Bordsteinkönig: Meine wilde Jugend auf St. Pauli (German Edition)
Teppich gingen wir an den Sicherheitsmuskelmännern vorbei in den ersten Stock. Überall verteilt stand die Schickeria mit vollen Sektgläsern und poliertem Lächeln. Viele kannte ich aus der Zeitung. Selbst Klaus von Dohnanyi gab sich die Ehre! Da war ich wohl mitten in der Hamburger High Society gelandet. Mir war etwas unwohl. Auf dem Kiez mochten meine Klamotten Eindruck schinden, hier musste ich wie verkleidet wirken.
Fritz hatte weniger Hemmungen. Er kannte sich aus mit dieser Schicht. Er hatte sich gleich ein Glas Champagner geschnappt und prostete mir offensiv zu. Ein großes Buffet war aufgebaut, mit Sachen, die ich sonst nur aus den französischen Filmen kannte: Hummer, Kanapees, Sorbets und so weiter. Ich dachte an Manni und seine nach Bratfett stinkende Bude. Hier gefiel es mir wesentlich besser. Überall an den Wänden hingen Bilder. Abstraktes, mit geometrischen Figuren. Dazu einige Skulpturen aus Schrott und Plastik. Jetzt verstand ich. Das war eine Vernissage. Ich war auf der ersten Ausstellungseröffnung meines Lebens gelandet. Grauhaarige Männer in schwarzen Anzügen unterhielten sich bei Cognac und zeigten auf das ein oder andere Werk. Ich stellte mich selbstbewusst neben sie. Einer von ihnen musterte mich von oben bis unten. Dann fragte er: »Na, was sagen Sie dazu?« Er zeigte auf eine Skulptur. Ich schaute das Ding an und antwortete: »Für mich sieht das recht wackelig aus. Ich würde mich da nicht draufsetzen wollen.« Da es sich bei dem Ding aber nicht um einen Stuhl handelte, sahen die Grauhaarigen mich erst verdutzt an, mussten dann aber doch lachen. Offensichtlich kam ich mit meinem Humor an.
Ich unterhielt mich mit einem der grauhaarigen Herren. Wie sich herausstellte, war er Professor an der Universität der Künste. Also erzählte ich ihm, dass ich auch gern Kunst studieren würde (was natürlich gelogen war). Er schien mir zu glauben und fing an über irgendwelche Künstler zu schwadronieren, die ihn in seiner Jugend inspiriert hätten – ich kannte keinen einzigen auch nur dem Namen nach. Als der Professor anfing mich zu langweilen, begab ich mich auf die Suche nach meiner schönen Begleitung. Kunst wird überbewertet. Vor allem, wenn schöne Frauen zugegen sind.
Die Blonde stand einsam am Buffet und schob sich mit traurigem Blick ein Lachskanapee in den Mund. Ich ging zu ihr rüber. »Lass uns anstoßen!« – »Gern!« Dabei lächelte sie so verführerisch, dass ich sie am liebsten auf der Stelle genommen hätte. Plötzlich hatte ich große Lust, ein Glas Champagner zu probieren – eigentlich trank ich keinen Alkohol. Aber in diesem Moment war die Lust groß, dieses Zeug zu probieren. Er prickelte angenehm, aber er schmeckte mir nicht besonders. Ich verzog das Gesicht. Die Blonde lächelte. Sie amüsierte sich darüber, dass ich mir gar nicht erst die Mühe gab, so zu tun, als würde mir das Zeug gefallen – so wie es in ihren Kreisen üblich war. Nach dem zweiten Champagner verlor ich langsam alle Hemmungen. Ich lachte laut, machte Witze und versuchte ihr körperlich näher zu kommen. Doch sie war keines dieser Mädchen aus St. Pauli und wies mich sanft zurück – was mich erst recht anspornte. »Wollen wir gehen?« Mein Herz klopfte. Sie lächelte, dann sagte sie: »Okay.« Ich grinste wie ein Honigkuchenpferd. Sie ging voran in ihren hohen Schuhen.
Auf dem Weg nach draußen flüsterte sie mir zu: »Lass uns in ein Hotel gehen.«
»Gut«, sagte ich, obwohl ich kein Geld dafür hatte. Aber was hätte ich sagen sollen? »Du, tut mir leid. Ist mir zu teuer!«? Wir nahmen ein Taxi zu einem Hotel an der Alster, sie bezahlte. Wir checkten ein und gingen aufs Zimmer.
Ich war aufgeregt. Neben ihr fühlte ich mich jung und unreif. Sie war eine richtige Dame, ich ein geiler Junge vom Kiez.
Wir küssten uns. Ihre Lippen waren weich, ihre kräftige Zunge schob sich in meinen Mund. Ich packte sie an der Taille – wie ein Mann. Dann umarmte ich sie fest und innig, so wie Dustin Hoffmann Meryl Streep in der Abschiedsszene von »Kramer gegen Kramer«. Ich wagte es nicht, ihre Brust zu berühren. Noch nicht. Wir küssten uns heftig. Aber so richtig wusste ich nicht, wie es weitergehen sollte. Ein unglaubliches Kopfkino bremste meine Geilheit. Wir knutschten weiter. Ich zog ihr den Pullover aus. Was für Brüste! Groß und fest. Sie griff nach meinem Schwanz, ich erschrak. Vor Aufregung bekam ich wieder keinen hoch. Mir stand der Schweiß auf der Stirn. Ich packte sie an den
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