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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Torday
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nach
unserer Hochzeit hatten wir unseren ersten richtigen Streit.
    Catherine hatte sich zum Mittagessen
mit einer Freundin verabredet, ich saß zu Hause und kam auf die Idee, einen Château
Talbot von 1989 mit einem von 1990 zu vergleichen. Ich machte beide Flaschen
auf und ließ sie eine Stunde lang atmen, bis sie Zimmertemperatur erreicht
hatten, dann goss ich mir von jedem etwas ein. Der 90er war meiner Meinung nach
geradezu dünn, während der 89er, wenngleich kein großer Wein, sehr viel mehr
Kraft und Abgang hatte. Es war ein faszinierender Kontrast, der Geschmack war der
gleiche, und doch völlig anders.
    Als Catherine nach Hause kam,
notierte ich in meinem Büchlein gerade ein paar Stichpunkte zu der
geschmacklichen Beurteilung. »Nett zu Mittag gegessen, Darling?«, fragte ich
sie.
    »Ja«, antwortete sie und beugte sich
zu mir hinunter, um mir einen Kuss zu geben. »Du stinkst furchtbar nach Wein,
Darling.« Sie sah die beiden leeren Flaschen, die ich in den Ausguss gestellt
hatte. »Hast du die beide ganz allein ausgetrunken? In der kurzen Zeit?«
    »Es geht ums Kosten, Darling. Nicht
ums Trinken«, erinnerte ich sie. Sie erwiderte nichts, sah mich an, dann die
beiden Flaschen, dann wieder mich. Sie biss sich kurz auf die Lippe, verließ
dann die Küche und ging nach oben.
    Ich sagte nichts. Ich wollte mir
keine Vorhaltungen machen lassen, nur weil ich Weintrinker war. Wein war die
große Leidenschaft meines Lebens. Jedes Mal, wenn ich eine Flasche öffnete,
erfuhr ich etwas Neues. Ich schrieb meine Beurteilung zu Ende, ging dann nach
nebenan ins Wohnzimmer und setzte mich an meinen Schreibtisch, in dem ich
meine Unterlagen aufbewahrte. Als Catherine wieder nach unten kann, tat ich
so, als wäre ich vertieft in den Geschäftsplan für mein neues
Software-Consulting-Unternehmen. Tatsächlich werkelte ich seit Monaten an
diesem Plan herum.
    »Wie läuft es denn so mit deiner
neuen Geschäftsidee?«, fragte Catherine und setzte sich neben mich.
    »Sie entwickelt sich«, sagte ich.
    »Gehst du nie raus und besprichst
dich deswegen mit anderen Leuten? Ich dachte immer, so bringt man die Geschäfte
ins Laufen, indem man sich mit Leuten trifft.«
    »So weit bin ich noch nicht«,
erklärte ich ihr. »Ich arbeite immer noch an einem Grundkonzept.«
    Catherine schwieg für einen Moment,
und ich unterstrich auf einer Seite ein paar Stellen. Dann sagte sie: »Es täte
dir ganz gut, wenn du wieder arbeiten würdest, irgendwie.«
    »Darum geht es ja«, sagte ich. »Aber
es hat keine Eile. Wenn man die meiste Zeit seines Lebens gearbeitet hat, tun
ein paar freie Monate mal ganz gut.«
    »Verlierst du nicht den Anschluss,
Darling? Ich meine, woher willst du wissen, was es Neues gibt und was die Leute
so brauchen, wenn du nie rausgehst? Die Leute werden dich einfach mit der Zeit
vergessen, oder nicht?«
    »Ich glaube, mein Ruf als einer der
besten Software-Entwickler in diesem Land wird sechs Monate schon noch
überdauern«, sagte ich. Allmählich regte mich ihr Gerede auf; es enthielt
nämlich eine Portion Wahrheit. Die Leute würden mich tatsächlich vergessen, die
meisten Leute haben mich ja schon vergessen, fünf Minuten nachdem sie mit mir
gesprochen haben. Andy vergessen sie nicht so schnell, an den können sie sich
erinnern, und an den Namen der Firma, obwohl sie jetzt nicht mehr Wilberforce
Software Solutions hieß, sondern Bayleaf UK, nach dem riesigen amerikanischen
Software-Unternehmen, das sie gekauft hat.
    »Trotzdem. Wird dir nicht
langweilig, wenn du den ganzen Tag zu Hause sitzt? Die meisten Männer in deinem
Alter machen irgendwas. Die ganze Zeit nur rumzusitzen und zu trinken, das
kann nicht gut sein.«
    Ich wandte mich Catherine zu und sah
sie an. »Wird dir langweilig mit mir? Willst du mir das damit sagen?«, fragte
ich sie.
    Sie sah mich entgeistert an und
sagte beschwichtigend: »Nein, Darling. Aber ich mag es nicht, wenn du so viel
trinkst. Du brauchst noch etwas anderes in deinem Leben.«
    Jetzt spürte ich wirklich Wut in mir
aufsteigen, wie ein Virus, der sich mit rasender Geschwindigkeit ausbreitete.
Woher kam diese Wut? Wenn Catherine noch einmal sagte, ich würde zu viel
trinken, würde ich sie schlagen. Stattdessen sprang ich vom Stuhl auf, und die
Seiten meines Geschäftsplans flogen durchs ganze Zimmer. Catherine starrte
mich an und legte vor Schreck die Hände auf den Mund.
    »Ich kann das nicht mehr hören! Ich
lasse mir von dir nichts vorschreiben! Wenn es dir noch nicht aufgefallen

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