Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)
Augenzeugen berichten, lieferte sich der Todesengel eine wilde Verfolgungsjagd mit einem Hansom, dessen Fahrern – einem Mann und einer Frau – es deutlich am nötigen Anstand mangelte.‹ Und jetzt kommt ein Detail, das ich überaus seltsam finde: ›Der heldenhafte Hansom beförderte zudem einen Fahrgast, dessen Funktion jedoch unklar bleibt, da er anscheinend nichts anderes tat, als zu schreien wie am Spieß.‹ Was halten Sie davon, Books?«
Wellington klebte die Zunge am Gaumen. Der kühle, stählerne Blick des Direktors lähmte ihn. Er öffnete den Mund; seine Kehle war so trocken, als hätte er die heißeste Wüste Ägyptens durchquert.
»Wenn ich von derart unerhörtem Verhalten seitens der Untertanen Ihrer Majestät lese«, sagte Dr. Sound, faltete die Zeitung zusammen und legte sie an die Stelle, wo der siebte Krug hätte stehen sollen, »danke ich Gott im Himmel, dass ich der Direktor einer geheimen Organisation bin, die sich insbesondere durch ihre subtile Vorgehensweise auszeichnet.« Langsam drehte er sich zu Eliza um und zog die Augenbrauen zusammen. »Nicht wahr, Agentin Braun?«
Sie nickte. »Meistens, Sir.«
»Ja«, stimmte er zu. »Meistens.« Sounds Blick wanderte zwischen den beiden hin und her, und Wellington schlug das Herz bis zum Hals. »Nun, dann will ich Sie nicht länger aufhalten. Ich dachte nur, ich sollte meinem Archiv einmal einen Besuch abstatten, und ich bin sehr froh darüber, das getan zu haben.« Er nickte bekräftigend und betrachtete nacheinander die Regale, die gewaltige analytische Maschine mit dem Flaschenzugsystem und schließlich den Schreibtisch. »Das sollte ich häufiger tun. Wenn ich also jemals hier unten auftauche, weil mir gerade danach ist, dann fahren Sie bitte einfach mit Ihrer Arbeit fort. Tun Sie so, als wäre ich gar nicht hier.« Bedächtig zupfte er sich am Schnurrbart. »Das dürfte für Sie doch kein Problem sein, oder?«
Dr. Sound warf den beiden Agenten einen letzten eindringlichen Blick zu, bevor er sich anschickte zu gehen. »Agentin Braun, Agent Books, weiterhin einen guten Tag.«
Schweigend beobachteten sie, wie er die Treppe hinaufging, die Eisentür öffnete und verschwand.
»Books«, brach Eliza das Schweigen. »Wie oft hat Ihnen der alte Mann einen solchen Besuch abgestattet?«
»Einschließlich Ihres ersten Arbeitstages hier unten?«
»Ja.«
»Zweimal.« Da erst riss Wellington den Blick von der Tür los und funkelte Eliza an. »Wozu in Gottes Namen haben Sie mich bloß überredet?!«
»Ach, das ist also alles meine Schuld?« Sie hielt einen Moment inne, dann nickte sie. »Nun gut, das stimmt wahrscheinlich, aber Sie waren schließlich nicht dazu gezwungen. Sie hätten mich auch allein ermitteln lassen können …« Dann beugte sie sich vor, ihr Blick schien im warmen Schein der Gaslampe zu gefrieren. »Oder ging es Ihnen gar um das Vergnügen, mich höchstpersönlich an Dr. Sound auszuliefern?«
Ruckartig richtete er sich auf. »Wie bitte?«
»Immerhin haben Sie keine Sekunde gezögert, ihn über den zerbrochenen Krug aufzuklären!«
Diese Frau war intelligent und einfallsreich, aber manchmal hatte sie ein Brett vorm Kopf. »Eliza, glauben Sie ernsthaft, dass er sich auch nur einen roten Heller für diesen verdammten Krug interessiert? Er ist uns auf die Schliche gekommen!«
Wellington sah das Begreifen in ihrem Gesicht. Dies war einer jener seltenen Momente, wo er es hasste, recht zu haben.
»Dann werden wir in Zukunft eben vorsichtiger sein müssen«, entgegnete sie. Die Hartnäckigkeit dieser Frau war unbestreitbar.
Diese Kolonistin ist kaum eines Gedankens wert, konnte er seinen Vater sagen hören. Tu das, wozu ich dich erzogen habe, und jag die Dirne zum Teufel! Das wird England und dem Empire guttun.
»Ich nehme an, das müssen wir wohl, ja.«
Für einen Augenblick herrschte Schweigen. Eliza schien einige Mühe zu haben, ihre nächsten Worte zu wählen. »Also gut, im Interesse der Vorsicht müssen wir uns auch über diesen unverhofften Retter unterhalten – diesen Gentleman, der sich in unser Kutschenrennen eingemischt hat. Haben Sie ihn erkannt?«
Wellington seufzte schwer. »Bedauerlicherweise nein. Ich habe nur gesehen, dass er gänzlich in Schwarz gekleidet war, eine schwarze Maske trug und ein schwarzes Pferd ritt. Ach, und er war ein bemerkenswert guter Schütze.«
Seine Kollegin nickte, während sie unverwandt auf den Schreibtisch starrte. »Muss ich es sagen, oder werden Sie es tun?«
Wellington gelangte
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