Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)
Eliza klappte ihr Notizbuch wieder zu und sah ihn vielsagend an. »Jetzt passt alles zusammen. Denken Sie nur an den Zustand der Leichen, die Harry und ich gefunden haben. Dafür konnte nur jemand mit einem geradezu faustischen Interesse verantwortlich sein, der zudem enorme chirurgische Fähigkeiten besaß.«
»In der Tat.« Dann erbleichte Wellington. »Aber, Moment! Schwester Grissom …«
Eliza hob abwehrend die Hand. »Ist bereits versorgt, Welly. Ich habe sie heute Morgen in das erste Luftschiff gesetzt, das außer Landes ging. Jemand schuldete mir noch einen Gefallen, und nun hat unser Büro in Singapur eine neue Oberschwester.«
Er rückte seine Brille zurecht. »Eine hübsche Idee, Miss Braun , aber was wird Dr. Sound sagen, wenn er aus Singapur eine Mitteilung …«
Das Quietschen der schweren Eisentür, die genau in diesem Moment aufgerissen wurde, hallte durchs Archiv und ließ die beiden zusammenfahren. Trotz der ungünstigen Lichtverhältnisse war der beleibte Mann, der zu ihnen herunterstapfte, überaus deutlich zu erkennen.
»Na bitte!« Seine Stimme klang wohlgemut und munter und bildete einen seltsamen Gegensatz zu der Dunkelheit im Archiv. »Da sind Sie ja! Was für ein Glück, Sie beide hier anzutreffen!«
Wellington verspürte einen jähen Drang, zu fliehen oder sich vielleicht für ein paar Minuten zu entschuldigen; aber das wäre leider viel zu auffällig gewesen. Elizas Bewegungen kamen ihm aus dem Augenwinkel anmutig und fließend vor, als sie sich zu voller Größe aufrichtete und beiläufig die Bücher auf ihrem Schreibtisch schloss. Eilig musterte er die offenen Bände auf seiner Seite. Keine Drucke, Fotos oder Zeichnungen. Lediglich Daten und Notizen, die möglicherweise unbeachtet bleiben würden.
Allerdings hatten sie es mit dem Direktor des Ministeriums zu tun. Daher schob er langsam die Fingerspitzen unter den Deckel des vordersten Buches, um es zuzuklappen, bevor Sound den Schreibtisch erreichte.
Zu spät. »Hier haben wir also die unbesungenen Helden des Ministeriums, was?« Dr. Sound lachte in sich hinein. Unter seinem Arm knisterte ein Schwung Zeitungen, als er sich die Hände rieb und die beiden Agenten musterte. »Dem Aussehen Ihres gemeinsamen Schreibtisches nach zu urteilen, sind Sie beide ausgesprochen fleißig.«
»Ja, Sir«, gab Eliza zurück, und ihr Ton war der eines respektvollen Soldaten gegenüber seinem Vorgesetzten. »Tee, Direktor?«
»Nein«, erwiderte er freundlich, »danke.«
Eliza leerte ihre Tasse und deutete auf Wellington. »Was Books hier unten leistet, ist sagenhaft. Ich habe eine Menge zu lernen.«
»Nun, ich versichere Ihnen, Agentin Braun«, erwiderte Dr. Sound gut gelaunt, »wenn es um Zahlen und Fakten geht, finden Sie keinen Fähigeren als ihn. Eine wandelnde analytische Maschine – das sind Sie doch, Books, oder?«
»Wenn Sie es sagen, Sir«, antwortete Wellington, dessen Stimme leicht zitterte.
Dr. Sound stieß ein herzliches Lachen aus, doch dann fiel sein Blick auf die sechs Krüge, die sich in der Schreibtischmitte aneinanderreihten.
»Entschuldigen Sie, Agent Books«, hob Sound an, dann zählte er anscheinend noch einmal nach, »aber hatte Agent Hill nicht insgesamt sieben Krüge aus Südamerika mitgebracht?«
»Das war vor Agentin Brauns Versetzung, Direktor. Verzeihen Sie, Sir.«
Wellington sah betreten zu Eliza hinüber, wollte ihr zu verstehen geben, dass es ihm leidtat, doch fand er sich stattdessen gefangen in ihrem erstaunten Blick.
»Ja, ich war ein wenig tollpatschig, als ich hier unten angefangen habe«, erklärte sie, ohne den Blickkontakt mit Wellington zu unterbrechen.
Der Direktor seufzte schwer, aber dann schien er die Enttäuschung abzuschütteln. »Nun denn, jede Veränderung hat wohl ihren Preis, nehme ich an.« Verschwörerisch wandte er sich an Books. »Ich hätte Sie vor unserem Hitzkopf warnen sollen. Wenn es heiß hergeht, dann kann auch schon mal was zu Bruch gehen.«
Hatte der Direktor ihm etwa zugezwinkert ?
Wellington nahm auf seinem Stuhl Platz und atmete tief durch. Dieser Besuch konnte nichts Gutes bedeuten.
»Wie das alte Sprichwort schon sagt: Man kann keine Omeletts machen, ohne ein paar Eier zu zerschlagen …« Dr. Sound zählte noch einmal die Krüge und zuckte die Achseln. »Oder, wie in diesem Fall, unersetzliche Krüge, die nach Eldorado führen.«
»Es wird nicht wieder vorkommen«, versicherte Eliza. »Ich habe mich nur noch nicht voll und ganz an die Umstellung gewöhnt, aber ich
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