Bordeuax
Catherine.
Ich stand auf. »Ich fahre jetzt zu
deiner Mutter und sage ihr meine Meinung.«
Catherine hielt die Autoschlüssel
hoch. »Die hast du im Zündschloss stecken lassen. Ich lasse dich auf keinen
Fall ans Steuer. Du bist betrunken, schon wieder. Wir fahren zurück nach
London. Ich halte es hier nicht aus, ich kriege hier Zustände! Es gibt keinen
Grund, noch hierzubleiben. Hol unser Gepäck aus der Wohnung und stell es ins
Auto. Ich fahre uns nach Hause. Ich will mich keine Minute länger im Umkreis
meiner Mutter aufhalten, wenn es eben geht.«
»Wir können noch nicht fahren«,
sagte ich.
»Wenn du nicht tust, was ich sage«,
antwortete Catherine betont langsam, »weißt du, was dann los ist? Sosehr mich
die Intrige meiner Mutter auch angewidert hat, könnte ich mich doch noch dazu
durchringen, stattdessen nach Coalheugh zurückzufahren und ihrem Rat zu
folgen. Das Leben mit dir ist kein Zuckerschlecken, Wilberforce. Ich tue mein
Möglichstes, damit wir zusammenblei ben, das habe ich schließlich bei unserer Hochzeit versprochen. Manchmal
fällt es mir schwer, das nicht zu vergessen.«
Danach gab es nichts mehr zu sagen.
Ich spürte noch immer meinen Puls schlagen. Und ich spürte Wut in mir
aufsteigen. Ich wollte die Gruft nicht so überstürzt verlassen. Ich hatte das
Gefühl, alle würden sich gegen mich wenden, mich verraten, selbst Eck, selbst
Catherine.
Trotzdem, Catherines Auftreten
machte mir deutlich, dass es besser wäre, zu tun, was sie verlangte. Ich
stellte unser Gepäck zurück in den Kofferraum des Range Rover und schaltete
die Alarmanlage für die Gruft und für die Wohnung ein. Dann stiegen wir ins
Auto, Catherine ließ den Motor an, und wir fuhren aus dem Innenhof hinaus auf
die Landstraße.
Wir waren schon auf der kleinen
gewundenen Straße, die den Berghang entlang hinunter ins Tal führt, als es mir
wieder einfiel. »Halt«, sagte ich zu Catherine. »Wir müssen umkehren. Ich habe
etwas vergessen.«
Sie drosselte kurz die
Geschwindigkeit, hielt aber nicht an. »Was hast du vergessen?«
»Ich muss noch mal zurück, um ein
paar Kisten Wein auszusuchen, die ich mit nach Hause nehmen will. Deswegen bin
ich doch überhaupt hergekommen.«
Catherine blieb nicht stehen.
Stattdessen gab sie wieder Gas. »Kommt nicht in Frage, dass ich da noch mal
hinfahre, Wilberforce. Und du fährst da auch nicht mehr hin, damit das klar
ist. Es macht dich kaputt, siehst du das nicht? Und mich macht es auch kaputt.«
»Du hast es mir versprochen!«, rief
ich. Der Puls an meinem Hals schlug wie ein Hammer. So machten es letztlich
alle; alle, die mich eigentlich lieben sollten, verrieten mich. Jetzt würde
sogar Catherine ihr Versprechen brechen und mich daran hindern, meinen Wein
nach London zu bringen. Ich streckte die Hand nach dem Steuerrad aus und
versuchte, Catherine zum Umkehren zu zwingen.
»Lass das!«, sagte sie und stieß
mich zur Seite. »Du bist betrunken, Wilberforce. Du benimmst dich wie ein
Verrückter.«
»Ich bin nicht betrunken«, schrie
ich. »Ich probiere nur gerne Wein.« Wieder streckte ich die Hand aus und griff
ins Steuerrad, um es herumzureißen. Der Range Rover schlitterte quer über die
Straße, über den grasbewachsenen Seitenstreifen und flog über eine kleine
Böschung. Ich nahm noch wahr, dass Zweige von Bäumen an der Karosserie
kratzten. Das Geräusch von zersplitterndem Glas, ein Schrei, der plötzlich verstummte.
Dann stieß ich mir den Kopf, und alles wurde schwarz.
Als ich aufwachte, dröhnte es in
meinem Kopf. Ich lag auf einer Bahre, auf dem Rasen am Straßenrand.
Ununterbrochen flackerte das Blaulicht von zwei Polizeiautos, und ich hörte das
Gekrächze des Polizeifunks. Ich schloss die Augen, weil das blaue Licht
schmerzte, und stöhnte.
»Der hier kommt gerade zu sich«,
sagte jemand, und eine andere Stimme fragte mich: »Können Sie mich hören,
Sir?«
»Ja«, sagte ich. Das Sprechen tat
weh. Meine Rippen waren gequetscht, und ich hatte Kopfschmerzen. Mein Gesicht
war nass von dem feinen Nieselregen, der niederging. Ich schlug die Augen auf
und sah, im Licht von Scheinwerfern, dass sich ein Polizist über mich beugte.
»Sie bringen die Frau ins
Krankenhaus«, sagte er.
»Catherine? Ist ihr was passiert?«
Ich versuchte mich aufzurichten,
aber von hinten hielt mich ein starker Arm zurück, und die erste Stimme sagte:
»Ganz ruhig, Sir. Bewegen Sie sich nicht, bis wir Sie richtig untersucht haben.
Der Krankenwagen ist unterwegs.«
Über uns das
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