Borderline ein Narco-Thriller
gern.“
„Das meinte ich.“ Ein befreites Lachen dringt durch den Hörer an ihr Ohr. „Wo bist du denn?“
„Am Flughafen. Ich könnte in zwanzig Minuten bei dir sein.“
„Schön! Ich warte auf dich. Und, ich freue mich.“
„Ich mich auch. Bis gleich.“
* * *
„Verliebt?“
Pablo, der nur wenige Meter entfernt von Diego bei einer Zigarette das Telefonat mit Claire verfolgt hat, verzieht sein Gesicht zu einem spöttischen Grinsen.
Aber Diego winkt ab. „Das verstehst du nicht.“ Er klopft seinem Adjutanten auf die Schulter und wendet sich zum Gehen. „Ich melde mich morgen bei dir. Bis dann.“
Mit zusammengekniffenen Mundwinkeln schaut Pablo seinem Boss hinterher, tritt die Zigarette am Boden aus und schlendert zu dem Nissan. Diegos Verhalten verwundert ihn immer mehr, derartige Gefühlsausbrüche ist er gar nicht von ihm gewohnt. Sonst zählen für ihn bei Frauen nur Titten und Möse, und wie er möglichst rasch an beides rankommt.
Kaum sitzt Diego im Fahrzeug, ruft er die Kontaktnummer in Tijuana an, über die die Telefonate mit seiner Schwester laufen. Es klingelt sieben Mal, bis er endlich ein Knistern in der Leitung vernimmt. Ungeduldig wartet er ab, bis er, überlagert von einem Rauschen, das Rufzeichen von Marias Telefon hört. Nach dem zweiten Klingeln nimmt sie ab.
„So spät, Diego? Ich hoffe, gute Nachrichten!“
„Definitiv. Es war sehr überzeugend.“
„Gut! Kannst du mir was schicken?“
„Zu riskant. Ich bring’s dir persönlich vorbei.“
„Was, du willst mich mit einem Besuch beehren?“
Deutlich hört er ihren spöttischen Unterton, ignoriert ihn aber. „Ich buche einen Flug und bin morgen Nachmittag vor Ort.“
„In Ordnung. Ich lasse dich abholen. Bis dann.“
„Bis morgen“, sagt er, aber seine Schwester hat bereits aufgelegt, und er hört nur noch das Frequenzrauschen zwischen den beiden in Tijuana gekoppelten Handys. Marias Idee. Nie direkt über zwei Telefone kommunizieren, um sie nicht lokalisieren und miteinander in Verbindung bringen zu können. So ruft er stets den Kontakt in der Grenzstadt an, der seinerseits Marias Nummer wählt und dann beide Geräte verbindet. Erst dann können sie sich unterhalten. Ein lausiger Klang, aber dafür eine sehr sichere Art, in Kontakt zu treten.
Er startet den Motor, legt eine El-Komander-CD ein und fährt in Richtung San Diego. Das Zusammenspiel der aufputschenden Musik und die Aussicht auf Sex mit Claire treiben ihn voran. So braust er über den Highway und fragt sich, wann El Komander oder eine andere Band die erste Narco-Ballade über seine Familie verfassen werden. Wenn es nach ihm ginge, könnten sie schon mal mit dem Reimen beginnen.
Eine Viertelstunde später biegt er auf den Parkplatz neben Claires Appartementblock. Pablos spöttische Reaktion ist vergessen, wie auch seine Mexikoreise am nächsten Tag. Beschwingt sprintet Diego die Stufen zu Claires Etage hinauf, fährt sich vor der Tür noch einmal durch die blonden Haare und klingelt. Nach wenigen Momenten hört er, wie das Schloss geöffnet wird und Claire durch den mit einer Kette gesicherten Türspalt zu ihm hindurchlinst. Sie lächelt erleichtert und öffnet die Tür. Er umarmt sie, drückt ihren Kopf an seine Schulter, atmet dabei gierig den Duft ihrer Haare ein. Eng umschlungen stolpern sie in den Flur. Diego versetzt der Tür einen Tritt, sodass sie scheppernd ins Schloss fällt. Dann schiebt er Claire eine halbe Armlänge von sich weg und mustert ihr Gesicht. Sie sieht müde aus, aber nicht verheult. Was schon mal ein Fortschritt ist. Statt ihrer Uniform trägt sie ein ausgewaschenes USC-Sweatshirt und eine lange Jogginghose.
Sie nimmt ihn bei der Hand und zieht ihn in Richtung Schlafzimmer. Eine erregte Vorfreude ergreift von ihm Besitz. Diese erlischt jedoch, als Claire sich in ihren Klamotten ins Bett legt. Mit ihrer Hand tippt sie einladend auf das freie Laken neben sich, dann dreht sie sich auf die Seite. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als sich in Löffelchenstellung an ihren Rücken zu legen und zu versuchen, seine Erektion vor ihr zu verbergen. Sie nimmt seinen Arm, zieht ihn näher an sich heran und kuschelt sich eng an ihn.
Es soll bis in die frühen Morgenstunden dauern, bis Claire sich aus ihrer eng umschlungenen Umarmung für ihn öffnet und er mit einem erregten Schnaufen in sie eindringen kann.
Danach duscht er, gibt der noch schlafenden Claire einen Kuss und fährt erneut zum Flughafen.
Exkurs - Die
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