Borderline ein Narco-Thriller
es echt aussieht.“ Diego spürt, wie Pablo ihn mit unverwandt zweifelnder Miene beäugt. „S
ie sollen sich was ausdenken. Medium blutig. Und Claire passiert nichts, absolut nichts!“
„Ich geb's weiter.“
„Ich sag’s ihm später auch. Viel Erfolg.“ Damit stampft er aus Pablos Wohnung. Ihm gefällt diese Hektik nicht. Aber sie haben keine Wahl.
Der Colonel will seinen Anteil.
11. Kapitel
Bestimmt ein halbes Dutzend Mal hat Claire in den letzten Stunden den Hörer in die Hand genommen, um Marc anzurufen. Um von ihrer Entdeckung zu erzählen, vielleicht aber auch, um die Stimme des Mannes zu hören, der ihr seit dem Treffen nicht aus dem Kopf geht. Angesichts der nachtschlafenden Zeit entschließt sie sich dann jedoch, bis zum nächsten Morgen zu warten. Müde legt sie sich ins Bett, dreht sich noch zweimal und ist trotz der ihr durchs Hirn geisternden Gedanken kurz darauf fest eingeschlafen.
Später, mitten in der Nacht, erwacht sie plötzlich. Ein ungewohntes Geräusch hat sich in ihren Traum geschlichen und sie hochschrecken lassen. Sie schaut auf den Wecker. Zwanzig nach zwei. Angestrengt horcht sie in die Dunkelheit. Bis auf den gedämpft heraufdringenden Straßenlärm ist es still. Sie muss sich getäuscht haben, dreht sich auf die andere Seite und schließt wieder die Augen. So sieht sie nicht die zwei leise in ihr Schlafzimmer schleichenden Gestalten. Ein neuer Laut, viel näher jetzt, lässt sie erschrocken die Augen aufschlagen.
Doch da ist es bereits zu spät. Sie spürt eine Hand, die sich blitzschnell über ihren Mund legt, dann den Einstich einer Nadel in den Oberarm.
Sie fällt in bodenloses Nichts.
* * *
Zum Schutz gegen die nächtliche Kälte hocken sie eng aneinandergekauert in der Senke, in der sie Ramon vor vielen Stunden zurückgelassen hat. Sehnlichst erwarten sie die Scheinwerferlichter der angekündigten Jeeps, die sie in eine bessere Zukunft bringen sollen. Zur Arbeit auf Feldern, in Restaurantküchen oder auf Baustellen, von der sich die Gruppe aus elf Migranten aus Honduras und Guatemala ein sichereres Leben erhofft. In dieser Nacht ist die Kälte nicht ihr einziger Feind. Nach eintägiger Durchwanderung der staubtrockenen Canyons sind ihre Wasservorräte verbraucht, die letzten Früchte und Nüsse verzehrt. Sie haben Hunger, ihre Kehlen sind vom Durst ausgedorrt und die Füße durch den beschwerlichen Marsch wund. Sie sind am Ende ihrer Kräfte, einige bereits darüber hinweg. Sie haben die beiden Schwächsten in ihre Mitte gelegt, ihnen von dem sorgsam gehüteten Wasser gegeben. Nun liegen sie schwer atmend in ihrem Fieber, vereinzelt leise aufstöhnend.
Da geht ein Raunen durch die Gruppe. Aufgeregt zischen die Hellhörigen „
Silencio!“,
legen die Finger an ihre Lippen. Alle verstummen, horchen gebannt in die Nacht. Erst ist es nur ein undefinierbares Brummen, das mit der Zeit jedoch zu dem deutlichen Motorengeräusch eines sich langsam nähernden Fahrzeugs anschwillt.
Als der große Pick-up am Rand der Senke über ihnen auftaucht, können sie die abgedunkelten Scheinwerfer erkennen. Mit einem aufgeregten Winken stolpern die Ersten von ihnen auf den Transporter zu. Aufgeregt, erleichtert und glücklich. Ramon hat Wort gehalten.
* * *
„Ich will wissen, was sie weiß. Vor allem, wo Dave ist.“
„Geht klar.“
„Habt ihr die Statisten?“
„Ja, heute kamen zwei schon halb tot an. Die und noch drei andere, die Probleme gemacht haben.“
„Geht doch. Der Rest ist euer Ding.“
„Auch klar.“
Routiniert, fast gelangweilt dringt Adrians Antwort an Diegos Ohr. Routine ist in Ordnung, Nachlässigkeit auf keinen Fall. In verschärftem Tonfall fährt er fort: „Eine Sache - es passiert ihr nichts!
Nichts!
Falls doch, lasse ich dich nackt an einen Haken hängen und rösten.“
„Okay, Chef.“
Es klingt deutlich defensiver, wie Diego befriedigt registriert. „Falls sie einer anfasst: ebenfalls. Dann dauert es nur länger …“ Genüsslich dehnt Diego die nun entstehende Pause in die Länge. „Verstanden?“
„Ja, verstanden!“
Von Langeweile ist jetzt nichts mehr zu hören. Dafür trieft Adrians Stimme vor Angst. Das ist gut.
„Legt los.“ Damit beendet Diego das Gespräch, steigt aus und läuft unruhig auf dem unbeleuchteten Parkplatz auf und ab. Sein Escalade ist das einzige Fahrzeug, das auf der abgelegenen Fläche abseits der Landstraße, hoch über dem Pazifik abgestellt ist. Trotz seiner Drohung misstraut er
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