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Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Titel: Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher McDougall
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zurück und hole sie«, bot Luis an.
    »Nein«, sagte Caballo. »Vielleicht sind sie noch im Bett. Wir müssen los, wenn wir der Nachmittagshitze entgehen wollen.«
    Vielleicht war es das Beste so. Sie konnten den Tag nutzen, um den Flüssigkeitshaushalt wieder in Ordnung zu bringen und für die morgige Bergwanderung Kraft zu sammeln. »Wann immer sie auftauchen, sie sollen nicht versuchen, uns zu folgen«, sagte Caballo zu Luis’ Vater, der nicht mit uns kam. »Wenn sie sich da draußen verirren, sehen wir sie nie wieder. Das ist kein Scherz.«
    Eric und ich sahen zu, dass unsere Trinkrucksäcke gut saßen, und ich bedeckte meinen Kopf mit einem Tuch. Es war bereits kochend heiß. Caballo schlüpfte durch eine Lücke in der Hochwassermauer und suchte sich seinen Weg über die Felsblöcke am Flussufer. Barfuß-Ted war bestrebt, ihm zu folgen, und führte uns vor, wie geschickt er mit seinen bloßen Füßen von Fels zu Fels hüpfen konnte. Sollte Caballo beeindruckt gewesen sein, zeigte er es jedenfalls nicht.
    »HALLO LEUTE! WARTET!« Jenn und Billy sprinteten hinter uns her. Billy hielt sein Hemd in der Hand, und Jenns Schnürsenkel waren offen.
    »Wollt ihr wirklich mitkommen?«, fragte Scott, als sie angekeucht kamen. »Ihr habt gar nichts gegessen.«
    Jenn zerbrach einen PowerBar in zwei Hälften und gab eine davon Billy. Beide hatten eine schmale Wasserflasche dabei, die wohl nicht mehr als sechs Schlucke fasste. »Wir sind bereit«, sagte Billy.
    Wir folgten dem steinigen Flussufer gut anderthalb Kilometer weit, dann bogen wir in einen trockenen, tief eingeschnittenen Wasserlauf ab. Wortlos fielen wir alle in einen Trab. Der Wasserlauf war breit und sandig und ließ genug Platz für Scott und Barfuß-Ted, die Caballo jetzt in die Mitte nahmen und auf gleicher Höhe mit ihm liefen.
    »Achte auf ihre Füße«, sagte Eric. Scott lief mit den Trailschuhen, an deren Entwicklung er selbst mitgearbeitet hatte, Caballo trug Sandalen, und beide ließen ihre Füße auf genau die gleiche Art über den Boden gleiten wie der barfüßige Ted, die Füße perfekt synchron aufgesetzt wie bei einer Gruppe Lipizzanerhengste, die an der Bande entlangtrabt.
    Nach weiteren anderthalb Kilometern bog Caballo in eine steile, felsige Erosionsrinne ab, die uns zügig bergauf führte. Eric und ich gingen jetzt, wir folgten dabei einem Grundsatz der Ultralangstreckenläufer: »Wenn du den Gipfel nicht siehst, dann geh.« Es lohnt sich nicht, bei einem 80-Kilometer-Lauf die Berge hochzupreschen und bergab dann in die Knie zu gehen. Beim Gehen verliert man nur wenige Sekunden, und die kann man beim zügigen Bergablaufen wieder gutmachen. Eric glaubt, dass es einen Grund dafür gibt, warum Ultralangstreckler sich nicht verletzen und niemals auszubrennen scheinen: »Sie wissen, wie man trainiert, ohne sich zu überanstrengen.«
    Beim Gehen zogen wir mit Barfuß-Ted gleich. Er musste das Tempo reduzieren, wenn er auf den zackigen, faustgroßen Steinen seinen Weg finden wollte. Ich schaute mir den vor uns liegenden Weg an: Wir hatten noch gut 800 Meter bröckeliges Felsgelände vor uns, bevor der Pfad wieder flacher und – hoffentlich – sanfter wurde.
    »Ted, wo sind deine FiveFingers?«, fragte ich.
    »Ich brauche sie nicht«, antwortete er. »Ich habe mit Caballo abgemacht, dass er sich nicht mehr aufregen würde, wenn ich bei dieser Tour barfuß zurechtkomme.«
    »Er hat geschummelt«, sagte ich. »Das hier ist so, als würde man eine Kiesgrube rauflaufen.«
    »Die Menschen haben keine rauen Oberflächen erfunden, Oso«, meinte Ted. »Wir haben die sanften Oberflächen kreiert. Unser Fuß ist absolut zufrieden, wenn er sich um Felsen schließen kann. Man muss sich dabei nur entspannen und dem Fuß den nötigen Spielraum lassen. Das ist wie eine Fußmassage. Oh, hey!«, rief er uns nach, als Eric und ich an ihm vorbezogen. »Ich habe einen tollen Tipp für euch. Wenn euch mal wieder die Füße wehtun, dann geht in einem kalten Fluss auf rutschigen Steinen. Ein unglaubliches Gefühl!«
    Eric und ich ließen Ted hinter uns, der beim Bergaufhüpfen und -traben vor sich hin sang.
    Der von den Steinen reflektierte Sonnenschein blendete uns, es wurde immer noch heißer, und wir hatten auf diesem steilen Anstieg das Gefühl, als kletterten wir geradewegs zur Sonne hinauf. In gewisser Weise traf das auch zu. Nach gut drei Kilometern sah ich auf den Höhenmesser meiner Armbanduhr und stellte fest, dass wir mehr als 300 Höhenmeter gutgemacht

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