Borderline ein Narco-Thriller
beobachtet Claire intensiv, die jetzt doch nach einer Dose greift. „Jedenfalls hat er sich die Schiffsdaten besorgt. IMO-Nummer und dergleichen. Darüber wollte er an die Besitzer. Ich fürchte nur, dass er nicht weit gekommen ist.“
Unschlüssig schaut Claire ihn an. Sie zögert einen Moment, ehe sie antwortet. „Bei unserem Essen hat Dave mir die Daten gegeben.“
„Ihnen? Warum?“
„Na ja, ich arbeite bei der Coast Guard. Er dachte wohl, dass ich etwas für ihn herausfinden kann.“
„Und?“
„Bin bisher noch nicht dazu gekommen. Ich wollte es heute erledigen.“ Sie nestelt in der Tasche ihrer Hose herum und zeigt Diego den Zettel.
Er wirft einen kurzen Blick darauf. Dann schüttelt er nachdenklich den Kopf. „Ist das nicht illegal? So eine Anfrage, meine ich.“
Sie nickt betrübt. „Ja. Aber für Dave mache ich eine Ausnahme.“ Der Ansatz eines Lächelns huscht über ihr Gesicht.
„Besonders jetzt, wo er weg ist.“
„Meinen Sie, dass das mit seinem Verschwinden zusammenhängt?“
„Vielleicht.“
„Mein Gott. Wenn Dave deswegen auf der Flucht ist. Vielleicht sind dann auch Mandy und ich …“, Diego unterbricht sich bedeutungsschwer, begleitet von einem Hilfe suchenden Gesichtsausdruck.
„Passen Sie auf, Marc. Ich werde nachher gleich die Daten prüfen. Wenn ich etwas herausfinde, melde ich mich bei Ihnen.“
„Das würden Sie tun?“
Claire beugt sich mit mitfühlender Miene vor. „Gern.“ Erleichtert seufzt Diego auf. „Und Dave?“
„Der meldet sich hoffentlich bald.“
„Sie haben keine Möglichkeit, mit ihm Kontakt aufzunehmen?“
Claire zögert einen Augenblick, schüttelt dann stumm den Kopf.
„Schade. Es wäre aber klasse, wenn Sie mich informieren, sobald er sich meldet. Oder falls Sie andere Infos haben.“
„Das mache ich.“ Sie sieht auf ihre Uhr, steht auf. „Tut mir leid, ich muss los.“
„Kein Problem. Schön, dass Sie Zeit für mich hatten.“ Er bringt sie zur Tür.
„Ist doch klar. Ich mache mir schließlich auch Sorgen um ihn. Gemeinsam finden wir sicher mehr heraus“, sagt sie.
„Finde ich auch. Würde mich freuen, bald wieder von Ihnen zu hören.“
Claire nickt, dann dreht sie sich um und geht. Fasziniert blickt er ihr nach, bis sie um die Ecke des Gebäudes verschwunden ist.
Aber sagt sie auch die Wahrheit? Er hat seine Zweifel. Ihn irritiert dieses kurze Zögern, nachdem er sie gefragt hat, ob sie Dave erreichen kann. Sie werden bei ihr vielleicht etwas tiefer graben müssen. Schade. Schade auch, dass er diese Frau unter diesen Umständen kennenlernen muss.
Als er sich umdreht, sieht er Pablo im Durchgang zum Hinterzimmer stehen. Er schließt die Tür und folgt ihm in den hinteren, durch einen Paravent abgetrennten Bereich des Raums. In einer Ecke liegt Mandy auf dem Boden. Diego seufzt. Ist aber wohl besser so. Eine Zeugin weniger.
„Du musst sie abtransportieren lassen.“
Pablo nickt stumm.
„Erledigt das am besten heute Nacht.“
10. Kapitel
Beim Reinkommen wirft sie Doug ein kurzes Hallo zu, geht rasch in den kleinen Küchenraum und versorgt sich mit einem großen Becher frischem Kaffee und einem Apfel. Zurück an ihrem Schreibtisch holt tief Luft und zieht das Papierstückchen aus der Tasche. Obwohl sie noch nichts getan hat, rumort das schlechte Gewissen in ihr. Sie blickt auf Daves Zettel, muss dabei an ihn, noch mehr aber an Marc Remosa denken. Er hat Eindruck bei ihr hinterlassen. Nicht zu groß, blond und dazu dieses strahlend weiße Lächeln. Sicher ein Mann, zu dem sie sich an den Tresen setzen würde. Dazu so charmant.
Und sonst? Für die Dave-bedingte Ungewissheit tut er ihr leid, aber da ist noch mehr: Bei ihrem Treffen hat sie bemerkt, wie gut es ihr getan hat, sich mit jemandem über Dave unterhalten zu können. Jemandem, der sich ebenfalls Sorgen macht. Ein erfreulicher Nebenaspekt, dass dieser jemand in so einer ansprechenden Schale daherkommt.
Wenn sie bei der
Alina
ihre Kompetenzen überschreitet, hilft sie ihnen allen, rechtfertigt sie sich in Gedanken. Seufzend loggt sie sich in die Datenbank und gibt die Daten des Bootes ein.
Erst kurz nach neun kehrt Claire erschöpft in ihr Appartement zurück. Die Recherche nach der
Alina
nahm doch mehr Zeit in Anspruch als geplant. Dazu schlich Doug andauernd um ihren Schreibtisch herum. Irgendwann hatte sie genug und stellte ihren Vorgesetzten zur Rede. Da war er damit rausgerückt, dass ihre Abteilung bei der Bekämpfung des Drogenproblems im
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