzeile der Daily Mail gleich mehrere Male und hätte fast vergessen zu atmen. Ihm lag sein Schuldgeständnis bereits auf der Zunge, doch er steckte mittlerweile so tief in den Ermittlungen zu diesem ad acta gelegten Fall, dass ihn wahrscheinlich das gleiche Schicksal ereilen würde wie Agentin Braun. Selbst dann, wenn er dem Direktor nichts von dem vorenthielt, was er und Eliza in ihrer kurzen gemeinsamen Zeit tatsächlich getrieben hatten.
Als hätte sie Wellingtons Gebet erhört, fragte Eliza: »Könnte das Haus Usher dahinterstecken, Sir?«
»Nun, Agentin Braun, die schwarze Kutsche mit«, Dr. Sound drehte die Zeitung um, suchte kurz und zitierte, »›Rädern von ruchloser Konstruktion, die Unschuldige niedermähten wie die Sichel des Schnitters‹? Das klingt mir tatsächlich sehr nach dem Hause Usher – aber dabei fallen mir die anderen Einzelheiten der Berichterstattung wieder ein.
Beachten Sie Folgendes, wenn Sie so freundlich sein wollen: ›Wie
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