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Boomerang

Boomerang

Titel: Boomerang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewis
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auf Meredith Whitney gewertet, da außer ihr weit und breit niemand in Sicht war, dem man hätte vorwerfen können, eine solche Vorhersage gemacht zu haben.
    Aber sie hatte überhaupt nichts Derartiges gesagt: Man hatte ihr die Worte im Mund herumgedreht, um ihre Botschaft angreifbarer zu machen. »Sie bezog sich auf die Selbstgefälligkeit der Rating-Agenturen und Investmentberater, die behaupten, es gebe nichts, worum man sich Sorgen machen müsse«, erklärte ein Mitarbeiter von
60 Minutes
, den ich gebeten hatte, die Transkripte des Interviews für mich durchzusehen, um mich zu vergewissern, dass ich wirklich gehört hatte, was ich glaubte, gehört zu haben. »Sie sagte, es gebe etwas, worum man sich Sorgen machen müsse, und innerhalb von zwölf Monaten würde das für jeden offensichtlich sein.«
    |195| Was immer sie sonst noch getan haben mochte, jedenfalls hatte Meredith Whitney den neuralgischen Punkt im US-ame rikanischen Finanzsystem gefunden: die Angst, dass amerikanische Städte das Geld nicht zurückzahlen würden, das sie sich geliehen hatten. Anders als der Markt für amerikanische Staatsanleihen war der Markt für Kommunalanleihen leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen. US-amerikanische Städte waren in dem gleichen Teufelskreis gefangen, der Griechenland gezwungen hatte, Hilfe beim Internationalen Währungsfonds zu suchen.
    Um Zweifel zu schüren und die Kreditkosten für Bundesstaaten und Kommunen in die Höhe zu treiben, brauchte es nur ein paar Sätze im Fernsehen, gesprochen von einer Frau ohne Erfahrung im Markt für Kommunalanleihen. Und das Erstaunlichste war: Sie hatte ihre Äußerungen noch dazu mit nichts belegt. Sie hatte einen umfassenden, detaillierten Bericht über staatliche und kommunale Finanzen verfasst, aber außer einer Handvoll ihrer Kunden wusste niemand, was darin stand. »Wenn ich einer dieser wirklich fiesen Hedgefonds-Typen wäre«, bemerkte ein Hedgefonds-Manager mir gegenüber, »würde ich mich zurücklehnen und sagen: ›Das ist eine Herde Rinder, unter denen man eine Stampede auslösen kann.‹«
    Was Meredith sagen wollte, war interessanter als das, was man ihr vorwarf, gesagt zu haben. Sie interessierte sich nicht sonderlich für den Kommunalanleihen-Markt und auch nicht dafür, wie viele Städte möglicherweise pleitegehen würden. Wie sie es ausdrückte: »Wen interessiert schon der stinkende Kommu-Anleihen-Markt?« Sie war überhaupt nur in diesen Markt hineingestolpert, weil sie zu der Erkenntnis gekommen war, dass die Volkswirtschaft der Vereinigten Staaten ein |196| Sammelsurium kommunaler Wirtschaftssysteme darstellt. Um das System der kommunalen Ökonomien zu durchschauen, musste sie abschätzen können, wie sich staatliche und regionale Regierungen vermutlich verhalten würden, und um eine solche Abschätzung treffen zu können, musste sie deren finanzielle Situation kennen. Also hatte sie sich völlig ungeplant zwei Jahre lang damit beschäftigt, Informationen über staatliche und kommunale Finanzen zusammenzutragen. »Ich hatte nicht die Absicht, das zu tun«, erklärte sie. »Kein einziger meiner Kunden hat es verlangt. Ich habe mich nur mit dem Thema beschäftigt, weil ich es selbst verstehen wollte. Es fing mit einer Frage an: Wie kann es sein, dass das geschätzte Bruttoinlandsprodukt so hoch ist, wenn die Bundesstaaten, deren Wirtschaft während des Booms erfolgreicher gewesen war als die US-Wirtschaft, jetzt weniger erwirtschafteten als diese – und wenn sie 22 Prozent dieser Wirtschaft repräsentierten?« Eine gute Frage.
    In der Zeit von 2002 bis 2008 hatten die US-Bundesstaaten parallel zu ihren Bürgern Schulden angehäuft: Der Stand ihrer Verschuldung insgesamt hatte sich fast verdoppelt und die Ausgaben der Staaten waren um zwei Drittel angestiegen. Gleichzeitig hatten sie ihre Rentenkassen systematisch um eineinhalb Billionen Dollar unterfinanziert. Vermutlich im Gegenzug dazu wurden mit den bestehenden Rücklagen immer riskantere Anlagengeschäfte getätigt. 1980 befanden sich gerade einmal 23 Prozent des in staatlichen Rentenkassen angesammelten Geldes in Aktien investiert, 2008 war diese Zahl auf 60 Prozent gestiegen. Um dem noch die Krone aufzusetzen, waren die Verantwortlichen der Rentenkassen offenbar unisono überzeugt, in einer Zeit, in der die US-Notenbank die Zinssätze auf null gesenkt hatte und dort auch halten wollte, |197| mit dem Geld, das ihnen zur Verfügung stand, 8 Prozent Gewinn machen zu können. Wenn man dann noch

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