Borderlands
Persönlichkeit
bezeichnet. Der Richter damals war Gordon Fullerton gewesen, der unterdessen
selbst drei Jahre im Gefängnis gesessen hatte. Man hatte ihn für schuldig
befunden, in einem Fall von Landbesitzstreitigkeiten Bestechungsgelder
angenommen zu haben. Da keiner von uns wusste, worum es sich bei der IID genannten
Organisation handelte, machten wir uns auf den Weg zu einem Gebäude, das ein
wenig näher an unserem »Zuhause« lag.
Im Zentrum von Lifford, beinahe direkt
gegenüber der Wache, liegt das ›Seat of Power‹, ein Museum der Geschichte Liffords
als Verwaltungszentrum des Donegal. Das Museum beherbergt auch das ehemalige
Gerichtsgebäude, Zellen des ehemaligen Gefängnisses und der Irrenanstalt sowie – und das ist viel wichtiger – eine Reihe von Personen, die mehr über Lifford
und das Donegal wissen, als womöglich gesund ist. Eine dieser Personen ist Mary
Deeney. Mary ist eine Frau von Ende dreißig mit glattem kupferrot gefärbtem
Haar, in dem hin und wieder graue Strähnen aufblitzen. Sie war in der Lage, uns
in einer Viertelstunde einen Abriss zu IID zu
geben.
»Invest in Donegal« – Investieren Sie im
Donegal! –, erklärte sie und schob sich die Brille mit dem rosafarbenen Gestell
auf den Nasenrücken, woraufhin sie unverzüglich wieder herabrutschte. »Eins
dieser Projekte, die sie in den 70er Jahren auf die Beine gestellt haben, um
größere Unternehmen hierher zu holen. Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre
hatten sie sogar ein paar große Erfolge mit einem Textil- und einem IT -Unternehmen. Sie haben Anreize geboten –
Steuervergünstigungen, Subventionen und so weiter; haben Machbarkeitsstudien
angefertigt, die Verträge für die Bebauung abgewickelt. Haben 1984 – nein, 1985 – dichtgemacht, als Cauley starb. War vielleicht besser so; es heißt, das
Betrugsdezernat hätte sich zu dem Zeitpunkt sehr für IID interessiert.«
»Erinnern Sie
sich an einen Mann namens Tony Donaghey, der daran beteiligt war?«, fragte
Williams. »Er soll da ein sehr wichtiger Mann gewesen sein.«
Mary dachte
darüber nach und wickelte sich dabei geistesabwesend einige lose Haarsträhnen
um die Finger. »Nein, der Name sagt mir nichts. Sie reden hier natürlich auch
mit der Falschen; eigentlich müssten Sie mit Tommy Powell sprechen.«
»Warum
Powell?«, fragte ich.
»Na ja, er hat IID gegründet. Es
war seine Idee. Er hat durch das Parlament Millionen dafür aufgetrieben.«
»Wir dachten,
Cauley hätte IID geleitet«,
wandte Williams ein, und ich nickte zustimmend.
»Cauley hat IID geleitet, das
schon«, sagte Mary, als müsste sie sehr begriffsstutzigen Kindern etwas
erklären, »aber Powell hat der Laden gehört. Cauley war nur der Manager.«
Williams und ich standen vor dem Museum,
während ich eine Zigarette rauchte. Auf der anderen Straßenseite sahen wir
Costello in seinem Büro. Die Rollos waren hochgezogen, um die Dezembersonne
hereinzulassen. Einmal kam er ans Fenster und starrte zu uns herüber, dann
verschwand er wieder in den Tiefen seines Büros.
»Also, was
jetzt?«, fragte ich.
»Versuchen
wir, die Kinder aufzuspüren, oder?«, sagte Williams. »Und Coyle. Was ist mit
Powell? Werden Sie mit ihm sprechen?«
»Vielleicht«,
sagte ich. »Aber noch nicht. Costello hat heute Morgen davon gesprochen, das NCIB hinzuzuziehen.«
»Und, werden
Sie?«, fragte Williams und wirkte ein wenig überrascht.
»Nein. Aber
ich glaube, in einer Sache können sie uns helfen.«
Neben den lokalen Dienststellen im ganzen
Land verfügt An Garda über eine übergeordnete Kriminalbehörde, die bei
Schwerverbrechen hilft. Sie ist allerdings nur eine von vielen unterstützenden
Einrichtungen. Wir hatten beispielsweise bereits die Wasserschutzpolizei hinzugezogen.
Ich kam zu dem Schluss, dass es an der Zeit war, sich mit der
Rechercheabteilung in Verbindung zu setzen. Die Rechercheabteilung macht genau
das, was der Name vermuten lässt. Im Lauf der Jahre hat man dort Informationen
aus sämtlichen anderen Abteilungen von An Garda gesammelt, miteinander
abgeglichen und sie für zukünftige Rückfragen archiviert. Diese Abteilung hatte
deutlich schnelleren Zugang zu Informationen über Unternehmen oder landesweite
Organisationen als jede andere An-Garda-Einheit. Das hoffte ich jedenfalls.
Ich kehrte ins Büro zurück, rief in der
Zentrale in der Harcourt Street in Dublin an und bat darum, mit der
Rechercheabteilung verbunden zu werden. Mein Gesprächspartner dort war ein
gewisser Officer Armstrong, den
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