Borderlands
dem
wir ihn bei schlechtem Wetter hielten, war er nicht da. Ich ging zurück in den
Garten und rief mehrmals vergeblich nach ihm. Ich rief Debbie zu, sie solle mir
eine Taschenlampe bringen, und dann suchten wir die Hecken und Gräben in der
Nähe des Hauses ab. Ich leuchtete flüchtig mit der Taschenlampe auf die Weide,
auf der Andersons Schafe grasten, und war erleichtert, Frank wenigstens nicht
dort zu finden.
Als wir in den
Garten zurückkamen, hörte ich ein vertrautes Schnüffeln. Frank lag in der
Hütte, den Kopf auf die Pfoten gelegt, und wedelte halbherzig mit dem Schwanz,
unsicher, wie meine Reaktion auf seine Abwesenheit ausfallen würde. Sein Fell
war nass vom hohen Gras auf den Weiden, die an unser Grundstück angrenzten, und
an seinem Ohr hing Kuckucksspeichel. Ich suchte nach der Stelle, an der er aus
der Hütte entkommen war, und leuchtete mit der Taschenlampe in jede Ecke und
hinter das Gerümpel, das wir an einer Wand gestapelt hatten, doch ich konnte
nichts entdecken. Ich zerzauste ihm das Fell oben auf dem Kopf und schloss die
Hütte hinter mir ab.
Später in unserem Schlafzimmer musste ich
Debbie erklären, warum ich meine Zahnbürste neuerdings getrennt von den anderen
im Bad aufbewahrte und warum ich die Gästematratze hervorholte. Ich weinte,
während ich ihr von meinen Ängsten wegen Aids und was McKelvey noch gehabt
haben mochte erzählte. Sie kniete sich neben mich auf den Boden und nahm mein
Gesicht in ihre Hände. Dann küsste sie mich sanft und versprach mir, dass alles
wieder gut würde – ich hätte ihr beinahe geglaubt.
Um halb drei morgens weckten uns Pennys
Schreie. Als sie über den Flur ins Bad gegangen sei, hätte sie zufällig einen
Blick die Treppe hinab zur Haustür geworfen, sagte sie. Jemand hätte zu ihr
hereingesehen. Sie habe gesehen, wie der Türknauf sich gedreht habe,
sagte sie. Er habe böse ausgesehen, sagte sie.
Wir sagten
ihr, sie habe einen Albtraum gehabt, sie müsse ja noch halb geschlafen haben.
Dann ging ich vors Haus, um nachzusehen, während Debbie Penny mit in unser Bett
nahm. Ich musste den Wasserkessel drei Mal füllen, bis ich die schlammigen
Fußspuren vor der Haustür vollständig abgewaschen hatte, damit Penny sie am
nächsten Morgen nicht sah.
9
Donnerstag, 26. Dezember
Der Tag begann mit einem spektakulären blauen
Himmel und einem Sonnenaufgang, der hinter unserem Haus förmlich explodierte.
Ich war nicht mehr schlafen gegangen, sondern hatte die ganze Nacht Wache
gehalten, bis der Himmel sich grau färbte und die Pfützen, die vom Regen des
Vorabends zurückgeblieben waren, gefroren und in den ersten Strahlen der
Morgensonne glitzerten. Es wehte kein Wind, es herrschte nur ein schneidender
Frost. Das Gras knirschte unter den Füßen, es würde noch bis zum Nachmittag
steif gefroren sein. Ich sagte mir, es sei ein neuer Tag, und versuchte, den
nächtlichen Besucher aus meinen Gedanken zu verbannen.
Um viertel nach sieben goss ich warmes Wasser
über die Autofenster, um sie abzutauen, dann ließ ich den Motor laufen, während
ich meine Aufzeichnungen für die Besprechung mit Williams und Costello holte.
Als ich zurück zum Auto kam, war das Wasser auf der Windschutzscheibe zu Eis
geworden. Im Wagen schlug mein Atem sich an den Innenseiten der Scheiben nieder
und
gefror. Ich saß da, ließ den Motor warmlaufen und rauchte eine Zigarette. Die
Einzelheiten des Falls hatten die ganze Nacht in meinem Kopf gearbeitet.
Nachdem ich tags zuvor sämtliche Beweise gesammelt hatte, um zu belegen, dass
Whitey McKelvey Angela Cashell getötet hatte, musste ich nun beweisen, dass er
es nicht getan hatte.
Ich erreichte
die Polizeiwache zwanzig Minuten zu früh, doch Costello war bereits dort, und
Williams kam kurz nach mir. Um kurz vor acht fuhr draußen ein blauer
Transporter vor. Wenige Minuten später bog ein kleinerer weißer Transporter mit
einer Radioantenne auf dem Dach um die Kurve in der Straße und schlitterte
gegen die Betonpfosten vor der Eingangstür.
Eine junge
Frau in einer dicken Schaffelljacke, Handschuhen und Schal tastete sich
vorsichtig den Gehweg entlang und ging zum Empfang. Wir hörten, wie sie sich
als Nachrichtenkorrespondentin für Radio 108 FM , einen unabhängigen Lokalsender,
vorstellte. Ich hatte sie ein, zwei Mal in den Nachrichten gehört, allerdings
war sie viel jünger, als ihre Stimme vermuten ließ. Sie wollte wissen, ob wir
etwas zu William McKelveys Tod im Polizeigewahrsam oder zu den Überfällen der
vergangenen
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