Borderline ein Narco-Thriller

an, „sowieso egal ist, in welchem Zustand ihre Straßen sind.“
    Wortlos blickt Diego auf die hügelige mit verdorrten Gräsern und niedrigem Buschwerk bewachsene graugelbe Landschaft. Ab und zu passieren sie einstöckige Behausungen aus Holz und Blech, deren ehemals strahlend bunten Farben schon vor langer Zeit von der sengenden Sonne Südarizonas ausgebrannt wurden. Vereinzelt stehen staubige Pick-ups und Jeeps vor den Hütten.
    Avril dreht sich erneut um. „Alles Bars, Schnaps- und Waffenläden.
Dazu
sind sie hier gut genug.“ Er nimmt den Kopf in den Nacken und deutet eine trinkende Geste an. „Zum Saufen und sich gegenseitig Abknallen. Oder“, er blickt sie bedeutungsschwer an, „das ganze Drogen- und Flüchtlingspack aus dem Süden.“
    Diego muss unwillkürlich grinsen.
Das sogenannte Drogenpack zahlt dir dreißig Millionen Dollar
, denkt er.
    Aus einer Kühlbox zu seinen Füßen holt der Colonel einige Flaschen Coke und Corona, die er nach hinten hält. Pablo nimmt sich eine Cola, während Diego nach dem Bier greift und mithilfe eines Feuerzeugs den Kronkorken springen lässt. Das kalte Getränk wäscht den feinen Staub von Diegos Zunge. Langsam streicht er sich mit dem feuchtkühlen Flaschenboden über die verschwitzte Stirn.
    Nach etwa zehn Kilometern biegen sie auf eine unbefestigte Lehmpiste und halten auf einen sich vor ihnen erhebenden Hügelkamm zu. Rumpelnd umkurvt ihr Fahrer die Unebenheiten und herumwehenden Sträucher. Pablo zündet sich eine Zigarette an. Nachdem sie einige Ruinen verlassener Gehöfte passiert haben, biegen sie auf einen ausgewaschenen Sandpfad und fahren weiter bergauf. Die Vegetation besteht inzwischen nur noch aus vertrocknetem Buschwerk und vereinzelten sich hoch in den Himmel reckenden Kakteen. Diego schaut auf die Uhr. Sie sind seit einer halben Stunde unterwegs. Er beginnt gerade, unruhig zu werden, als sie durch die Reste eines zusammengebrochenen Holztors auf den Platz vor einem verfallenen Steinbungalow fahren und anhalten.
    Avril dreht sich um. „Da wären wir.“
    Der Indianer schaltet den Motor ab, und die vier steigen aus dem Wagen. Sofort legt sich die staubtrockene Hitze wie ein Schleier über sie. Schweigend folgen sie dem Colonel, der zielstrebig auf das Gebäude zuhält. Vorbei an einer aus den Angeln gerissenen, im Rahmen lehnenden Tür betreten sie den Raum. Die durch das eingestürzte Gebälk strahlende Sonne wird durch ein provisorisch errichtetes Zeltdach zurückgehalten, was die Temperatur in dem Gemäuer gerade noch erträglich macht. Zwei in den Ecken aufgestellte Ventilatoren geben ihr Bestes, um die Hitze zu vertreiben. Trotzdem spürt Diego, wie ihm der Schweiß den Nacken hinabrinnt. Unter dem Baldachin aus blauem Tuch sind vier Campingstühle um einen Plastiktisch gruppiert, auf dem ein mit einer transparenten Folie vor dem feinen Staub geschützter Laptop steht.
    Avril nimmt auf dem mittleren Stuhl Platz und schaltet den Computer ein. „Setzen Sie sich.“ Er rutscht ein Stück zur Seite, um die beiden mit ihren Stühlen neben sich zu lassen. „Wir haben ausreichend Zeit. Genug für eine komplette Vorführung.“
    Neugierig rücken Diego und Pablo näher an den Bildschirm, auf dem sich das Fenster eines Videoplayers öffnet.
    „Wir haben die Aktion gestern aufgezeichnet. Sie ist also leider nicht live.“
    Damit tippt er auf
Play
, und der tonlose Film beginnt.
    Sie sehen das Bild einer in mittlerer Höhe fliegenden Kamera, die über eine karge, unbewohnte Landschaft gleitet. Am Rande des Fensters blinken Positionsdaten und ein Kompass auf, während das Flugobjekt ruhig seinen Kurs über das Gelände hält.
    Eine bergige Halbwüste, ohne jegliche Abwechslung
, denkt Diego, als er die Umrisse einer Straße zu erkennen glaubt. Angestrengt starrt er auf das Bild, dessen Ausschnitt plötzlich mit einem raschen Zoom vergrößert wird. Jetzt ist die Piste viel deutlicher auszumachen, und auch die Umrisse von einzelnen Gebäuden sind zu sehen. Automatisch fährt der Zoom noch näher heran. Diego sieht zwei Pick-ups, die im Schatten eines Hauses stehen. Ein dünner Punkt, wohl eine Person, bewegt sich über die freie Fläche zwischen zweien der Gebäude. Die Kamera fährt noch dichter heran, sodass sie das Dach einer kleinen Halle formatfüllend abbildet.
    Plötzlich erscheint ein roter laserartiger Punkt, der reglos auf dem Dach verharrt. Der Ausschnitt zoomt zurück, bis das gesamte Ensemble wieder zu erkennen ist. Bildschirmmittig befinden