Borderline ein Narco-Thriller
Grundbesitzern und den Kartellen in den Weg stellte. Seine Truppe mordete im gesamten Grenzgebiet zu Ecuador. Er selbst hielt sich dabei auf unterschiedlichen Anwesen seiner Auftraggeber auf, stets umgeben von einem Tross seiner Söldner.
Mit den Rebellen, zu deren Bekämpfung er ursprünglich gerufen worden war, arrangierte er sich schnell. Denn beide Parteien verfolgten beim Thema Drogen gemeinsame Ziele, die sie zusammen erfolgreicher erreichen konnten, als wenn sie sich gegenseitig bekriegten. So kam es, dass Diego fünfzehn Jahre später dasselbe Geschäft betrieb, das seinen Onkel reich gemacht hatte. Natürlich kannte er die Risiken aus eigener Erfahrung. Trotzdem sah er keine Veranlassung, etwas an dem bestehenden und durchaus lukrativen System zu ändern.
Jedenfalls dachte er so, bis ihn eines schwülen Märztages im Jahr 2012 der Anruf seiner längst vergessenen Schwester aus Mexiko erreichte.
20. Kapitel
Unbeeindruckt von der vorübergleitenden Steppenlandschaft, sitzt Diego mit geschlossenen Augen auf dem Rücksitz des Geländewagens und genießt den kalten Luftzug der auf Niedrigsttemperatur eingestellten Klimaanlage. Seine Gedanken schweifen ab zu seinem Besuch, als er vor vier Monaten zum ersten Mal zu Marias Anwesen gefahren worden war.
Seit ihrem ersten Anruf waren keine drei Wochen vergangen. Die Zeit hatte er genutzt, um Nachforschungen über Maria, seine Eltern und die abenteuerliche Geschichte der Locandos anzustellen. Keine leichte Aufgabe, dies vom abgelegenen Dschungel Kolumbiens aus zu recherchieren, und was er herausfand, klang wenig verlockend. Zu chancenlos im Kampf gegen ihre Gegner erschien ihm die Familie, zu eingekeilt zwischen ihren mörderischen Konkurrenten. Je mehr er aber darüber nachdachte, desto größeren Gefallen fand er an der Idee, die
familia
zu alter Größe zu führen. Außerdem war er, der in seinem bisherigen Leben so häufig Entwurzelte neugierig darauf, seine tatsächliche Herkunft zu ergründen. Und so entschloss er sich schließlich, seine Schwester in der alten Heimat zu treffen. Diego erinnert sich auch heute noch genau daran, wie er dem Wiedersehen mit ihr entgegengefieberte. Mehr noch als die Blutsbande interessierte ihn jedoch Marias Kontakt zu einem Oberst der mexikanischen Armee, der unter Umständen bereit erschien, sie in ihrem Vorhaben zu unterstützen. Leider sprachen sie bei Diegos erstem Besuch weniger über das Geschäftliche. Dafür erzählte Maria ihm von ihrer beider Familie und dem, was sie über seine Entführung wusste.
Die, wie er bald feststellte, eigentlich gar keine gewesen war. Sein Vater hatte ihn den Kolumbianern schlicht und einfach als Pfand übergegeben, um den steten Strom des weißen Pulvers aus den Anden zu sichern. Durch diese Geste gelang es ihm, ihr Vertrauen und damit seine Machtbasis im Kokainhandel zu festigen. Gekränkt oder gar entsetzt war Diego nicht über dieses Verhalten. Wenn er es sich recht überlegte, verstand er seinen Vater gut, hätte selbst wahrscheinlich ebenso gehandelt.
In die ledernen Polster gelehnt, lauscht er geistesabwesend den schrillen Klängen eines Narco-Raps, als Joven ihn aus seinen Gedanken reißt: „Achtung, gleich wird’s etwas wackelig.“
Überrascht öffnet Diego die Augen und schaut durch die schwarz getönten Scheiben hinaus, als Joven in gleichbleibendem Tempo auf einen unbefestigten Pfad einbiegt. Um sie herum die ewig gleich Ansammlung von grauem Gestein, knorrigen, gerade mal hüfthohen Sträuchern und vereinzelten Kakteen. Was für eine Wüste. Und das, seit Joven ihn vor über einer halben Stunde in Hermosillo vom Flughafen abgeholt und aus der staubig-sengenden Hitze in die arktische Kälte des Toyotas gerettet hat.
Diego richtet sich in seinem Sitz auf und betrachtet die sich bergan windende Piste.
„Ist nicht mehr weit,
patrón
.“ Durch die gelb gefärbten Gläser seiner Ray Ban blickt Joven prüfend zu dem sich an den Polstern des Beifahrersitzes festklammernden Diego. Der nickt fluchend, während sie um die nächste Kurve preschen.
Schließlich, nach Durchquerung eines schmalen Canyons und folgendem Aufstieg über unzählige haarsträubend enge Serpentinen, erreichen sie das Hochplateau, auf dem Marias Hazienda am Fuße eines Abhangs thront. Sie passieren zwei Kontrollpunkte, an denen mehrere Männer in ihren offenen Jeeps dösen und den Toyota nach flüchtiger Überprüfung passieren lassen. Offensichtlich Einheimische aus der Umgebung, die eine AK-47
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