Borderlands
konnte doch nichts dafür«, sagte sie.
»Wer war er,
Ms Duffy? Wir brauchen seinen Namen.«
»Das kann ich
Ihnen nicht sagen.«
»Ms Duffy«,
sagte ich so sachlich wie möglich. »Derjenige, der Ihnen gesagt hat, Sie sollten
die Kinder wegbringen, wusste wahrscheinlich, was ihrer Mutter zugestoßen ist.
Er könnte sogar dafür verantwortlich sein. Und jetzt bitte: Wer hat Ihnen
gesagt, Sie sollen sie wegbringen?«
Sie sah von
Williams zu mir und wieder zu Williams. Dann blickte sie auf ihre Hände, die
gefaltet in ihrem Schoß lagen, und schließlich wieder zu mir. Ein Anflug von
Trotz lag in ihrer Stimme und in ihrem Blick. »Costello hieß er«, sagte sie und
richtete ihr Haar, um zu bekräftigen, dass sie uns diese Information nur
widerwillig gab. Und wir mussten nun versuchen, uns einen Reim darauf zu
machen.
Auf der Rückfahrt bemühten wir uns, die
Details des Falls so objektiv wie möglich zu bewerten. Costello hat eine Affäre
mit einer Prostituierten, die zwei Kinder hat. Sie verschwindet, und er bezahlt
eine Nachbarin dafür, dass sie die Kinder nach Dublin in ein Waisenhaus bringt.
Fünfundzwanzig Jahre später wird die Tochter eines kleinen Ganoven ermordet,
und an ihrer Leiche finden wir den Ring, den Costello der Prostituierten
geschenkt hatte.
»Costello scheint immer besser ins Raster zu
passen«, sagte Williams grimmig, obwohl keiner von uns darüber nachdenken mochte, was
geschehen würde, sollten wir schlüssig beweisen können, dass er für Knox’
Verschwinden verantwortlich war.
»Es sieht so
aus«, entgegnete ich resigniert und beschloss, zu einer letzten aufschiebenden
Maßnahme zu greifen. »Wir müssen versuchen, diese Kinder zu finden – das ist
der einzige Ausweg.«
»Werden Sie
mit ihm darüber sprechen?«, fragte Williams, als wir durch Porthall fuhren und
uns Lifford von Osten her näherten.
»Noch nicht«,
erwiderte ich, doch ich wusste, ich würde Costello damit konfrontieren müssen,
ebenso wie ich mich mit Frank und den Übergriffen auf Andersons Schafe würde
auseinandersetzen müssen. »Was machen Sie jetzt?«, fragte ich.
Der Himmel
wurde allmählich dunkel, obwohl es erst kurz nach vier war. Der Mond stand noch
tief, kaum mehr als eine eisige Sichel. Drei oder vier Sterne blinkten am
dunkelblauen Himmel; im Westen bildete sich eine Wolkenwand – am Morgen würde
es schneien. Wir hatten eine Reihe von Bauern überholt, die auf den
Nebenstraßen Salz streuten.
»Ich habe
nichts vor. Nachher bin ich mit Jason zum Abendessen verabredet. Genauer
gesagt: Er kocht.«
»Würden Sie
noch eine letzte Sache erledigen, bevor Sie nach Hause düsen? Finden Sie raus,
wem das ›Three Rivers‹ zu Knox’ Zeiten gehört hat. Ich versuche mein Glück mit
dem St Augustine-Waisenhaus.«
Das einzige St Augustine’s im Telefonbuch war
eine Kirche, doch der Pfarrer konnte mir die Telefonnummer einer Nonne namens
Schwester Perpetua geben, die im Waisenhaus gearbeitet hatte, bis es 1995
geschlossen worden war. Schwester Perpetua – oder Schwester P, wie sie sich am
Telefon meldete –, stammte aus Nordirland und stellte sich als ebenso redselig
heraus, wie ihr Gedächtnis erstaunlich war.
»Ich erinnere mich an die Knox-Kinder,
Inspector, ja«, sagte sie, und in ihren Fermanagh-Akzent mischte sich ein
Anflug des nicht so breiten, näselnden Dubliner Akzents. »Sean und Aoibhinn.« Sie sprach
den Namen des Mädchens »Evien« aus. »Ein trauriger Fall. Sie kamen kurz nach
Neujahr 1979 zu uns. Das weiß ich noch, weil wir in dem Jahr mit einigen der
Kinder nach Drogheda fuhren, als Seine Heiligkeit dort zu Besuch war, und die
Knox-Kinder waren dabei. Soweit ich mich erinnere, hatten sie so gut wie gar
nichts bei sich, als sie hier ankamen. Eine Tante brachte sie uns, glaube ich;
sie hat ihnen fünfzig Pfund mitgegeben, was damals ziemlich großzügig war.«
Allerdings hatte die »Tante« so immer noch fünfzig Pfund Gewinn gemacht, dachte
ich, allen sozialistischen Überzeugungen zum Trotz.
Sie erzählte
mir die Geschichte der Knox-Kinder. Es hatte monatelang gedauert, bis sie sich
in ihrem neuen Zuhause eingelebt hatten. Ihr Akzent, eine Mischung aus englischem
und nordirischem Englisch, hob sich deutlich von dem ihrer irischen Mitschüler
ab. Das Mädchen war still und mochte sich nicht an irgendwelchen Spielen
beteiligen. Der Junge beschützte sie grimmig und lieferte sich diverse
Prügeleien mit Kindern, die seine Schwester kritisierten. Im September jenes
Jahres brachte man sie
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