Borderline ein Narco-Thriller
kann er liefern?“
Diego zieht ein Telefon aus der Tasche, schüttelt es, zwischen Daumen und Zeigefinger haltend, leicht hin und her. „Nachdem ich ihm das
Go
gegeben habe? Sofort.“
„Na, dann: Go.“
Sie dreht sich wieder zu dem Monitor und schaut auf das körnige graue Radarbild. Diego tritt einen Schritt zurück und tippt dann die Kurzwahltaste von Sandys Handynummer an.
„Die Männer da draußen…“
Maria unterbricht ihn. „Ich weiß. Nutzlos.“
Seit der unglücklichen Sache mit der Yacht, mit Antonio und Carlos, sind die Geschwister vorsichtig geworden. Haben zu keinem ihrer Männer mehr uneingeschränktes Vertrauen. Von daher all die Handlanger. Kein Problem, so einen für tausend Dollar zu einer kleinen Indiskretion oder einem gezielten Schuss auf seine Schwester zu verleiten. Etwas, dass Diego Sorgen bereitet. „Nächste Woche hast du ein neues Team da. Schluss mit den Bauerntölpeln vor der Tür.“
Sie schaut ihn wortlos an, streicht sich seufzend eine Haarsträhne aus dem Gesicht und pikst mit der Gabelspitze in ein Würfelchen Melone auf ihrem Teller. Sie sitzen in der luftigen Wohnhalle an einem überdimensionierten Esstisch aus glatt poliertem schwarzen Holz. Eine Bedienstete hat Platten voller Obst, Käse und Tacos, unzählige Schalen mit Guacamole und andere Soßen hereingetragen. Dazu Karaffen mit Wasser und Eistee. Diego verspürt keinen Hunger. Die Auswirkungen der Fahrt lähmen seinen Magen noch immer. Lustlos schiebt er zwei Orangenscheiben über den Teller.
„Wie lange bleibst du?“
„Montag fliege ich runter. Die zweite Ladung vorbereiten.“
„Und das aktuelle Paket?“
Ja, das aktuelle Paket - sechshundert Kilo Kokain. Rein und unverschnitten. Marktwert in Tucson oder Phoenix rund dreißig Millionen Dollar. Der Preis des Colonels. Mit einem leichten Schaudern erinnert er sich an die schwierige Passage der Ware aus dem Süden Kolumbiens an die Pazifikküste Guatemalas. Vorbei an all den Soldaten, Drogenkriegern und DEAs, vorbei vor allem an den Maras und all den anderen Handlangern ihrer mexikanischen Feinde.
„Lagert wie gehabt. Nach unserem Okay kann das Boot sie in zwei Tagen aufnehmen.“
„Und dann?“
Diego tippt mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf den Tisch. „Donnerstag hier, in der Nacht auf Samstag in Sells. Pablo und ich holen sie ab.“
„Pablo.“ Angewidert schiebt sich Maria einen weiteren Würfel der Melone in den Mund. „Immer noch der Mann deiner Wahl da oben?“
Da ist es wieder, das Misstrauen.
Mit heruntergezogenen Mundwinkeln wischt Diego ihre Frage beiseite. Wenn er Pablo nicht trauen kann, wem dann?
21. Kapitel
„Ihr könnt loslegen.“
Kühl gibt Avril die Bestätigung über eine abhörsichere Leitung an Patilla durch. Die Antwort des Lieutenants lässt nicht auf sich warten: „Verstanden. Aktion wird gestartet.“
„Kontakt von nun an nur noch über die neue Leitung. Erster Termin morgen, zweiundzwanzig Uhr Pacific Time.“
„Verstanden, Señor.“
„Viel Erfolg.“
Avril beendet das Gespräch und schaut durch die Scheiben auf die in der mittäglichen Hitze flimmernden Dächer der Kasernen. Dann setzt er sich an seinen Schreibtisch, öffnet die obere Schublade und zieht ein Handy samt neuer Prepaid-Karte heraus. Nachdem er die SIM-Karte eingelegt und das Handy angeschaltet hat, schickt er eine SMS an eine auswendig gelernte Nummer. Es ist ein achtstelliger Code, der, nachdem er von dem Empfänger in einer Strandhütte irgendwo bei Puerto Angel gelesen wurde, Teil zwei seiner Vereinbarung mit Diego Locando in Gang setzen wird: die Bereitstellung des U-Boots.
Zufrieden lehnt er sich in seinem Sessel zurück, streckt die Beine aus und verschränkt die Arme hinter dem Kopf. Fehlt nur noch das Seals-Team. Den Rest erledigen Patilla und Co.
* * *
Die SMS hatte Michael erst nach diversen piependen Wiederholungen wahrgenommen. Zu tief war sein Kopf bis dahin zwischen Rias gespreizten Schenkeln vergraben, zu laut war ihr auf- und abflauendes Gewimmer. Begleitet von einem widerwilligen Stöhnen zog sie ihn an den Haaren und sich von ihm weg. Überrascht blickte er über das struppige Dreieck, ihren Bauch und die sich nach links und rechts zur Seite neigenden Brüste hinweg in ihr vor Hitze und Erregung gerötetes Gesicht. Sie zeigte auf das neben dem breiten Doppelbett liegende Handy, das just in dem Moment erneut zu piepen begann. Michael richtete sich auf und griff mit einem unterdrückten Fluchen nach
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