Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Borderlands

Borderlands

Titel: Borderlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B McGilloway
Vom Netzwerk:
Ihre Hände lagen auf ihren Knien, die sie sittsam geschlossen hielt.
An ihrer linken Hand war der Ring mit dem Mondstein gut zu erkennen.
    Zu ihrer
Linken stand ein blonder Junge von vielleicht acht Jahren mit einem Topfschnitt.
Er trug nur grüne Shorts. Die Rippen stachen hervor, und er grinste so breit,
dass seine Augen nur noch schmale Schlitze waren. Einen Arm hatte er um seine
Mutter gelegt, den anderen keck in die Hüfte gestemmt. An Armen und
Schienbeinen waren kleine blaue Flecke zu sehen.
    Auf Mary Knox’
anderer Seite saß ihre Tochter. Auch sie lächelte in die Kamera, doch ihre
Haltung war abweisend, die Hände hatte sie vor dem Körper gefaltet. Sie wahrte
eine kaum merkliche Distanz zu ihrer Mutter. Ihr Gesicht war schmal, ihre Haut
war hell und kontrastierte mit ihren dunklen Haaren, die in Locken Gesicht und
Schultern umspielten. Sie trug einen blauen Badeanzug und hatte sich ein
Strandlaken wie einen Schal um die Schultern drapiert. Irgendetwas an ihrer
Miene kam mir bekannt und seltsam traurig vor. Vielleicht lag es nur daran,
dass ich wusste, was für ein Ende diese Familie nehmen würde.
    »Wann wurde
das Foto aufgenommen?«, fragte ich.
    »Müsste
eigentlich hinten draufstehen«, erwiderte Duffy. »Um Halloween herum, bevor sie
verschwunden ist. Das Wetter war wunderschön für die späte Jahreszeit, und wir
haben alle zusammen einen Ausflug nach Bundoran gemacht. Es war ein großartiger
Tag.« Das passte jedenfalls zeitlich zu dem, was Costello über den Kauf des
Rings erzählt hatte.
    »Das ist ein
schöner Ring, den sie da trägt«, sagte ich. »Sieht teuer aus.«
    »War er auch.
Ist aber trotzdem kaputtgegangen. Genau an dem Tag hat sie auf dem Weg nach
Hause gemerkt, dass ein Stein herausgefallen war. Sie musste ihn zurückschicken
und ihn reparieren lassen.«
    »Woher hatte
sie ihn denn?«, fragte ich, bemüht, die Frage so beiläufig wie möglich klingen
zu lassen. Dennoch musterte Duffy mich argwöhnisch.
    Schließlich
entschloss sie sich zu einer Antwort. »Wahrscheinlich wissen Sie das sowieso
schon. Mary hatte viele Männer. Hat sich damit ein bisschen was dazuverdient.
Einer ihrer Männer hat ihn ihr gekauft.«
    »Wissen Sie,
wer?«, fragte Williams.
    »Jemand mit
Geld. Jemand Wichtiges. Einer von den Einflussreichen.«
    »Wie meinen
Sie das, einer von den Einflussreichen?«, fragte ich.
    »Es gab
mehrere«, erwiderte Duffy und lächelte scheu, als wollte sie andeuten, mehr
dürfe sie nicht sagen.
    »Wer waren
diese Männer?«, fragte Williams, als hätte sie meine Gedanken gelesen.
    »An die Namen
erinnere ich mich nicht. Ein paar Geschäftsleute, wichtige Leute. Der
Eigentümer des ›Three Rivers Hotel‹ war aber der dickste Fisch von denen.«
    »Wer war
das?«, fragte ich. Das ›Three Rivers‹ war mittlerweile eine Ruine, und zwar
schon solange ich zurückdenken konnte.
    »Ich weiß es
nicht mehr«, sagte Duffy und wandte den Blick ab. »Was die Kinder angeht, die
habe ich seit fünfundzwanzig Jahren nicht mehr gesehen.«
    »Wissen Sie,
was aus ihnen geworden ist?«, fragte Williams. Duffy sah sie an und errötete.
Ihre Augen wurden feucht, und in dem vergeblichen Versuch, die Tränen
zurückzudrängen, biss sie sich leicht auf die Unterlippe.
    »Ich habe sie
genommen«, sagte sie schließlich und wischte sich vorsichtig die Tränen ab.
»Ich weiß, es war falsch, aber ich habe sie nach Dublin gebracht und sie in
einem Waisenhaus in der South Circular Road untergebracht – St Augustine’s. Ich
hab jedem ein Foto von ihrer Mutter mitgegeben, aus dem gleichen Schwung wie
das da.«
    »Das war
alles? Sie haben sie einfach fortgebracht, ohne jeden Grund?«, fragte ich
ungläubig. »Was, wenn Mary zurückgekommen wäre?«
    »Jemand hatte
mir gesagt, dass ich das tun sollte – jemand, der Mary sehr gern hatte. Er hat
mir Geld für sie gegeben. Hat mir hundert Pfund für die Kinder gegeben. Er hat
mir gesagt, ich sollte sie wegbringen.«
    »Dieser Mann
hat Ihnen gesagt, Sie sollten die Kinder einer anderen Frau in ein Waisenhaus
geben, und Sie haben es getan?« Williams Tonhöhe stieg so rasch an, dass ihre
Stimme überschnappte. Sie schien noch etwas sagen zu wollen, schluckte es
jedoch herunter.
    »Ja. Er hat
mir gesagt, sie würde nicht zurückkommen. Er meinte, es wäre besser für die
Kinder, wenn sie eine Weile nicht in Strabane wären. Ich dachte, sie wären
vielleicht in Gefahr. Ich konnte mich nicht um zwei Kinder kümmern. Ich habe
nur getan, was er mir gesagt hat. Ich

Weitere Kostenlose Bücher